Kunst

„Against the Grain“: Mwangi Hutter im Heidelberger Kunstverein

Das Künstlerpaar Mwangi Hutter eröffnet im Heidelberger Kunstverein die Ausstellung „Against the Grain“ im Rahmen des Festivals „Wunder Prärie“ des Zeitraumexit.

Von 
Susanne Kaeppele
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Teil der Ausstellung „Against the Grain“ von Mwangi Hutter. © Mwangi Hutter

Heidelberg. Die Menschenmenge der Vernissage bahnt sich ihren Weg zu einem Erdhaufen in der Halle, auf dem auszementierte Gummistiefel liegen. Am Gipfel des Hügels steht ein junger Mann, der sich an der liegenden Gestalt auf der Spitze des Hügels zu schaffen macht. Die lebende Figur wird von einer dunklen Decke verhüllt, aus der sie der Protagonist herausschneidet. Darunter ist ein weißes Tuch erkennbar, das uns an ein Leichentuch erinnert, vor allem, weil es auch den Kopf verhüllt. Der Körper wird unseren Blicken entzogen und im Laufe der Performance mit Goldfarbe bestrichen. Ein Tuch wird um den großen Ast gewickelt, der dann auf dem Erdhügel eingegraben wird. Alles sehr rätselhaft und poetisch!

Das Geschehen „Against the Grain“ (auf Deutsch: gegen den Strich) ist performativ, ruhig und friedlich angelegt, aber ein leicht bedrohlicher, ungeklärter Ton schwebt über dem ganzen Ereignis. Das international erfolgreiche Künstlerpaar aus Ludwigshafen und Kenia Mwangi Hutter agiert hier als zu einer Identität verschmolzen. Ob auf der Biennale von Venedig, der Documenta (Kassel, beides 2017), der Whitechapel Gallery (London), Johannesburg Art Gallery, Bienal de São Paulo, Centre Pompidou (Paris) oder dem Brooklyn Museum New York, sie waren fast überall auf der Welt. Mit ihrer unnachahmlichen Kombination aus Video, Fotografie, Malerei, Installation, Performance, Sound und Skulptur haben sie sich weltweit einen Namen gemacht.

Künstlerisches Spiel mit Bedrohung und Freiheit

Hier wird die Performance bestimmt von absoluter Rätselhaftigkeit, aber auch Bedrohung durch den Sound, und durch die vorherrschenden Farbtöne Schwarz, Weiß und Gold. Im Untergeschoss erwartet uns eine ganz andere Arbeit. Außer den Überbleibseln der Performance, zu denen auch ein Stab mit goldener Fahne gehört, erwarten uns noch zwei weitere Arbeiten: Im Gartengeschoss, das immer auch den Außenraum mit einbezieht, wirkt ein bewegliches Ensemble auf uns: Auf schwarzem Sand stehen Worte, die einfach in den Boden geschrieben sind wie „here“, „there“, „home“, „homeless“ oder „infinite“. Das „in“ von „infinite“ wurde ausgeixt und über allem schwebt ein großer Ast, in mehreren Farben bemalt, nämlich Schwarz, Weiß und Gold. Das ganz Unglaubliche ist die Bewegung des Astes, der ganz klar die Bestimmung der Kunstwerke offenbart. Denn nur wenn wir beweglich und offen sind, erschließen sich uns die Werke und werden in ihrer Intensität leuchten.

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Zum Schluss gibt es noch ein Video von 2011 mit dem Titel „Reviving The Fittest“ (auf Deutsch: Wiederbeleben): Wieder bedrohlich über das Aufstellen von großen Ästen im Wald, die Bewegung, also alles in allem eine partizipative, politisch-offene Kunst, die die Freiheit befördern will. Hier sind es Kinder, die die gleiche Bewegung machen wie zu Beginn der Performance, das Aufrichten eines Baumes. Die vier Kinder sind alle in Tarnfarben gekleidet, sprich hier ist erneut das Thema Krieg angesprochen und erneut wirkt alles sehr bedrohlich durch den unklaren Sound. Generell finden die beiden Künstler Mwangi Hutter Performance als das herausforderndste Medium, das sie nutzen. Unbedingt anschauen, wenn auch der performative Charakter nicht mehr besteht.

Info: Heidelberger Kunstverein, Hauptstr. 97, bis 5. Okt., Di.–So. 11–18 Uhr.

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