Mannheim. Jetzt kann Weihnachten kommen. Fans grooven sich nämlich gerne mit dieser Melange aus Klassik und Pop für den Advent ein. Dafür steht die „Night Of The Proms“ schon seit 30 Jahren in Deutschland. Die Metropolregion darf ganz früh im Advent grooven. Denn seit einigen Jahren findet der Deutschlandtour-Auftakt in Mannheim statt.
Dabei ist der grenzüberschreitende Musikmix erfolgreicher denn je: Die SAP Arena ist erstmals ausverkauft, zum Ende der aktuellen Tour wird’s das 400. Konzert in Deutschland geben. Mehr als 3,7 Millionen Menschen insgesamt haben die Shows gesehen. Die meisten sind Wiederholungstäter und kommen jedes Jahr wieder. Das gilt übrigens auch für die Künstler: Die Rockband Toto ist schon zum dritten Mal dabei, erstmals bei den ersten deutschen Proms 1994.
Toto spielen ihre größten Hits
Es ist eines der Erfolgsrezepte, dass sowohl die Bands als auch das Orchester nur die allergrößten Hits spielen. Toto haben sich „Stop Loving You“, die Ballade „I’ll be Over You“, „Rosanna“, „Africa“ und den ultimativen Gassenhauer „Hold The Line“ zum Showfinale mit allen Mitwirkenden herausgesucht.
Sänger Joseph Williams, übrigens der Sohn des großen Filmkomponisten John Williams, und Gitarrist sowie Toto-Mastermind Steve Lukather brauchen genau zwei Sekunden, dann steht die ganze Halle, Zuschauer im Innenraum eilen von ihren Sitzplätzen direkt vor die Bühne.
Mit dem 70-köpfigen, international besetzten Antwerp Philharmonic Orchestra unter der Leitung der temperamentvollen Brasilianerin Alexandra Arrieche, dem 30-köpfigen Chor Fin Fleur und einer fantastischen Band namens Back Bone im Rücken entwickeln die Songs eine erstaunliche Dynamik. Und ja, selbst mit mehr als 100 Musikern sind Improvisationen kein Problem. Lukather mit der wilden Frisur eines späten Beethoven tut auch optisch das Seine für den Proms-typischen Genre-Mix.
Cello als instrumentale Mitte
Anastacia ist ebenfalls Wiederholungstäterin, war schon 2012 Teil des Ensembles. Das Energiebündel hat gerade ein Album mit englischen Versionen deutscher Songs am Start, unter anderem „Cello“ von Udo Lindenberg. Das passt natürlich perfekt für diese Proms, die genau dieses Instrument in den Mittelpunkt stellen.
Nathan Chan, gerade mal 30 Jahre junger US-amerikanischer Ausnahmemusiker, ist die Idealbesetzung. Er spielt nicht nur den kompletten Abend in der Cellistengruppe des Orchesters mit, sondern begeistert vor allem mit einem virtuosen Medley, das Vivaldis „Vier Jahreszeiten“, „Paint It Black“ und zumindest ein kleines Häppchen der Proms-Hymne „Music“ von John Miles furios verbindet.
Und das ist der traurige Part des Abends: Erstmals muss das Event ohne die Komplettversion dieses Meisterwerks und seinem Interpreten auskommen. „Music“steht wie kein anderes Lied für das Konzept der „Night Of The Proms“. Im vergangenen Jahr hatte noch sein Sohn an den 2021 verstorbenen John Miles erinnert. Diesmal bleibt’s beim kurzen Anspiel mit dem Cello und dem Song aus der Konserve ganz am Schluss für den Heimweg des Publikums.
Für den Pop-Part steht außerdem James Morrison, der mit seinem sanften Reibeisen ein energiegeladenes Duett mit Anastacia bei seinem Hit "Broken Strings“ hinlegt. Die Dänin Aura Dione zeigt, dass sie auch nach zehn Jahren ihren sehr prägnanten Gesangsstil nicht verlernt hat. Immer wieder werden auch einstige New Wave Bands eingeladen. Die Schwaben von Camouflage sind diesmal dabei. Ihre Hits „Love Is A Shield“ und „The Great Commandment“ funktionieren mit großem Orchester gut, auch wenn sie stimmlich nicht ganz vorne dabei sind.
Chor und Orchester sorgen für Gänsehautmomente
Auch das Orchester und vor allem der Chor sorgen für Gänsehaut-Momente. Fin Fleur veredelt Billie Eilishs Song „What Was I Made For“ aus dem Barbie-Film. Das Publikum darf - wie jedes Jahr - zu Johann Strauß in den Reihen zwischen den Sitzen Walzer tanzen. Nathan Chan interpretiert den Schwan aus Saint-Saëns’ „Karneval der Tiere“ und wird faszinierend von Tänzer Denis Inghelbrecht begleitet, der keine Knochen zu besitzen scheint.
Manchmal ergeben sich auch Nummern für die Show, wenn die Künstler nach den Proben miteinander jammen. So entstand wohl die Version von „Gangstas Paradise“, die James Morisson, Nathan Chan und die drei Chorsänger sehr eigen interpretieren. Wenn Orchester und Chor das eigentlich ukrainische Weihnachtslied „Carol Of The Bells“ - bekannt aus dem Film „Kevin allein zu Haus“ - anstimmen, dann können Advent und Weihnachten wirklich kommen.
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