Schlagerrock

Andreas Gabalier in Mannheim: Superstimmung mit Störgefühlen

Der „Volks-Rock’n’Roller“ Andreas Gabalier aus Österreich begeistert 10.000 Fans in der ausverkauften SAP Arena, trotz einiger leicht verstörender Ansagen.

Von 
Ute Maag
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„Ein Hulapalu auf uns“: Andreas Gabalier dreht in der ausverkauften Mannheimer SAP Arena voll auf. © Rudolf Uhrig

Mannheim. Der Mann spielt gerade seine „vierte große Tournee in Serie seit den Lockdown-Zeiten“, da kann man schon mal durcheinanderkommen. Vielleicht liegt es an der Dirndl-Dichte, die in der ausverkauften SAP Arena ähnlich hoch ist wie beim Münchner Oktoberfest, dass Andreas Gabalier sich bei der Begrüßung zu seiner „Ein Hulapalu auf uns“-Tournee verheddert und irgendwas von „Dirndl“ und „Wahnsinn“ und „Hulapalu“ stammelt. So ungefähr hieß die Tour, mit der er 2023 an gleicher Stelle gastierte. Der Steirer korrigiert den Lapsus so ehrlich wie charmant: Am Vorabend habe er sich in Hamburg bei der Eröffnung seiner 2025er-Herbstsession verausgabt. In Mannheim sei er mit Verspätung angekommen, „und jetzt weiß ich nicht mal mehr, wie unsere aktuelle Tour heißt.“

Was er aber weiß: 10.000 Fans aller Generationen sind nur wegen ihm gekommen. Sie jubeln frenetisch, als der 40-Jährige in Lederhose und Bergschuhen, die steirische Harmonika vor den imposanten Oberkörper geschnallt, zur Top-Gun-Hymne auf die Bühne marschiert, stimmen für ihn den Jodler aus seinem größten Hit „Hulapalu“ an und beweisen bei „Dahoam“ ihre Textsicherheit.

Mix aus Rock, Pop, Blues und Schlager klingt dann auch schon mal nach Wolfgang Petry oder Rammstein light

Daher wird Gabalier sich in 160 Minuten Nettospielzeit „auf gut Steirisch den Oarsch aufreißen“, dass der Schweiß in Strömen fließt. Die Erwartungen seiner Fans erfüllt er damit voll. Allerdings sind seine Ansprachen auch geeignet, das eine oder andere Störgefühl zu erzeugen.

In einer wilden Zeitreise spielen Andreas Gabalier und seine Band 23 Songs (inklusive vier Zugaben) aus seiner kompletten Karriere, die 2009 beim österreichischen „Grand Prix der Volksmusik“ begann. Seitdem mäandert der „Volks-Rock’n’Roller“ munter zwischen den Genres. Der volkstümelnde Mix aus Rock, Pop, Blues und Schlager klingt dann auch schon mal nach Wolfgang Petry oder Rammstein light.

Sperrt die Ohren auf für Volkes Stimme: Andreas Gabalier. © Rudolf Uhrig

In Mannheim sind zunächst jüngere Stücke zu hören: Für „Verdammt lang her“ greift er zur E-Gitarre und lässt „Meine Liebe bleibt“ folgen, das so neu ist, dass statt Alpengipfeln und Kinderfotos die Liedzeilen an die Bühnenrückwand projiziert werden. So können alle mitsingen – aber zur Erheiterung des Künstlers kriegt halt auch jeder mit, dass Gabalier selbst den Text versemmelt: „Hier ist alles live, Ladys and Gentleman!“

Volksnahe Interaktion mit dem Publikum und Blick auf die Kinder vor der Bühne

Stark ist seine Interaktion mit dem Publikum. Den „Monnem“-Ruf hat er drauf, und unzählige Male dankt er den Leuten: fürs Kommen, fürs Klatschen, fürs Mitsingen, für ihre Treue, für die Emotion und Liebe, die er spüre – und die er sichtlich genießt. Vom Steg aus, der von der Bühne weit in den Innenraum der Arena hineinragt, sieht er kleine Kinder und bittet fürsorglich, sie doch in den Graben zu heben, „damit’s kaane Angst haben müssen“. Immer wieder lädt er die Arena zu Schunkelrunden ein, lässt dosiert die Hüften kreisen, und als er zwischendurch eine „eisgekühlte Hopfenkaltschale“ verlangt, ist die Bierzeltatmosphäre perfekt: Tausende Kehlen wünschen „ein Prosit der Gemütlichkeit“.

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Allzu viel Neues hat Andreas Gabalier seinem Repertoire seit dem letzten Album 2022 nicht mehr hinzugefügt. Nach seiner aktuellen Single „Jukeboxblues“ und dem 2023 veröffentlichten „Superstar“ nimmt er seine Fans daher mit zurück ins Jahr 2016, als „die Bildschirme noch tiefer als breit waren“ und er – als erster Österreicher – ein „MTV-Unplugged“-Konzert spielen durfte. „12 Ender Hirsch“ und „Bergbauernbuam“ erklingen „handgemacht“ mit akustischen Gitarren, Piano und Cello. Kein Zweifel: Er ist ein sehr guter Musikant, auch wenn viele seiner Texte vor Kitsch und Pathos nur so triefen und sein erzkonservatives – Kritiker sagen auch: reaktionäres – Weltbild offenbaren.

Gabalier hat „a Meinung“ zum „Wegsperren und Impfen“

Er wolle die Leute mitnehmen in seine „Volks-Rock’n’Roller-Märchenwelt“, sie ablenken von ihrem Alltag in „spannenden, fordernden Zeiten“, ihnen „Lebensfreude schenken“ sagt er. Aber warum um alles in der Welt konfrontiert er sie in seinen Ansagen dann immer wieder mit diesem Alltag? Der Abend zeige, dass die Leute „sich nicht alle wegsperren lassen, sich nicht alle impfen lassen“, sagt er schon früh am Abend ohne jeden Kontext. Ein Test? Dass er „in den letzten Jahren viel Gegenwind bekommen habe“ weil er „halt nicht der Allerkorrekteste“ sei, erklärt er, bevor er „A Meinung ham“ anstimmt, während einzelne Liedzeilen als vermeintliche Schlagzeilen über der Bühne flimmern.

Zur Person

  • Andreas Gabalier, 1984 geboren und in Graz aufgewachsen , gelang 2009 der Durchbruch als Volksmusiker in Österreich.
  • Auftritte in der „Carmen Nebel-Show“ 2011 und die Teilnahme an Xavier Naidoos „Sing meinen Song - das Tauschkonzert“ 2014 machten ihn einem größeren Publikum in Deutschland bekannt.
  • 2017 füllte er den Hockenheimring mit 80.000 Zuschauern , in der SAP Arena gastierte er nun zum vierten Mal.
  • Liedtexte und Aussagen des Musikers lösten wiederholt Kontrovers en aus. Sein konservatives Weltbild ist unstrittig. Vorwürfe, er sei queerfeindlich und sympathisiere mit Rechtspopulisten, weist Gabalier zurück. uma

Nach allzu viel Distanz zum Mantra der Rechtspopulisten, „Man darf ja nix mehr sagen“, klingt das nicht, aber das Bad im Applaus tut halt gut, als er sagt: „Ich freue mich, dass ihr euch eine eigene Meinung gebildet habt.“ Die Leute mögen ihn: Bei den Zugaben „Hulapalu“ und „I sing a Liad für di“ kocht der Saal.

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