Mannheim. In Deutschland sind The Bros. Landreth noch eine Art Geheimtipp fürs breite Publikum. Dass das kanadische Brüderpaar David und Joey aus Winniepeg am 26. September für eine Headliner-Show zum Guitar Summit im Mannheimer Rosengarten eingeladen wurde, unterstreicht ihren Status unter Musikern und Experten. Dass sie vor dem Start ihrer USA-Tour dafür extra nach Deutschland fliegen, belegt den internationalen Stellenwert des Gitarrengipfels in der Quadratestadt. Das bestätigen die kanadischen Americana-Songwriter im Interview, die live vor allem auf ihr neues Album „Dog Ear“ setzen wollen. Es erscheint am 14. November 2025.
Die Herren, Sie treten am 27. beim Guitar Summit in Mannheim auf, der vielleicht größten Messe für Saiteninstrumente Europas mit Festival im Rosengarten. Das ist ein exklusives Vergnügen, denn The Bros. Landreth haben meines Wissens noch gar nicht so oft in Deutschland gespielt. Oder täusche ich mich?
Joey Landreth: Wir haben tatsächlich schon recht oft in Deutschland gespielt. Unsere Geschichte konzentriert sich aber auf bestimmte Städte – wir waren oft in Köln, Hamburg oder Berlin unterwegs. Aber in Mannheim treten wir jetzt zum allerersten Mal auf.
Also ist es für uns in Mannheim ein seltenes Vergnügen, Sie beim Guitar Summit zu erleben – direkt bevor Sie Ihre US-Tour mit dem neuen Album „Dog Ear“ starten. Das klingt recht aufwendig, nur für diesen einen Auftritt nach Deutschland zu reisen. Wie kam die Verbindung zum Guitar Summit zustande?
David Landreth: Das verdanken wir unserem fantastischen deutschen Promoter Kai Manke. Er hat uns schon seit Jahren davon vorgeschwärmt und uns fast dazu gedrängt, bei diesem Festival aufzutreten. Bisher hat es terminlich nie gepasst. Diesmal gab es endlich ein Zeitfenster. Kai hat uns immer wieder gesagt, dass das Guitar Summit ein wirklich wichtiges Festival ist, fast schon ein Schlüssel, um Deutschland „aufzuschließen“. Also haben wir die Gelegenheit genutzt – auch wenn es eine weite Reise ist, nur für ein Wochenende nach Deutschland zu kommen. Aber wir lieben es, dort zu sein.
Der Guitar Summit ist eines der größten Events seiner Art. Ist er auch in Nordamerika ein Begriff?
Joey Landreth: Ja, sein Ruf eilt ihm voraus. Ich habe in Nordamerika schon viele Trade-Shows gespielt, wo Hersteller ihr Equipment zeigen und Musiker auftreten. Aber alle, die über den Guitar Summit gesprochen haben, meinten: Er habe all das Gute solcher Messen – ohne die negativen Seiten. Ich freue mich sehr darauf, auch alte Freunde aus der Gitarrenszene wiederzutreffen, die man sonst selten sieht. Solche Festivals sind wie Familientreffen für uns Musiker.
Es gibt immer unglaubliche Instrumente, handgefertigte Gitarren, ausgefallene Plektren, teure Einzelstücke. Müssen Sie nach dem Wochenende einen Container mieten, um Ihre Neuerwerbungen mit nach Hause zu nehmen?
Joey Landreth (lacht): Nein, dafür fehlt mir das Geld. Da besteht keine Gefahr.
David Landreth: Und außerdem wäre meine Frau ziemlich sauer, wenn ich mit neuen Instrumenten nach Hause käme. Sie weiß genau, was bei mir an der Wand hängt – wenn plötzlich neue auftauchen, bekomme ich Ärger.
Sie sind vor allem Singer-Songwriter, spielen aber auch sehr virtuos Gitarre beziehungsweise Bass. Wie wichtig ist das Instrument für Ihre Kunst? Es wirkt, als stünde die Musik über dem Equipment.
Joey Landreth: Wir lieben unser Equipment, keine Frage. Wir sind richtige Gear-Nerds – fast wie ein Hobby im Beruf. Wir hatten auch schon große Pedalboards und riesige Setups, haben es aber auch wieder reduziert: Gitarre, Kabel, Amp – fertig. Am Ende braucht unsere Musik gar nicht so viel.
David Landreth: Aber natürlich hilft es, wenn man etwas in der Hand hat, das inspiriert. Wenn dich dein Instrument begeistert, kommt die Kunst schneller aus dir heraus.
