So lief das Jubiläumskonzert

1000 Fans feiern 30 Jahre Söhne Mannheims mal laut, mal ergriffen

Bei der ausverkauften Jubiläumsshow in der Alten Feuerwache mit Henning Wehland und Tamara Perez kommen die neuen Songs ähnlich gut an wie die alten Hits.

Von 
Jörg-Peter Klotz
Lesedauer: 
Vielstimmige Band feiert 30 Jahre Söhne Mannheims mit (v.l.) Karim Amun, Dominic Sanz, Michael Klimas und Edward MacLean. © Markus Proßwitz / masterpress

Mannheim. 30 Jahre mit sehr vielen Höhen, aber auch ein paar Tiefen – und sie klingen noch ziemlich unverbraucht. Die Söhne Mannheims starten mit der aktuellen Besetzung in ihr Jubiläumskonzert – und dem ersten zählbaren Hit der Bandgeschichte, die rockige Powerballade „Geh davon aus“ (2000). Die wird beim Heimspiel in der seit Monaten ausverkauften Alten Feuerwache, übrigens eine Premiere für die langjährigen Stammgäste in Capitol und SAP Arena, euphorisch begrüßt und inbrünstig mitgesungen. Das geht gut los. Weniger gut, aber für die Jahreszeit unvermeidlich: Laith Al-Deen muss krankheitsbedingt seinen geplanten Gastauftritt kurzfristig absagen. Das tut der Euphorie im Saal aber keinen Abbruch.

Mit „Vielleicht“ folgt sofort noch ein Klassiker aus der Söhne-Hitparade, der dazu beitrug, dass die Band vor rund 20 Jahren zur erfolgreichsten der Republik aufstieg. Und dessen Text immer noch erschreckend aktuell klingt. Danach komplettiert sich das aktuelle Tentett mit Rapper Metaphysics und Songwriter Giuseppe„Gastone“ Porrello, dessen sozialkritischer Song „Moral“ ebenfalls direkt nach der Lektüre der aktuellen Samstagzeitung entstanden sein könnte. Trotzdem herrscht wie immer bei Söhne-Konzerten eine harmonisch-liebevolle Atmosphäre, das war ja selbst beim Tourstart 2017 im benachbarten Capitol so, als ein Proteststurm um das Lied „Marionetten“ tobte.

Mikis Fontagnier dreht beim Konzert ein Video zur aktuellen Single „Heimweg“

Da war Sänger und Hauptmoderator Karim Amun noch nicht Teil der Band. Er genießt sein bisher größtes Heimspiel mit den Söhnen sichtlich. „Ooh, ist das schön. Vielen Dank, dass Ihr da seid. Ohne euch gebe es kein uns … vielen Dank für eure Treue“, ruft der Heidelberger den Fans zu. Die Band habe sich bemüht, sogar geprobt und Lieder ausgesucht, die man nicht alle unbedingt spielen müsse. „Trotzdem sind es ja ungefähr 50“, sagt Amun lachend – und staunt über das Ausmaß des Jubels.

Mehr zum Thema

Listicle

30 Jahre Söhne Mannheims: Zehn zentrale Momente der Bandgeschichte

Veröffentlicht
Von
Jörg-Peter Klotz
Mehr erfahren
Konzert

So groovt das Söhne Mannheims Jazz Department im Schatzkistl

Veröffentlicht
Von
Jörg-Peter Klotz
Mehr erfahren

Die beste Botschaft für die Band: Die Songs aus der Ära nach Xavier Naidoo funktionieren inzwischen ähnlich gut wie die Hits: Egal, ob „Moral“, „Am anderen Ende der Welt“ oder die aktuelle Single „Heimweg“ mit Michael Klimas und Dominic Sanz in den gesanglichen Hauptrollen. Regisseur Mikis Fontagnier dreht dazu beim Konzert das Video. Viele Songs werden mit Bläsern innovativ aufgewertet – kein Wunder, mit dem Tausendsassa Julian Maier-Hauff und Joe Reinhuber sind da zwei hochkarätige Jazzer aus Mannheim mit am Start. Beide bringen im Lauf der Show erstaunlich passgenau neue Klangfarben in den im Prinzip für alle Stilistiken offenen Söhne-Sound.

