Ludwigshafen. Sie sind eröffnet, die Festspiele Ludwigshafen im Theater im Pfalzbau. Intendant Tilman Gersch begrüßt zum Auftakt des Tanzprogramms mit Sergio Bernals Dance Company das Publikum und die Ehrengäste. Sie alle sind zahlreich gekommen und scheinen den Saal und die Ränge bis auf den letzten Platz zu füllen. Denn der Schwerpunkt auf Tanz von hochkarätigen Kompanien aus aller Welt ist der Geschichte der Festspiele und des Theaters eingeschrieben.
Davon zeugt auch wieder das vielseitige aktuelle Programm, das sich aus Werken international schaffender Choreografinnen und Choreografen zusammensetzt. Ihre Kunst reflektiert die Geschichte des Tanzes ebenso wie seine zeitgenössische Ausdruckskraft. Mit Themen, die sich aus der Bandbreite des Lebens und Geschehens auf der Erde speisen. Eine Tanzform wie der Flamenco, dessen Herkunft wie ein Schmelztiegel aus Einflüssen verschiedener ethnischer Gruppen komponiert ist aus Musik, Gesang und Tanz, vereint viel Sinn für Romantik aus dem Herzschmerz von Liebenden.
Er spiegelt aber auch die Verzweiflung von Trauernden oder den einsamen Rückzug des Einzelnen. Gleichzeitig feiert er aber auch das Leben und sprüht voller Energie in seinen Klängen, den Rhythmen und den Körpern. Ist das nicht ideal für den Start in eine Festival-Zeit voller Bewegung?
Der Programmtitel „SER“ bedeutet Sein
Sergio Bernal ist der Tänzer, der im Mittelpunkt des Abends steht. Mit seiner eigenen Kompanie und zusammen mit seinem künstlerischen Partner Ricardo Cue hat der Spanier eine Tanz-Show kreiert. Sie trägt den Titel „SER“, das übersetzt „Sein“ bedeutet, und ist aus verschiedenen Einzelstücken zusammengesetzt. Zu Beginn gibt die schwarz gehaltene Bühne den Blick frei auf die elegante Gestalt von Sergio Bernal in dunkler Hose und gold glitzerndem Hemd sowie einem Sombrero Cordobes auf seinem Kopf, dem typischen Flamenco-Hut.
Zur Sergio Bernal Dance Company
- 1990 in Madrid geboren , erhält der zwölfjährige Sergio Bernal 2002 am heimatlichen Real Conservatorio de Danza de Madrid seine tänzerische Ausbildung. In der Kompanie von Rafael Aguilar beginnt seine Karriere, die er bald international ausbaut.
- Von 2009 an tourt er in der Show „Flamenco Hoy“ unter der Leitung des preisgekrönten spanischen Filmemachers Carlos Saura. Zurück in Madrid wird er Solist und Primaballerino des spanischen Nationalballetts Ballet Nacional de España .
- Zusammen mit dem Choreografen Ricardo Cue gründet der Tanzvirtuose Sergio Bernal seine eigene Kompanie, mit der er seit 2019 erfolgreich die Welt bereist .
Hinter dem Tänzer stehen vier Musiker aufgereiht mit ihren verschiedenen Schlagzeugen aus kleinen und großen Trommeln und Tellern. Während ihr fast karnevalesk brasilianisch anmutender Schlagabtausch den Raum rhythmisch besprüht, tanzt Bernal dazu in den zackigen Schrittkombinationen des Flamenco, dabei immer wieder die Hände zum Hut führend, wie es typisch für diesen Tanz ist als Geste des kurzen Innehaltens.
Sie wird gefolgt von Giros, den Drehungen und Wendungen des Körpers und bald lyrisch fließenden, bald kraftvoll kantigen Armbewegungen, sogenannten Braceo. Auf einen Schlag endet die Ouvertüre und im Lichtkegel ist der Tänzer eingefroren in einer dramatischen Geste. Damit ist man also drin, im Flamenco-Feeling.
Die Blechbläser von Mundo Sonoro spielen Songs von Beyoncé
Jetzt füllt sich die Bühne mit den Blechbläsern der Band Mundo Sonoro, die Musik von Beyoncé spielt. Bernal tanzt in „Ser“, dem titelgebenden Stück, mit Cristina Cazorla und Carlos Romero ein Trio. Perfekt aufeinander abgestimmt zeigen sie eine spritzige Tanznummer im Flamenco-Stil, gepaart mit klassischen Ballettelementen und einem glitzernden Hauch von Musical.
Bernal ist 1990 in Madrid auf die Welt gekommen und hat am dortigen königlichen Konservatorium eine Tanzausbildung erhalten. Klassisches Ballett zählt ebenso wie der Flamenco zu seiner Profession. In seiner Tanzshow „Ser“ spielt er mit der Mischung der zwei Tanzsprachen oder stellt sie pur nebeneinander. Seine Stärke, das zeigt der Abend auch, liegt aber nicht auf seiner Gestaltung rein klassischer Ballettstücke.
In „Spring“ tanzt er zusammen mit Elisabetta Formento ein Duo auf Vivaldi-Musik von Max Richter. Es erinnert in seiner post-klassischen Anmutung an die Werke des berühmten Choreografen Balanchine, bleibt im Zitat auf ihn aber seltsam farblos und hölzern. Vielmehr zeigt Bernal im Flamenco und seiner Vermischung mit dem Klassischen seine besondere Kunst. Hier zieht er alle Register und paart sein hohes technisches Know-how mit der Leidenschaft und dem Stolz, der den Flamenco auszeichnet und der lyrischen Seite des Balletts.
Seine tänzerischen Partner sind dabei ebenso versiert, wie Carlos Romero in seinem Stück „Summer“ zeigt: Flamenco, gepaart mit expressivem Ausdruckstanz, der eine individuelle Sogwirkung erzeugt. Oder Cristina Cazorla, die in „Greek“, choreografiert von Bernal und mit dem eindrücklichen Gesang von Paz de Manuel sowie dem wunderbaren Spiel der Musiker von Mundo Sonoro mit ihrer Körpersprache antike Traditionen heraufzubeschwören weiß. Es ist die Mischung aus Livemusik und -Gesang, aus Tradition und Moderne, aus Stilmix und Stilbruch und vielleicht auch aus Kitsch und Ernsthaftigkeit, die „Ser“ zu einer runden und vom Publikum bejubelten Show machen.
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