Mannheim. Herr Hohmeyer, die Night Of The Proms waren am 1 Dezember beim 19. Gastspiel in Mannheim erstmals ausverkauft (hier unser Bericht zur Show 2023 und 2022, als die Proms das erste Mal ohne Bandleader John Miles auskommen mussten) - ist das Ihr schönstes Weihnachtsgeschenk?
Dirk Hohmeyer: Seit der Eröffnung der Arena 2005 steht Mannheim auf unserem jährlichen Tourneeplan. Es hat somit der 19. Anlauf funktioniert, Mannheim letztendlich auszuverkaufen. Die letzten Jahre zeigten immer akzeptable Ergebnisse, aber das Zeichen „Ausverkauft“ tut gut. In anderen Städten ging es schneller, aber wir sind froh, durchgehalten zu haben. Ein Weihnachtsgeschenk ist es nicht unbedingt. Da wir aber seit 30 Jahren immer im November/Dezember auf Tournee sind gibt es keine traditionellen Weihnachten bei uns. Das letzte Konzert in diesem Jahr ist am 23. Dezember in Köln.
Seit 1994 Veranstalter der Night Of The Proms
- Zur Person: Dirk Hohmeyer, geboren am 17. Juli 1955 in Bergisch- Gladbach, startete 1972 ins Musikgeschäft als Konzertveranstalter im Kölner Raum und arbeitete als Manager für Bands wie Birth Control. 1979 ging er als Produktmanager zur Plattenfirma BMG Ariola, drei Jahre später wechselte Hohmeyer in die Geschäftsleitung von Virgin. 1993 kehrte er bei Mama Concerts & Rau zurück ins Livegeschäft und versuchte ab 1994, das „Klassik trifft Pop“-Konzept der Night Of The Proms (NOTP) in Deutschland zu etablieren. Dem verschrieb sich Hohmeyer 1997 komplett und gründete die PSE Promotion of Special Events Germany. Die GmbH veranstaltet und produziert die Reihe, die 2017 16 Mal in elf deutschen Städten läuft.
- Zur Night Of The Proms 2024: Die Tournee Night Of The Proms startet am Freitag, 29. November 2024, in der Mannheimer SAP Arena. Karten unter eventim.de (49,90 bis 119,90 Euro plus Gebühren.
Die Publikumsflüsse sind nach der Pandemie immer noch schwer berechenbar - haben Sie trotzdem eine Erklärung für diesen späten Erfolg?
Hohmeyer: Es ist ein Ergebnis harter Arbeit vieler Menschen über eine lange Zeit. Mannheim scheint mehr ein „Fan-Markt“ zu sein, das heißt: Solistinnen und Solisten oder Bands ziehen ihr Publikum an. Eine Mischveranstaltung wie die Proms muss sich erst erklären- dass wir Musikliebhaber mit einem breiten Geschmacksspektrum ansprechen und durch hochqualitative Konzerte Vertrauen aufbauen. Der wichtigste Werbeträger ist ein zufriedener Zuschauer, der seine guten Erfahrungen mit anderen teilt. Das ist ein langwieriger, aber solider Prozess.
Bei allem Respekt vorm Gesamtpaket der Proms und den 2023er-Gaststars wie Toto, Anastacia oder James Morrison. Mit den Beach Boys, Who-Frontmann Roger Daltrey oder Aha-Sänger Morten Harket waren ja noch deutlich prominentere Namen am Start und haben nie mehr als 7500 Fans erreicht. Warum?
Hohmeyer: Wie bereits erwähnt, es kommt uns nicht darauf an, einen Fan einer Band oder eines Solisten anzusprechen. Der wäre enttäuscht, denn „sein“ Künstler steht nur kurz und mit wenigen Stücken seines Schaffens auf unserer Bühne. Der übergeordnete Star ist die Show an sich. Das ist auch für die auftretenden Solisten eine neue Erfahrung, die „Last“ verteilt sich auf verschiedene Schultern und jeder trägt dazu bei. Das Publikum merkt sofort, dass es immer allen Beteiligten sehr viel Spaß macht.
Das Proms-Konzept mit seiner verlässlichen Qualität scheint für das Publikum in diesen Zeiten eine Bank zu sein wie Bruce-Springsteen- oder Taylor-Swift-Konzerte. Müssen Sie eigentlich nur noch auf Nummer sicher gehen und auf Wiederholungstäter setzen?