Denn schon mit den Vokalisten sind weiterhin fast alle Genres abgedeckt: Amun bringt Soul ein, Michael Klimas kommt aus dem Rock, Dominic Sanz vom Pop, Metaphysics vom Rap, Giovanni „Gastone“ Porrello bringt eine raue Liedermacher-Attitüde ein und – immer wieder verblüffend – ersetzt eindrucksvoll den Reggae-Appeal des Jamaikaners Marlon B.

30 Jahre Söhne Mannheims mit (v.l.) Kosho, Ralf Gustke, Karim Amun, Dominic Sanz, Edward Maclean (verdeckt), Joe Reinhuber, Michael Klimas, Florian Sitzmann (verdeckt), Julian-Maier-Hauff und Giuseppe Porrello. © Markus Proßwitz / masterpress

Die fünf Instrumentalisten sind sowieso mit allen musikalischen Wassern gewaschen: Ralf Gustke ist einer der besten und vielfältigsten Drummer seiner Generation. Es gibt wohl keinen Stil, den er noch nicht gespielt hat – das gilt genauso für Gitarrist Michael „Kosho“ Koschorreck und Popakademie-Professor Florian Sitzmann am Keyboard. Bassist Edward MacLean hält sich zwar im Hintergrund, ist aber als musikalischer Direktor für das nahezu makellos kompakte Zusammenspiel verantwortlich. Was nicht selbstverständlich ist, denn inzwischen leben viele Bandmitglieder verstreut zwischen Berlin und Wien. Regelmäßiges Proben ist also eine Wunschvorstellung. Schon erstaunlich, wie nahtlos sich Gitarren-Neuzugang Thilo Zirr unter diesen Umständen integriert.

„Fragmente“ hat die Millionen-Marke bei Spotify übersprungen

Auch potenzielle Töchter Mannheims fühlen sich dabei wohl: „Wenn wir eine Sängerin suchen würden, dann wäre sie es“, führt Klimas Tamara Perez ein. Mit der Schweizerin hat die Band im September die 2023er-Single „Fragmente“ noch einmal als Piano-Variante veröffentlicht. Addiert man beide Versionen, ist dies inzwischen das erste Lied der „neuen Söhne“, das auf Spotify die Millionen-Klick-Marke übertroffen hat. Bei „Zurück zu dir“ rückt die stimmgewaltige Frontfrau ins Chor-Glied. Das wirft ein Schlaglicht auf die größte Stärke dieser Band: Exzellente Stimmen und Instrumentalisten stellen sich immer wieder in den Dienst der Songs. Aber alle können auch bei Bedarf voll aufdrehen – wie Amun bei „Zurück zu dir“. „Deine Waffe ist die Liebe“ verbindet der Heidelberger mit einer sympathischen pazifistischen Botschaft. Der Song wird mit dem von den Fans heftig mitgesungenen druckvollen Schlussteil der Höhepunkt der ersten Stunde.

30 Jahre Söhne Mannheims - das Programm

Hauptteil

1. Geh davon aus (2000)

2. Vielleicht (2004)

3. Moral (2020)

4. Am anderen Ende der Welt (2021)

5. Heimweg (2025)

6. Fragmente mit Tamara Perez (2023/2025)

7. Zurück Zu Dir (2004)

8. Deine Waffe ist die Liebe (2014)

9. Wir leben im Jetzt (2017)

10. New Fire (2023)

11. Lieder drüber singen (2008) + horns

12. Volle Kraft voraus (2000)

13. Freiheit (2011)

14. All Right Now (2025)

15. Power Of The Sound / Meine Stadt (2000)

16. Und wenn ein Lied (2004)

17. Dein Leben (2004, mit Perez)

Zugabe

18. Das hat die Welt noch nicht gesehen mit Hennig Wehland (2009)

19. Wir wehr‘n uns (mit Wehland, 2009)

20. Miracle (2020)

21. Mut (2022)

Das nächste Glanzlicht ist die bandinterne Aufbruchshymne „New Fire“, das Schlagzeuger Ralf Gustke in ein energetisches Feuerwerk verwandelt. „Einige von euch sind länger dabei als wir“, bringt Klimas, der immerhin auf 21 Jahre zurückblicken kann, ein Kuriosum auf den Punkt. Tatsächlich ist ein Gründungsmitglied aus dem Jahr 1995 wie Popakademie-Chef Michael Herberger nur im Publikum vertreten. Gustke, Kosho, Sitzmann und Metaphysics waren immerhin Teil der Erfolgsformation, die ab 1999 zusammenfand.

