Mannheim. Der Verstärkerturm, der wie eine ins Gigantische vergrößerte Doppelhelix-Sequenz von der Capitol-Bühne aufragt, lässt keinen Zweifel, dass an diesem Abend die Gitarre im Rampenlicht steht. Oder besser: der Mann, der sie spielt, und zwar so, als wären die Saiten seiner „Flying V“ der Stoff, aus dem auch seine DNA besteht - Michael Schenker.
Schon als Teenager hatte Schenker, der im Januar seinen 70. Geburtstag feierte, begonnen, als Instrumentalist und Komponist Musikgeschichte zu schreiben. Zunächst, gerade mal 14 war er damals, geschah das als Mitglied der Erfolgsrock-Formation Scorpions, in der sein Bruder Rudolf Schenker seit Jahr und Tag das Band-Zepter führt.
1100 Besucher: Ausverkauftes Haus bei Konzert von Michael Schenker im Mannheimer Capitol
Aber beim Konzert im mit 1100 Besucherinnen und Besuchern ausverkauften Mannheimer Capitol steht ein anderes frühes Kapitel seiner schillernden Karriere im Fokus: Die Zeit als Leadgitarrist der britischen Hardrock-Legende UFO. Zwischen 1973 und 1978 war Schenker bei der Band um Sänger Phil Mogg maßgeblich an deren Alben-Pentalogie „Phenomenon“, „Force It“, „No Heavy Petting“, „Lights Out“ und „Obsession“ beteiligt gewesen. (Später, von 1993 bis 2002, schloss er noch einmal die UFO-Reihen.) „My Years With UFO“ hat Schenker die aktuelle Konzertreise betitelt, die rund um den 50. Jahrestag seines Einstiegs bei den Briten konzipiert wurde.
Bevor aber die eigentliche Jubiläumsfeierlichkeit beginnt, läutet ein doppeltes Hard- und Classic-Rock-Programm mit der Hannoveraner Band Moonday6 sowie den Saarländern Rook Road (die dabei schöne Hammondorgel-Akzente setzen) den langen, vorösterlichen Konzertabend ein. Angetan mit schwarzer Fellmütze, Schlauchschal und der ikonisch-V-förmigen Gitarre tritt Schenker schließlich auf die Bühne, um mit „Natural Thing“ einen Auftritt zu eröffnen, das man getrost als Hochamt an der Gitarre bezeichnen darf.
Wobei sein Spiel - bei aller Eigen-Strahlkraft - als organischer Teil des musikalischen Ganzen erscheint: Auch ausgedehnte, kaskadierende, aufbäumende oder Funken-stiebende Solos erwecken nicht den Eindruck, als Selbstzweck oder bloße Darstellung der eigenen Fertigkeiten zu fungieren. Vielmehr klingt diese Musik nicht nur virtuos, sondern vor allem auch nach Spiellust und Spaß.
Am Mikrofon wird dieser Eindruck von dem schwedischen Sänger Erik Grönwall – der auch schon die US-Hard-Rock-Kollegen der Gruppe Skid Row kompetent begleitet hatte – kongenial in Töne gesetzt. Souverän komplettiert wird die Bandbesatzung von Bodo Schopf am Schlagzeug, Barend Courbois am Bass und Steve Mann, der zwischen Keyboard und zweiter Gitarre pendelt.
Michael Schenker rauscht im Mannheimer Capitol durch den UFO-Kosmos
In 90 Minuten rauschen Schenker und seine Mitstreiter durch den UFO-Kosmos, passieren dabei Song-Satelliten wie „Hot ‚n‘ Ready“, „Lights Out oder „Let It Roll“. Am hellsten strahlt darin das Hit-Dreigestirn „Doctor Doctor“, „Love To Love“ und „Rock Bottom“. Letzteres lässt sich - eine ironische Volte - als „Tiefpunkt“ übersetzen; aber faktisch markiert die episch-genüsslich erweiterte Version des UFO-Klassikers freilich das genaue Gegenteil: Das Konzert erreicht seinen Siedepunkt, der Saal kocht. Als Zugabe folgt das äußerst kompakt rockende „Shoot Shoot“, bevor „Too Hot To Handle“ als finaler Akt noch einmal wie Zunder brennt.
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