Hohmeyer: Die alte Plattitüde „nach der Show ist vor der Show und andersherum“ trifft auf uns zu. Jedes Jahr bringt eine neue Herausforderung. Hinter den Kulissen arbeiten mehrere Generationen am Programm, tauschen Ideen aus, schlagen Künstler vor et cetera. Ich habe das große Glück, dass mein Sohn Lukas schon seit Jahren dabei ist und inzwischen das Unternehmen leitet. Er bringt die jüngeren Acts an den Start, mein Partner in Belgien, Jan Vereecke, und ich dann die unserer Generation entsprechende älteren Künstler. Diese musikalischen Gegensätze, Musik und Hits aus drei Jahrhunderten gebründen den Erfolg. Eine musikalische Achterbahnfahrt…
Die bald 30 Jahre andauert ...
Hohmeyer: Wir sind seit 1994 in Deutschland aktiv und haben hier bereits 400 Konzerte gespielt. Als ich damit anfing, haben sich alle Freunde und Ex-Kollegen um mich Sorgen gemacht, denn niemand hat geglaubt, dass unser Konzept, unser Format jemals Erfolg in Deutschland haben würde. Wir machen regelmäßig Marktforschung und Publikumsbefragung. Seit fast 30 Jahren hat unser Publikum ein Durchschnittsalter von 51. Wir haben es über die vielen Jahre immer wieder geschafft, uns zu regenerieren und zu erneuern.
Trotzdem gibt es doch sicher noch Wünsche: Welche zehn Acts, die noch nie dabei waren, würden Sie am liebsten bei den Proms sehen?
Hohmeyer: Viele Träume haben wir bereits realisiert. Zum Glück träumen wir weiterhin gut und es fällt uns immer wieder etwas ein. Dazu kommt die Zufriedenenheit „unserer“ Künstler, die darüber mit ihren Kollegen reden und damit neue Kontakte für uns knüpfen. Es macht sehr viel Spaß, mit den Stars auf Augenhöhe über musikalische Visionen zu diskutieren und auch deren Ideen einzubauen. Künstler-Träume gibt es genug, allerdings sollte man Träume für sich behalten, sonst werden sie nicht wahr. Wir müssen aber auch realistisch bleiben: Durch den Niedergang der „Tonträger“ ist das Live-Geschäft die wesentliche Einnahmequelle der Künstler geworden. Die Spirale der Gagen und Kosten dreht sich schnell. Die Night Of The Proms“ ist mit mehr als 200 Personen auf Tournee, alles birgt immense Kosten. Dennoch versuchen wir, unsere Eintrittspreise moderat zu gestalten. Die Rod Stewarts oder Adels dieser Welt können wir uns nicht leisten.
Wir haben in der SAP Arena einen November ohne ein einziges Konzert erlebt. Generell sind in diesem Jahr deutlich weniger große Namen in Mannheim zu hören gewesen, während die Hallen und Stadien in Frankfurt und Stuttgart brummen. Und wenn Weltstars hier auftauchen, dann meist montags. Ist Mannheim auf dem Weg von der B- zur C-Stadt?
Hohmeyer: Ich kann diese Frage leider nicht beantworten. Ich lebe in München. Ich sehe das nur aus Proms-Sicht und wir spielen in jedem Jahr in Mannheim, Stuttgart und Frankfurt.
Am 29. November 2024 startet die Proms-Tournee wie immer in Mannheim. Wie viel Karten sind schon verkauft?
Hohmeyer: Wir sind sehr dankbar, denn schon jetzt sind bereits gut 50 Prozent der Eintrittskarten für die Proms im November verkauft. Ein riesiger Vertrauensvorschuss.
Können Sie schon einen Ausblick aufs Programm 2024 geben?
Hohmeyer: Das Antwerp Philharmonic Orchestra, der Chor Fine Fleur, die Band und unsere phänomenale Dirigentin Alexandra Arrieche werden wieder dabei sein. Am Rest basteln wir, und ich gehe davon aus, dass wir wieder im Mai//Juni die ersten Solisten bekanntgeben dürfen.
In Oberhausen, Frankfurt, Hamburg, München oder Köln läuft Ihre Show zwei- bis dreimal hintereinander. Kann das in Mannheim auch passieren?
Hohmeyer: Sag niemals nie, aber wir sind erstmal froh, dass es mit einem ausverkauften Konzert in Mannheim geklappt hat. Hoffen wir, dass es so weitergeht, dann kommen entsprechende Überlegungen automatisch.
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