Auf der neuen Platte haben Sie Unterstützung von Bonnie Raitt bekommen, die mit einem Bros-Landreth-Song schon mal einen Grammy gewonnen hat. Ist das für Sie noch immer eine besondere Ehre, mit einer solchen Ikone zu spielen? Oder gehört das unter Grammy-Gewinnern zum Alltag?
David Landreth: Oh, da ist überhaupt nichts Alltägliches dran! Bonnie Raitt ist eine unserer größten Heldinnen. Dass wir mit ihr in Kontakt stehen dürfen, ist schon surreal. Jedes Mal, wenn sie eine Nachricht schickt oder wir telefonieren, sind wir völlig überwältigt. Dass sie auf zwei unserer Songs mitsingt, ist ein unglaubliches Geschenk. Ich werde nie müde, das zu hören.
Konnten Sie zusammen im Studio aufnehmen?
David Landreth: Nein. Wir haben ihr das Album geschickt, einfach so – aus Dankbarkeit für ihre Unterstützung über die Jahre. Und gefragt, ob Sie etwas davon inspirieren würde, mitzusingen oder mitzuspielen. Dann meldete sie sich und meinte: „Ich liebe drei Songs, darf ich da mitsingen?“ Wir waren natürlich begeistert. Auch wenn es zeitlich nicht für drei Songs gereicht hat. Zwischen zwei Tourterminen hatte sie zwei Tage frei, ist ins Studio gegangen und hat ihre Parts aufgenommen. Das war einfach unfassbar.
Ihre Musik klingt für mich sehr nach US-Songwriter-Schule – John Hiatt, John Prine, Ry Cooder. Klassisch Americana also. Ich war ein wenig überrascht, dass Sie Kanadier sind. Zählt man damit in Kanada zu den Exoten?
Joey Landreth: Nein (lacht). Wir sind mit dieser Musik aufgewachsen – John Hiatt lief nonstop bei uns zu Hause, dazu Little Feat, Bonnie Raitt, Ry Cooder, David Lindley. Und diese Einflüsse hört man. Hätten wir nur Gordon Lightfoot gehört, würden wir vielleicht „kanadischer“ klingen. Aber so klingt unsere Musik nach dem, womit wir groß geworden sind.
Chris Stapleton hat Songwriter-Musik mit Country-Einschlag ins Pop-Universum gebracht. Spüren Sie, dass seit seinem weltweiten Erfolg auch mehr Leute neugierig auf Ihre Musik sind?
David Landreth: Absolut. Stapleton und Jason Isbell haben eine große Welle losgetreten, von der wir profitieren. Dazu gibt es eine lustige Geschichte: Stapletons erstes Album „Traveller“, das inzwischen in den USA siebenfachen Platinstatus hat, kam am selben Tag raus wie unser Debüt in den USA. Wir hatten Release-Shows in New York – nur einen Block voneinander entfernt! Wir hätten sogar einmal mit ihm Songs schreiben sollen, haben den Termin aber verpasst. Heute lachen wir darüber, aber er hat sicher viel für die Roots-Musik weltweit getan.
Joey Landreth: Und was ich an ihm liebe: Er füllt Stadien – und trotzdem spielt er ganz schlicht, nur mit einer Jazzmaster, einem kleinen Amp, Bass und Drums. Keine Pyrotechnik, keine Showeffekte. Nur Musik pur. Das beeindruckt mich enorm.
The Bros. Landreth beim Guitar Summit 2025
- Die Söhne des kanadischen Musikers Wally Landreth gründeten 2013 das Americana-Duo The Bros. Landreth. Beide singen, David spielt Bass, Joey Landreth Gitarre. Ihr Stil zwischen Folk, Rock, Blues und Country entspricht der großen US-Songwriting-Schule um John Hiatt, Ry Cooder, Bonnie Raitt oder Lyle Lovett.
- 2015 gewannen sie ihren ersten von zwei Juno Awards , dem kanadischen Gegenstück zum Grammy. Den gewann Bonnie Raitt 2023 mit einer Coverversion des The-Bros.-Landreth-Songs „Made Up My Mind“.
- Ihr viertes Album „Dog Ear“ erscheint am 14. November 2025 .
