Mannheim. Eigentlich ist Marc Martels Tribute-Projekt One Vision Of Queen (OVOQ) nur eine gehobene Coverband. Dass es davon rund um Mannheim unzählige gibt, kann erklären, dass am Montagabend nur 1600 Fans in die Mannheimer SAP Arena gekommen sind, um das musikalische Erbe des legendären Frontmanns Freddie Mercury (1946-1991) und seiner Band um Gitarrist Brian May zu feiern. Beim ersten von inzwischen drei OVOQ-Konzerten sind 2023 noch 3500 Fans in der Halle erschienen, die mit abgedecktem Oberrang halbwegs intim wirken kann. Vielleicht sind auch drei Shows in drei Jahren heutzutage zu viel.
Allerdings kommt Martel Freddie Mercury, der zu den größten Rocksängern aller Zeiten zählt, oft erstaunlich nah. Wenn man die Augen schließt, meint man selbst bei den schwierigen Passagen wirklich, das Original zu hören, zumindest fast – selbst wenn man Mercury noch leibhaftig auf der Bühne erlebt hat. Nur sind Tontechnik und Hallenakustik heute besser als in den 1970ern und 1980ern. Bei der Ballade „Love Of My Life“ ist Martel allein am Piano großartig. Ansonsten kommt der 48-Jährige an Mercurys bis heute selten erreichte Dynamik nicht immer heran. Trotzdem: Kein Wunder, dass Original-Drummer Roger Taylor den Kanadier nach Ansicht extrem erfolgreicher YouTube-Videos 2011 für seine eigene Coverband Queen Extravaganza verpflichtet hat.
Der Gitarren-Sound von Brian May bleibt unerreicht
Allein das rechtfertigt das Eintrittsgeld für die knapp zweistündige Show. Allerdings: Martels vier Mitmusiker sind zwar sehr gut, erreichen aber selten den einzigartigen Sound der Queen-Instrumentalisten. Im Fall des stets unverkennbaren Brian May ist das (nicht nur) für Lead-Gitarrist Tristan Avakian (kurzzeitig auch Extravaganza-Mitglied) zwangsläufig eine unlösbare Aufgabe. Auch beim traditionellen Gitarren-Solo, das er trotzdem so eindrucksvoll gestaltet, dass die Fans irgendwann mitklatschen. Tatsächlich vermisst man auch Mays Stimme, die 2008 in der SAP Arena bei „‘39“ einen der anrührendsten Momente des Queen-Konzerts neben Frontmann Paul Rodgers geboten hatte. Bassist Mike Cohen und Drummer Brandon Coker erzeugen auch nicht wie die mitunter unterschätzte Original-Rhythmusgruppe John Deacon/Roger Taylor eine Mischung aus Stadion-Wucht und unwiderstehlichem Groove. Dafür hält bei OVOQ-Keyboarder Brandon Ethridge sein Quintett als musikalischer Direktor kompakt zusammen.
Marc Martel kopiert Freddie Mercury nur gesanglich, nicht in puncto Show und Garderobe
Anders als der exaltierte Adam Lambert, der noch 2023/24 für die Originalband gesungen hat, macht Martel nicht den Fehler, Mercurys einmalig große Gesten zu kopieren. Er agiert wie ein normaler Rocksänger – ganz ähnlich wie Paul Rodgers, der als Erster bei einer Queen-Tour am Mikrofon eingesprungen ist. Der Ex-Frontmann von Bad Company und Free war gut beraten, seinem eigenen Stil treu zu bleiben. Natürlich war die SAP Arena am 2. Oktober 2008 mit ihm als Queen-Frontmann restlos ausverkauft.
Dass Martel das ähnlich sieht, wird klar, als er wie immer kurz das Konzept der OVOQ-Show erklärt: „Manche werden sich fragen, wo das gelbe Jackett ist – oder wo ist der Schnurrbart? Hier geht es nur um die Musik.“ Das macht die fünfköpfige Band sehr amtlich, wie man früher so schön sagte. Auch die Bühnenshow ist angenehm retro, lange vollkommen fixiert auf Lichteffekte wie in den 1980ern. Das reicht vollkommen, vor allem wirkt es authentisch.
Die Musik ist ja spektakulär genug, aus vielen Queen-Hits würde man ja heute vier bis fünf Songs machen. Martel weiß das natürlich: „Queen machen einem die Arbeit leicht. Man muss nur um die Welt reisen und ihre Musik spielen. Schon sind die Leute glücklich, vor allem in Deutschland.“ Hier scheine es die größten Fans zu geben. Das Mitsingspielchen bei „Bohemian Rhapsody“ funktioniert trotzdem nicht richtig.
One Vision Of Queen 2025 in der SAP Arena - das Programm
Erster Teil
1. Keep Yourself Alive
2. Bicycle Race
3. Hammer To Fall
4. You‘re My Best Friend
5. Killer Queen
6. Under Pressure
7. A Kind Of Magic
8. I Want To Break Free
9. Fat Bottomed Girls
10. Who Wants To Live Forever
11. Bohemian Rhapsody
Zweiter Teil
12. Flash
13. I Want It All
14. Crazy Little Thing Called Love
15. Another One Bites The Dust
16. God Save The Queen
17. Seaside Rendezvous
18. Don‘t Stop Me Now
19. Love Of My Life
20. Radio Ga Ga
21. Somebody To Love
Zugabe
22. We Will Rock You
23. We Are The Champions
Einzige Überraschung im Programm ist das beschwingte „Seaside Rendezvous“, das gerade 50 Jahre alt geworden ist. Ansonsten reihen Martel und Co. kompetent Hit an Hit, bis in der Zugabe die beiden größten Queen-Gassenhauer „We Will Rock You“ und „We Are The Champions“ keine Fragen offenlassen.
Das Quintett hat wie versprochen gerockt, und Queen sind die Champions. Mit OVOQ kommt man einem Originalkonzert wohl am zweitnächsten. Wobei man nicht genau weiß, ob der von einem kleinen Schlaganfall erholte Brian May je wieder auf Tour gehen möchte. Aber diese Lieder gehören weiter auf die Straße, egal ob mit Tribute-Bands oder in Musicals wie der Mannheimer Produktion „We Will Rock You“. Also gern wieder, aber vielleicht mit etwas Abstand.
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