Mannheim. Zum Spielzeitauftakt groovt das Schatzkistl enorm: Das Söhne Mannheims Jazz Department (SMJD) ist am Start. Und sie meinen es beim ersten von vier Auftritten in dieser Besetzung hörbar ernst mit dem Titel ihrer Abteilung: Jazz. Musikhochschulabsolvent und Gastmusiker Joe Reinhuber gebührt der erste Ton am Saxofon, schnell steigt Söhne-Drummer Ralf Gustke ein. Wie bei der großen Band bildet er mit Bassist Edward MacLean eine mal filigrane, mal kolossale Rhythmussektion. Und mit Gitarrist Kosho harmoniert er seit Jahrzehnten ohnehin blind. Dazu kommt mit dem Stuttgarter Martin Söros ein Freigeist an den Tasten, der gern mal eine anarchische Interferenz einstreut. Oft, wenn es allzu hübsch zu klingen droht.
„Beam Me Up“, eine Eigenkomposition von Bandleader und Moderator MacLean, ist als erster Titel gut gewählt – die fünf Klassemusiker fangen unterhalb der Umlaufbahn gar nicht erst an. Mit „Das hat die Welt noch nicht gesehen“ folgt die erste von (nur) drei großen Balladen der Söhne, neben „Volle Kraft voraus“ und „Zurück zu Dir“. Deren melodisches Material vor allem Söros immer wieder virtuos zerlegt, um im Refrain verlässlich den Wiedererkennungswert zu bedienen. Das ist live noch radikaler verjazzt als auf dem Album „Söhne Mannheims Jazz Department“ (2020). Dass das Kern-Trio Gustke/Kosho/MacLean keine Lust hat, wie eine Coverband ihrer Hauptcombo zu wirken, sieht man schon daran, dass nur fünf von 14 Songs im Programm aus dem Söhne-Kosmos stammen. Das zeigt auch, dass ein absoluter Standard wie „On Green Dolphin Street“ früh auf der Setlist steht.
Große Klasse im kleinen Rahmen
Spannend wird es, als Rapper Metaphysics, festes Bandmitglied der Söhne seit 1999, dazu stößt. Er beweist nicht nur, dass ambitionierter Sprechgesang mit starkem Flow anschlussfähig zu allen Stilen ist – er zeigt mit eigenen Liedern und von ihm verfassten Söhne-Nummern auch seine Qualität als Songwriter. Allen voran „All Right Now“, der bandbiografische Bandformation zum 30. Jubiläum, der 1995 von Xavier Naidoo ersonnenen Formation. Weil es so gut fließt, rappt er den Hauptteil des Texts gleich zweimal. Und seine Gute-Laune-Nummer „Miracle“ wird lateinamerikanisch angehaucht zu einem der großen Abräumer.
Die lyrischen Parts von Koshos Gitarre und Reinhuber am Saxofon klingen großartig. Vor allem in Kate Bushs „Mother Stands For Comfort“, angelehnt an die Jazz-Version des US-Saxofonisten Walter Smith III. Noch besser wird die gut zweistündige Show, wenn es richtig zur Sache geht – auch mal Richtung Hardbop, Fusion und vor allem Funk. Bei seinem epischen Solo zum Finale des ersten Teils zeigt Gustke, dass er immer noch zu den besten Schlagzeugern der Republik zählt und bringt sogar die beiden lupenreinen Jazzer zum Staunen – und Lächeln.
Hier bekommt jeder Raum zur Entfaltung von großer Klasse im kleinen Rahmen – was insgesamt mehr Publikum verdient hätte, als am Donnerstag wohl ferienbedingt ins Schatzkistl kamen. Die Musiker funktionieren phasenweise auch in allen möglichen Konstellation vom Duo bis zum Sextett – bis hin zu Koshos Solonummer „Release“ als Sänger und Gitarrist.
Am Freitag folgte die besser besuchte zweite Show. In derselben Besetzung kann man das SMJD am 30. und 31. Januar noch einmal im zur Stammspielstätte avancierten Schatzkistl erleben.
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