Musik

Adax Dörsam als „Perlentaucher“ beim Guitar Summit im Mannheimer Rosengarten

Wir begleiten den Mannheimer Gitarristen bei seinem ersten Besuch des europaweit größten Events für Saiteninstrumente, dem Guitar Summit – und das spektakulärste Instrument kommt aus Mannheim.

Von 
Jörg-Peter Klotz
Lesedauer: 
The Bros. Landreth aus Kanada in Aktion: Joey (links) und David räumen als Freitags-Headliner voll ab. © Markus Proßwitz / masterpress

Mannheim. Zum siebten Mal bietet der Guitar Summit im Mannheimer Rosengarten drei Tage lang rund 15.000 Besucherinnen und Besuchern eine immense Anzahl von Eindrücken – 600 Marken präsentieren so ziemlich alles rund um das Thema Saiteninstrumente. Dazu geben internationale Gitarrengrößen Konzerte, Workshops, Masterclasses und Einblicke bei Talkrunden – eingebettet in eine Messe, die ungewöhnlich entspannt abläuft und durch die Ästhetik vieler Instrumente auch als Kunstausstellung durchgehen könnte. Der Mannheimer Gitarrist Adax Dörsam ist der Bitte dieser Redaktion gefolgt, mit ihm einen Rundgang durch Europas größtes Event für Saiteninstrumente zu machen.

Die Verabredung dabei: Der frisch gebackene 70-Jährige verlässt den DaxBau, sein Studio im Odenwald, und wir verfolgen quasi wie Naturfilmer, worauf so ein alter Hase beim Guitar Summit reagiert – wo er quasi anschlägt und Witterung aufnimmt. Dörsam ist hier der ideale „Perlentaucher“, denn nach sieben Jahrzehnten als Musikprofi hat der Virtuose mit 100 Instrumenten einen eigenen Guitar Summit zu Hause. Und auch, was Verstärker, Kabel, Abnehmer, Effektgeräte angeht, ist er voll ausgestattet. Deswegen hat er die Veranstaltung vorher auch noch nie besucht.

Mehr zum Thema

Interview

„Der Mannheimer Guitar Summit hat all das Gute solcher Messen – ohne die negativen Seiten“

Veröffentlicht
Von
Jörg-Peter Klotz
Mehr erfahren
Interview

Mannheimer Gitarrist Adax Dörsam feiert auf der Bühne Geburtstag

Veröffentlicht
Von
Jörg-Peter Klotz
Mehr erfahren
Vorschau

Thomas Siffling eröffnet die Spielzeit im Mannheimer Ella & Louis selbst

Veröffentlicht
Von
Jörg-Peter Klotz
Mehr erfahren

Dafür kommt ihm gleich nach der Bändchenvergabe als erster Eindruck vom bunten Treiben der Vergleich mit der Musikmesse in den Sinn, die bis 2019 in Frankfurt lief: „Da war ich jahrelang, hatte dort auch Auftritte. Das war hart!“ Denn in den riesigen Messehallen herrschte permanent infernalischer Lärm, weil Schlagzeuger, Gitarristen, Bläser und so weiter gleichzeitig Instrumente ausprobierten. Der Kontrast zu Mannheim sei „unglaublich“, staunt Dörsam. Schon stoßen wir auf das erste kleine Kopfhörerkonzert. Der Guitar Summit ist eine „stille Messe“, selbst Gesprächsrunden laufen nach außen still ab. Nur die Shows am Abend im Mozartsaal sind laut“ – und das eindrucksvoll mit Verstärkern und Gitarren vollgestopfte Testgelände im Ella & Louis, aus dem kaum ein Ton nach außen dringt.

Marshall und Gretsch sind erstmals in Mannheim vertreten

„Wahnsinn, was es alles gibt“, sagt Dörsam schon nach wenigen Metern. Und bleibt am Stand von Baum stehen: „Diese Retroteile gefallen mir schon.“ Ihn interessieren vor allem die kleinen Gitarrenbauer, bei denen er teilweise auch schon etwas gekauft hat. Aber natürlich sind auch Branchenriesen wie Ibanez oder Yamaha am Start. Ein Prestigeerfolg für den Summit ist es, dass zwei weitere Weltfirmen erstmals vertreten sind: Marshall präsentiert im Untergeschoss seine Kultverstärker. Auch der US-Gitarrenhersteller Gretsch, seit 2003 eine Fender-Tochter, feiert Premiere. Das ist quasi eine Heimkehr, denn die Firma wurde 1883 vom Mannheimer Emigranten Friedrich Gretsch in Brooklyn gegründet.

