Mannheim. „Du weißt, wo du mich wiederfinden kannst...“ raunen sich Mannheims Wagner-Freunde und internationale Gäste seit 1957 nach knapp sechs Opernstunden zu. Sich mit den Worten des Titelhelden zu verabschieden und sich damit gleich für den nächsten Karfreitag zu verabreden, ist gute Tradition am Nationaltheater. Knapp drei Jahre hat es nun bis zu einem Wiedersehen gedauert, dementsprechend festlich war die Stimmung im Foyer der Ersatzspielstätte Opal.
Zuletzt war Hans Schülers 68 Jahre alte Kult-Inszenierung von Richard Wagners Bühnenweihfestspiel „Parsifal“ an Pfingsten 2022 (als Festlicher Opernabend mit Klaus Florian Vogt in der Titelpartie) im Opernhaus zu sehen. Nun konnte der „durch Mitleid wissende reine Tor“ endlich ins lokale Musiktheatergeschehen zurückkehren. Es war in mancherlei Hinsicht eine triumphale Heimkehr, wie der lange und besonders herzliche Applaus hernach beweisen sollte.
Ein Bühnenumzug mit Herausforderungen
Allein die technische Leistung verdient großen Respekt. Das Bühnenbild wurde in der Breite erfolgreich von den vorher 20 Metern des Opernhauses (zu Hans Schülers Zeiten gar noch 24), auf die nun auf die 18 Meter breite Opal-Bühne transferiert. Auch die alte Glasplattentechnik für die stimmungsvollen Lichtbilder musste digital erfasst und projiziert werden, was ebenfalls tadellos gelang.
Überhaupt strahlt das 2018 mit Unterstützung des lokalen Wagner-Verbandes von Thommy Mardo kunstvoll retuschierte Farbspiel in altem – und für die meisten Zuschauer daher in neuem Glanz. Mehr noch: Im Verbund aus Technik und Raumsituation gewinnt Paul Walters Bühnenbild noch an Plastizität und Farbschattierungen.
An beidem ist auch die musikalische Leitung reich: Alexander Joels Mannheim-Debut ist höchst gelungen. Scheint das Tempo im Vorspiel noch ein wenig forsch und majestätisch, überzeugt der deutsch-britische Gastdirigent zunehmend durch hochdynamische Bögen, spannende Phrasierung und Sängerfreundlichkeit. Seinem weit und frei schwingenden Stab zu folgen, macht dem NTM-Orchester hörbar Vergnügen.
Ein gelungenes Rollen-Debüt feiert auch Urgestein Thomas Berau. Der Langzeit-Amfortas, wechselt die Burg - und somit in den Zweiten Aufzug auf die Schatten-Seite des Geschehens und gibt dort nun den diabolischen Klingsor mit Verve und feinen Zwischentönen. „Am Amt“ siecht als Gralskönig erneut Nikola Diskic, der seine sängerische und artikulatorische Sache gewohnt gut macht, einem für diese exponierte Leidensrolle aber immer noch eine Spur zu lyrisch und jugendlich erscheinen darf. Darstellerisch war Thomas Beraus Leidensspektrum allerdings facettenreicher.
Ein Abend mit klaren Bilder und klarer Diktion
Die irdenen Schlacken seelischer wie stimmlicher Abgründe mögen auch Julia Faylenbogens Kundry noch ein wenig fehlen, das erotische Aufblühen ihres hochdramatischen Mezzos lässt indes keine Wünsch offen. Tenor Jonathan Stoughton schont sich als Titelheld im Zweiten Aufzug nicht und obsiegt dennoch auch im Dritten heldisch wie lyrisch. Sung Has Gurnemanz hat an stimmlicher Seniorität weiter zugelegt, ohne seine stets exzellente Diktion zu vernachlässigen. So lässt sich (auch orchestral ein Höhepunkt!) Mannheimer Karfreitagszauber und ein weiterer großer Abend für Mannheims Musiktheater im Opal würdig und freudig feiern.
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