- Ihren ersten Live-Auftritt in Mannheim haben The Bros. Landreth am Freitag, 26. September, von 18 bis 19 Uhr als einer der Headliner auf der I’m-Sound Stage beim Guitar Summit. Am Samstag folgt von 14 bis 16 Uhr ein Masterclass-Kurs mit Joey Landreth, der vorab gebucht werden muss (119 Euro). Das komplette Musikprogramm findet sich unter guitarsummit.de.
- Der Guitar Summit läuft von 26. bis 28. September und füllt den kompletten Rosengarten mit Instrumenten- sowie Zubehörständen aus aller Welt, Konzert- und Probebühnen, Workshops oder Masterclass-Kursen. Die Drei-Tages-Karte kostet 79 Euro. Der Eintritt für Freitag oder Samstag beträgt 55 Euro, am Sonntag 33 Euro. Tageskarten für Kinder unter 14 Jahren sind deutlich reduziert. Mehr unterguitarsummit.de
Auch Ihr neues Album „Dog Ear“ klingt wieder sehr virtuos, aber auch reduziert und oft sehr entspannt, laid-back. Ist das die richtige „Temperatur“ für unsere aufgeregten Zeiten?
Joey Landreth: Schwer zu sagen. Es ist einfach die Musik, die aus uns herauskommt. Wir haben gar nicht den Drang, daran künstlich etwas zu verändern. Wenn das Menschen gerade Trost gibt – umso schöner.
David Landreth: Für uns sind Alben immer Momentaufnahmen unseres Lebens. Gerade sind wir Familienväter geworden, erleben Ruhe und Frieden in unserem Alltag. Das prägt die Songs. Wir wollten kein Statement zur Weltlage machen, sondern einfach ehrlich über unser Leben schreiben. Wenn das Menschen hilft, freut uns das sehr.
Bald startet Ihre US-Tour. Ist das inzwischen schwieriger geworden oder läuft für Kanadier alles normal im Grenzverkehr?
David Landreth: Ein paar Hürden gibt es bei Visa und Immigration, aber im Großen und Ganzen ist es wie immer. Wir finden, unsere Arbeit – Geschichten erzählen, Hoffnung verbreiten – ist wichtig. Und besonders unsere Freunde in den USA brauchen das gerade dringend. Also fahren wir so oft wie möglich hin, solange es sicher und machbar ist.
Wenn Donald Trump fabuliert, dass er Kanada gern in die USA aufnehmen würde: Klingt das in Ihren Ohren völlig absurd oder gar witzig? Aber vermutlich gibt es auch in Kanada Leute, die das gut fänden.
Joey Landreth: Es gibt sicher Menschen, die das gut fänden – besonders im Zuge des Rechtsrucks, den es auch bei uns gibt. Aber die überwältigende Mehrheit Kanadas will das nicht. Wir sind ein souveränes Land mit eigenen Problemen, klar – aber die Vorstellung, annektiert zu werden, finde ich nicht nur falsch, sondern gefährlich. Wenn Leute Scherze machen wie „Lebt ihr in Iglus und jagt Eisbären?“ kann ich lachen. Aber beim 51. Staat hört es für mich auf.
Wir sind alle mit amerikanischer Popkultur groß geworden. Trübt das, was gerade in den USA passiert – politisch und gesellschaftlich –, Ihren Blick auf Musik und Filme von dort?
David Landreth: Das ist eine großartige Frage. Ich finde, die Kunst entsteht oft „trotz“ all dieser Probleme, vielleicht sogar als Antwort darauf. Wir erleben gerade den Fall des großen amerikanischen Imperiums – und das zwingt uns, genauer hinzusehen, auch in Kanada. Politisch hat es uns sogar geholfen, eine fragwürdige konservative Regierung zu verhindern. Als Künstler bleibt unsere Mission: Wahrheit erzählen und Hoffnung verbreiten.
Joey Landreth: Und trotz allem darf man nicht vergessen: Die meisten Amerikaner sind gute Menschen. Wir haben viele Freunde dort – auch welche mit völlig anderer politischer Haltung. Man darf nicht alle über einen Kamm scheren. Klar, die Situation ist dramatisch, aber wir haben immer noch viel Liebe für unsere Nachbarn.
Zum Abschluss: Worauf darf sich der Guitar Summit bei Ihrem Auftritt in Mannheim freuen?
Joey Landreth: Wir werden viele Songs vom neuen Album spielen – auch wenn die Leute sie noch nicht kennen, macht es uns gerade wahnsinnig Spaß, sie live zu bringen. Natürlich spielen wir auch ein paar ältere Stücke. Aber im Mittelpunkt steht das neue Material.
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