Adax Dörsam (links) mit einer seiner Lieblingsgitarren, der Saturn 63 vom Hannoveraner Familienbetrieb Hopf, den Daniel Hopf heute vertritt. © Jörg-Peter Klotz

Beim Blick auf manche Trends lächelt Dörsam milde: Etwa neue Gitarren mit abgeschabter Vintage-Optik. Beim Blick auf drei Instrumente in neonknalligen Textmarker-Farben entfährt im spontan ein gequältes „Aua!“ Voll in seinem Element ist der Saitenmultiinstrumentalist im ersten Stock, bei den kleinen Boutique-Manufakturen: Nach einem schnellen Blick auf die Glamour-Instrumente des Bad Dürkheimers Jens Ritter zieht es ihn zum Wahl-Österreicher Christian Jablonski. „Wo ist denn das Wunderwerk?“, möchte Dörsam wissen – und nimmt fast schon liebevoll die 100. Ausgabe von Jablonskis Erfolgsmodell in die Hände. Gestaltet aus Ebenholz.

Zum Guitar Summit

  • Die siebte Auflage des Guitar Summits läuft von 26. bis 28. September 2025 und füllt den kompletten Rosengarten mit Instrumenten- sowie Zubehörständen aus aller Welt, Konzert- und Probebühnen, Workshops oder Masterclass-Kursen.
  • Veranstalter ist die Fachzeitschrift „Gitarre & Bass “, die 2025 mehr als 15.000 Gäste verteilt auf die drei Tage erwartet. Vertreten sind rund 600 Marken aus aller Welt.
  • Die Tageskarte für Samstag kostet 55 Euro , der Sonntag 33 Euro . Tageskarten für Kinder unter 14 Jahren sind deutlich reduziert. Das komplette Programm findet sich unter guitarsummit.de

Beim altgedienten Hersteller Hopf Guitars aus Hannover hat der Mannheimer ein Heimspiel – und erzählt enthusiastisch, wie froh er ist, dass Hopf die legendäre 60er-Jahre-Gitarre Saturn 63 wieder aufgelegt hat – immerhin das Symbol des Hamburger Star Clubs. „Die habe ich seit 1968 gespielt, bis sie vollkommen kaputt war. Die lässt sich spielen wie Butter, bietet aber trotzdem Widerstand“, erzählt Dörsam, während er sich das neue Modell umhängt. Was tatsächlich ein Bild ergibt, als wäre er mit der Gitarre frisch verheiratet. Oder verwachsen.

Für diese in Portugal handgefertigte Harfengitarre von Delfina zieht Adax Dörsam sogar die Jacke aus. © Jörg-Peter Klotz

Am Stand von Delfina aus Portugal zieht Dörsam aber zum einzigen Mal die Jacke aus und lacht vor Freude: Denn dort steht eine Harfengitarre, mit der er sofort ins Spiel versinkt. Und die Standbesatzung beobachtet beeindruckt, dass jemand auf Anhieb mit den vielen Saiten umgehen und sie stimmen kann. Kein Wunder, Dörsam beherrscht Saiteninstrumente aus aller Welt von Oud bis Sitar. Dafür 6000 Euro zu investieren, kommt aber erstmal nicht infrage. Zumal ihm Jablonski ein ähnliches Instrument maßgefertigt hat. Nur mit weniger Saiten.

Mathias Herbst aus dem Musikpark präsentiert den größten Hingucker im Steampunk-Stil

Die wohl spektakulärste Gitarre finden wir bei einer Mannheimer Manufaktur: Mit auf antik getrimmter Metall-Optik, die in einer E.T.A.-Hoffmann-Novelle auftauchen könnte, vielen verbauten Technik-Elementen vom Luftdruck-Messer über kleine Rohre bis zu einer Art Abflusssieb ist das auffälligste Modell von Herbst Gitarrenbau aus dem Musikpark ein absoluter Hingucker. „Steampunk“ charakterisiert Mathias Herbst seine Kreation. Das ist kein Musikstil, sondern ein Subgenre der Science-Fiction-Literatur. Dabei spielen Technik-Elemente aus der viktorianischen Zeit oft eine zentrale Rolle.

Adax Dörsam mit der Steampunk-Gitarre des Mannheimers Mathias Herbst. © Jörg-Peter Klotz

Besser wird‘s nicht. Dörsams Fazit seines ersten Gitarrengipfels klingt begeistert: „Sehr viele interessante neue Dinge, aber auch sehr viel modifizierte alte Dinge. Es ist schön, zu sehen, was sie mit Retro machen.“ Verbaute Wasserrohre habe er noch nie gesehen. „Das übt schon einen großen Reiz auf mich aus.“ Er möchte wiederkommen, auch weil die Atmosphäre so angenehm sei: „Es ist Platz hier. Es ist cool, nicht überfüllt. Es ist nicht laut, nicht nervig.“ Etwas zu kaufen, sei für ihn aber schwer: „Sogar eine Harfengitarre habe ich ja schon. Aber die ist wirklich interessant“ Nur die Saturn 63 sei eine Anfechtung. Samstagmittag spielt er sie dann vor Publikum bei einer Demo-Session am Hopf-Stand.

