Mannheim. Was ein Hit - und hier im Fall von Pe Werner auch ein halbes Sangesleben - anrichten kann, das erlebten die Zuhörer im „Capitol“ im zweiten Teil des Konzertes. Ein Mann aus dem Publikum machte seiner Freundin auf der Bühne sichtlich nervös in seiner Ansprache, aber felsenfest in der Absicht, einen Heiratsantrag. Der Bräutigam hatte mit Pe Werner vor einigen Jahren zusammen gearbeitet, ist seither Fan und schrieb ihr seinen Plan in einer Mail. Sie fand die Idee toll und gratulierte nach dem Ja Wort mit dem Hit, mit dem für die in Heidelberg geborene und jetzt in Köln lebende Sängerin alles begann: „Kribbeln im Bauch“.
Auch eine Erkenntnis aus dem wirklich starken Konzert: Man hört immer das, was man hören will. Denn dieser über 35 Jahre alte Song handelt ja eher von dem Erkalten einer Leidenschaft. Und jetzt, im Jahre 2025, da stellt sie die Frage, „ob die Liebe nur bis zum Frühstück, oder gar bis zum Treppenlift bleibt“. Udo Jürgens hätte so etwas nie gefragt. Bis zum Morgenkaffee, das wäre bei ihm die maximale Zeitspanne gewesen.
Viele Lieder zur Adoption freigegegen - etwa für Mary Roos oder Katja Ebstein
Man wundert sich, warum Pe Werner nicht auch für ihn Texte geschrieben hat, denn sie hat viele ihrer Lieder zur „Adoption freigegeben“. Die sind auf ihrem aktuellen Album „Vitamin Pe“ zu finden. Werner schrieb unter andrem auch für Katja Ebstein oder Mary Roos, deren Autobiografie sie gleich mit verfasst hat. Schon zur Pause ist man ein wenig erschlagen angesichts der zahllosen Wortschöpfungen dieser Sängerin, deren Stimme einzigartig ist. Sie singt leicht, ist in allen Tonlagen sehr klar und verfügt über ein gerade in den Balladen bestechendes Timbre. Ihre Sprache ist kabarettgeschult, in den besten Momenten durchaus literarisch.
Der Mannheimer Peter Grabinger umrahmt den Abend am Piano
Für Barbara Schöneberger schrieb sie in dem Song „Prima Essen gehen“ über die Liebe zum Essen: „Ich bin zwar quirlig, aber kein Schaumschläger.“ In fast jeder Zeile steckt ein originelles Bonmot. Der ganze Abend ist hervorragend umrahmt von dem aus Mannheim stammenden Pianisten und ehemaligen Radiomann Peter Grabinger. Ein eingespieltes Team, ab und an unterstützt von Pit Lenz an der Blues Harp, sei es im starken Satzgesang, jazzigem Groove, Latin-Elementen oder den chansonhaften Balladen, die ihre ganz große Stärke sind.
Es sind vornehmlich Beziehungslieder: die Liebe, der Mond (über ihn hat sie 2009 ein ganzes Konzeptalbum veröffentlicht) sowie das Herz, das Kommen und Abschiednehmen: „Die Uhr zeigt Galgenfrist“. Dabei besitzt sie auch ein enormes Talent für großartige Melodien. Sie flirtet mit dem Kitsch, erliegt ihm aber nicht. Die Sängerin kokettiert uneitel mit dem bis dato Erreichten, plaudert über Mary Roos, die so gerne Spiegeleier brät, und über Annett Louisans kompliziertes Management.
Auch für sie hat Werner geschrieben, so dass man sich doch fragt, warum es mit dieser Stimme, dem reichhaltigen Oeuvre, dem Covern von Bert Kaempfert Liedern bis hin zur Bigband-Arbeit, warum es bei ihr, trotz allem Erfolg nie für die ganz große Bühne reichte. In den Anfangsjahren wollte man Pe Werner als weiblichen Grönemeyer an den Mann bringen. Schon damals Ausdruck einer gewissen Hilflosigkeit im Umgang mit der Künstlerin. „Weibsbilder sind subtil“, so laut gleichnamigem Song. Das könnte ein Grund sein.
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