Mannheim. Offensiv, frech, aber liebenswert: Tahnee Schaffarczyk hat viele Talente. Sie beherrscht den schmalen Grat des derb-intelligenten Humors, sorgt mit punktgenauen Parodien dafür, dass das Publikum Tränen lacht. Außerdem sing sie hervorragend. Mit ihrer facettenreichen Show „Blütezeit“ ist die 32-Jährige am Montag im Mannheimer Capitol aufgetreten.
Vor fast einem Jahr hat sie mit ihrer Frau und Sängerin Juliette Schoppmann hier den gemeinsamen Podcast live aufgenommen. Dieses Mal rockt sie die Bühne allein. „Ich traue mich das nicht zu sagen, Leute, aber ich bin glücklich“, sagt sie. „Ich habe immer das Gefühl, wenn ich so was preisgebe, müsste das dicht gefolgt werden von: ‚Und das tut mir leid‘.“ Sie habe das Gefühl, Glück sei in Deutschland so etwas wie Sexualität: „Ist schon okay, dass du das hast, aber bitte in deinen eigenen vier Wänden.“
Tahnee in Mannheim: Von Altersunterschieden und Landlesben
Doch auch ein glücklicher Mensch habe nicht immer gute Laune. Sie erklärt, dass es für jede Situation im Leben die richtige Laune gebe. Bei einer Beerdigung etwa sei gute Stimmung deplatziert. Es sei denn im Falle von jungen Frauen, die steinalte, gut betuchte Männer, heiraten. Überhaupt sei ein großer Altersunterschied in Hollywood kein großes Thema. Al Pacino sei mit 81 Jahren noch mal Vater geworden, mit einer Frau, die 54 Jahre jünger sei als er. „Da denkst du auch, irgendwann ist das Ende der Samenstange erreicht.“ Das solle den rund 700 Menschen im Saal Mut machen. „Also, falls ihr die Liebe eures Lebens noch nicht gefunden habt, es kann sehr gut sein, dass die Person noch gar nicht geboren ist.“
Sie amüsiert sich darüber, dass die Ortsnamen der Umgebung häufig auf „-heim“ enden. Vor allem das pfälzische Bobenheim-Roxheim hat es der quirligen Komikerin angetan. Sie überlegt, ob sie mit ihrer Gattin irgendwann dorthin zieht, sich Hühner anschafft und sie sich als „Die Landlesben“ bezeichnen. „Das klingt wie eine Soap auf RTL.“ Die Künstlerin nimmt Homophobie gern auf die Schippe. Das beginne dabei, wenn man sich als Frau die Haare kurz schneiden wolle. Bei einer Hetero-Frau sei es kein Problem. „Bist du lesbisch, lässt dir die Haare schneiden, dann bist du für die Leute noch lesbischer“, witzelt sie. Das sei wie eine Evolutionsstufe bei Pokémon. „Und die Lesbo-Endstufe hast du erreicht, wenn du dazu eine Latzhose trägst und im Baumarkt ein paar Dachlatten kaufst.“
Eine humorvolle Reise durch Parodien und Persönliches
AfD-Politikerin Alice Weidel parodiert sie ebenso treffend wie Angela Merkel auf dem Rave im legendären Berghain. Ihr beste Persiflage liefert sie jedoch von Realitystar Claudia Obert sowie deren Vorliebe für edle Tropfen und jüngere Männer. Für Lacher sorgt auch ihr Auftritt als fiktive Autorin Marianne R. Weingart, die Begründerin des Genres Irland-Fahrradroman.
Während ihrer Show bezieht sie immer wieder Zuschauer mit ein. Als Schlagersängerin demonstriert sie, wie man gekonnt eine Beziehung beendet. Sich selbst verschont sie nicht: Sie erklärt, dass sie schlecht im Socializing ist, Butter liebt und warum sie keinen eigenen Nachwuchs plant. „Ich finde Kinder großartig“, sagt sie. Aber sie fühle sich selbst noch wie eines. „Das Verantwortungsvollste, das ich machen kann, ist, keine zu kriegen. Ich eskaliere jeden Tag zu Hause und traumatisiere dabei niemanden.“
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