Es folgt ein Rundgang mit wirtschaftspolitischer Perspektive

Nach der Expedition mit dem „Perlentaucher“ folgt ein kurzer Rundgang aus wirtschaftspolitischer Perspektive – u.a. mit Veranstalter Florian Stolpe, Chefredakteur der Fachzeitschrift „Gitarre & Bass“, Wirtschafts- und Kulturbürgermeister Thorsten Riehle, Christian Sommer sowie Steffen Baumann von Next Mannheim, die den Summit in die Stadt geholt haben. Auch hier herrscht Enthusiasmus über die Erfolgsgeschichte des Events und die Eindrücke. Natürlich führt der Weg auch zu Herbst Gitarrenbau und dem Steampunk-Modell.

Wirtschaftsbürgermeister Thorsten Riehle (vorn) mit der spektakulärsten Gitarre der Messe von Mathias Herbst (l.). Rechts: NextMannheim-Chef Christian Sommer, hinten steht Veranstalter Florian Stolpe. © jpk

Florian Stolpe zeigt sich auf Nachfrage extrem zufrieden mit der Resonanz, auch wenn er die endgültige Besucherzahl erst deutlich nach dem Summit kennen wird: „Im Vorjahr waren es 15.000. Aber in diesem Jahr lief der Vorverkauf noch besser.“ Ausstellerseitig ist der Rosengarten voll ausgelastet: „Wir nutzen wirklich jeden möglichen Quadratmeter. Es gibt inzwischen eine Warteliste“, so Stolpe. So sehr er sich über neue große Namen wie Marshall und Gretsch freut – sie landen nicht direkt auf den prominenten Plätzen beim Summit: „Wir verfolgen da die Politik, dass sich Treue lohnen soll.“ Angestammte Hersteller müssen also großen Namen nicht Platz machen. Theoretisch wären 8000 Gäste pro Tag möglich, also 24.000 insgesamt. Aber man hört im Gespräch heraus, dass Vollauslastung nicht unbedingt das Ziel ist. „Dann wäre es natürlich sehr voll.“

Ex-BAP-Gitarrist Helmut Krumminga (links) im Gespräch mit Komiker Till Hoheneder, der mit seinem Podcast "Musik ist Trumpf" beim Guitar Summit mehrmals auftritt. Auch solche Gespräche laufen bei der "stillen Messe" über Kopfhörer. © Jörg-Peter Klotz

Ex-Gitarrist von BAP lobt die Atmosphäre

Das bestätigen auch Zufallsbegegnungen, etwa Ex-BAP-Gitarrist Helmut Krumminga. Auch er lobt nach einem per Kopfhörer übertragenen Podiumsgespräch mit Komiker und Musiker Till Hoheneder (Till & Obel) die Atmosphäre beim Summit: „Wenn das keine stille Messe wäre, könnten wir uns jetzt gar nicht unterhalten.“ Darauf verweist auch David Landreth, Bassist des Freitags-Headliners The Bros. Landreth: „Mein Bruder Joey ist häufig auf solchen Veranstaltungen und danach immer krank. Weil man sich den ganzen Tag bei Unterhaltungen anschreien muss und so die seltsamsten Viren austauscht.“ Das sei in Mannheim trotz extrem eng getakteten Terminkalender der beiden Kanadier ganz anders. „Deswegen kommen wir gern wieder.“

Perfektes Zusammenspiel: Joey (links) und David Landreth als Freitags-Headliner beim Guitar Summit mit Drummer Roman Clarke. © Markus Proßwitz / masterpress

Was auch daran liegt, dass das Konzert der beiden Americana-Songwriter aus Winnipeg mit Drummer Roman Clarke vor Fachpublikum ein glatter Triumphzug ist. Die Reaktionen im Mozartsaal, der zu später Stunde noch ähnlich gut gefüllt ist wie bei Al Di Meola 2024, sind euphorisch. Das Live-Trio kombiniert perfektes Zusammenspiel mit betörendem mehrstimmigen Gesang, Joey Landreths extrem geschmackvollen Gitarrensounds und oft einer etwas unerwarteten Wucht. Zu der vor allem Gastgitarrist Andy Wood bei „Made Up My Mind“ und „Our Love“ beiträgt. Das Ganze endet aber ruhig mit der wunderschönen Falsettballade „I Can‘t Win“. Dabei sind nach dem ersten Tag des Guitar Summits 2025 eigentlich alle Gewinner.

Ein Erfolgsgarant des Guitar Summit: Anders als bei der Musikmesse in Frankfurt herrscht kein infernalischer Lärmpegel. Konzerte und Instrumententests laufen fast komplett über Kopfhörer. © Jörg-Peter Klotz

Ressortleitung Stv. Kulturchef

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke