Mannheim. Die Fußballwelt ist eine Torte. Eigentlich gebacken aus den Zutaten Bratwurst, Bier und Fantum. Könnte man meinen. Der Journalist und Moderator Arnd Zeigler bewies im vollen Capitol in seiner über zweieinhalbstündigen Show aber anhand des Bildes einer Torte, dass sich die Fußballwelt im Lauf der Zeit – eher nicht so lecker verändert hat.
Das erste Foto zeigt, wie wir, die Fußballfans, früher den Fußball wahrgenommen haben: Biskuit, Sahne, Erdbeeren, niedliche Spielerfiguren und als Zierrat alle Bundesligawappen am Tortenrand aus Zuckerguss. Fußball eben, lecker, am besten zur Sportschau zu verzehren. Heute ist das anders. Die aktuelle Torte, zeigt Zeigler, schmücken Geldscheine und „Red Bull“-Werbung. Am Rand prominent das Wappen von Bayern München – KI generiert.
Ja, der Sport hat sich radikal verändert. Doch was soll’s. Die Liebe bleibt. Ist aber gefährdet, denn dieser Sport speist sich aus Verklärung, Erinnerung, Gemeinschaft und dem Grundprinzip: „Alles kann passieren in diesen zweimal 45 Minuten.“ Das ist das Mantra des Spiels und fußt darauf, dass Bangen und Hoffen immer noch ein sehr demokratischer Prozess sind.
„Wir lieben den Fußball nicht weil, sondern obwohl er so ist“
Insofern ist die Show „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“ mit dem schönen Programmtitel „Immer Glück ist Können“ – einer Aussage des ehemaligen Bundesligaspielers und Trainers Hermann Gerland – der liebevolle Appell, den ganzen von Geldgier, TV-Rechten und Korruption verseuchten Sport durchaus kritisch wahrzunehmen, aber sich die Liebe dennoch zu erhalten.
„Wir lieben den Fußball nicht weil, sondern obwohl er so ist“, erklärt der in Bremen geborene 60-jährige Zeigler, dessen kleine Fußballshow jeden Sonntagabend im WDR aus den Tiefen des Nachtprogramms empor krabbelt, mittlerweile bereits ab 22.15 Uhr live gesendet wird und sich in 18 Jahren eine große Fangemeinde erobert hat. Zeigler sendet live aus seiner Wohnung, hält satirisch, ironisch Fußball-Nachlese und präsentiert all die rhetorischen Irrsinnssprüche von Trainern, Spielern und Kommentatoren. Stilblüten zum Niederknien, die sich längst versendet hätten, wären da nicht das kleine Redaktionsteam und das unerschöpfliche WDR-Archiv, die den Zeitenwandel von Lattek bis Nagelsmann aufzeigen.
Auf der Bühne steht da auch der Nachbau des legendären, mit allerlei Fanutensilien bestückten TV-Schreibtischs, von dem aus Zeigler bis in die Niederungen der dritten Liga und Kreisklasse mittels Videoleinwand-Clips Skurriles und zum Brüllen Komisches zeigt. Zitate, wie Bobby Robsons Aussage „Ich sage nur zwei Worte zu dem Spiel: Nicht gut genug“, oder großartige Versprecher wie „Außenrastpiss“ statt „Außenrisspass“ hagelt es zuhauf.
Nostalgische Rückschau und Irres, wie der Einspieler einer Dampflok, die tatsächlich vor der Tribüne eines slowakischen drittklassigen Vereins planmäßig vorbeifährt, lösen sich ab mit der Aussage Jean-Paul Sartres, dass sich beim Fußball alles durch die Anwesenheit der gegnerischen Mannschaft verkompliziere, und beweisen die wahre Tiefe des Sportes.
„Wir alle glauben gelegentlich, dass wir den Job besser können als der Trainer“ fügt Zeigler in diesem herrlichen Kaleidoskop an, das den Sport zu keiner Sekunde verrät, sondern bewahren will. Shampoo, pardon, Chapeau, Herr Zeigler.
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