Laith Al-Deen muss Gastauftritt krankheitsbedingt absagen

Aus dieser Zeit stammt das immer noch bewegende Stahlhofen/Naidoo-Duett „Volle Kraft voraus“. Das war eigentlich mit Laith Al-Deen geplant. Aber der könne nicht mal sprechen, sagt Amun – und nimmt ein lautstarkes „Gute Besserung, Laith!“ vom Publikum mit dem Smartphone auf. Die Version mit ihm in der stimmgewaltigen Rolle und Klimas für den sensibel-rauen Part ist aber auch sehr reizvoll.

Teilweise lauschen die Fans ergriffen, etwa wenn Metaphysics rappt. © Markus Proßwitz / masterpress

Nach „Freiheit“ erinnert Metaphysics an die verstorbenen Bandmitglieder Robbee Mariano und Billy Davis. Das ist die perfekte Überleitung zu „All Right Now“, der von ihm geschriebenen Jubiläumsnummer über 30 Jahre Söhne Mannheims. Jetzt geht es in die Partyphase: „Power Of The Sound“ – inklusive der gewaltigen Chöre und Fitnesseinlagen wie einst im Mai 2000. Bei der darin eingebetteten Lokalhymne „Meine Stadt“ gehen – auch ohne die autobiografischen Strophen von Xavier Naidoo und Claus Eisenmann – viele Handys hoch und der Publikumschor fühlt sich so laut an wie vor zehn Jahren vor dem Mannheimer Schloss. Dann kündigt Gastone „UWE L“ an – die populärste Ballade der Söhne: „Und wenn ein Lied“. Der Frankfurter gesteht: „Ich hätte nie gedacht, dass ich dieses Lied mal singen würde. Es ist mir eine Ehre.“ Im Zusammenspiel mit den ergriffenen Fans gelingt ihm das mit seiner charaktervollen Stimme ähnlich gut wie seinen prominenten Vorgängern. Den stimmgewaltigen zweiten Part übernimmt Dominic Sanz – auch das ist eine sehr reizvolle Kombination.

Die Stimmung in der vollgepackten Alten Feuerwache kann den Söhnen Mannheims Mut machen. © Markus Proßwitz / masterpress

Eine bläsergetriebene Version von „Dein Leben“ wird Schluss- und Höhepunkt des Hauptteils mit ausführlicher Bandvorstellung. In der Zugabe kündigt Sanz einen besonderen Mitsänger an – nicht wenige denken da wohl an Xavier Naidoo. Aber der ist weder eingeplant, noch gibt er an diesem Abend seinem Hang zu Überraschungsauftritten nach. Der Nummer-eins-Hit „Das hat die Welt noch nicht gesehen“ entfaltet trotzdem die gewohnte Wirkung, mit Handy-Lichtern und Armen in der Luft – und H-Blockx-Frontmann Henning Wehland, langjähriges Söhne-Mitglied, wird auch frenetisch bejubelt. Mit dem tanzbaren „Miracle“ und der sinnig gewählten Schlussnummer „Mut“ geht die Jubiläumsshow nach fast zweieinhalb Stunden zu Ende.

Thorsten Riehle: „Mannheim sollte wieder stolz sein auf diese Söhne“

Das Lied passt mit Zeilen wie „Ich such’ dich und du suchst mich / Wenn Freunde sich im Hass und Streit verlier′n / Wir machen uns Mut / Auch wenn die Welt sich nicht mehr dreht / Alles wird gut / Wir werden diesen Sturm übersteh’n“ nicht nur gut in die mitunter mutlose Zeit, sondern auch zur Situation der Band. „Mannheim sollte wieder stolz sein auf diese Söhne“, bilanziert der zwischenzeitlich von der Band auch etwas entfremdete Kulturbürgermeister und Ex-Capitol-Chef Thorsten Riehle schon während des Konzerts. So wie die 1000 Fans den Auftritt gefeiert haben, kann man darauf aufbauen. Und das 40. Jubiläum vielleicht wieder mit Open Airs am Schloss feiern. Gefeiert wird nach dem Konzert auch noch – mit Musik von der Heidelberger DJ-Institution Boulevard Bou und den Söhnen, die bis fast 1 Uhr für Austausch mit den Fans und Autogramme zur Verfügung stehen.

Ressortleitung Stv. Kulturchef

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke