Punkt 1 von 2 Winter 1995: Xavier Naidoos Idee
Die Idee zu den Söhnen Mannheims kommt Xavier Naidoo , geboren 1971 in Mannheim, zu seiner Zeit als Musical-Darsteller, noch vor seinem großen Durchbruch als Solokünstler: „Im Winter 1995, nach einer Aufführung des Musicals , Human Pacific‘, spürte ich, dass ich meinem Freundeskreis, der sich fast vollständig neu aufgebaut hatte, einen Namen geben musste: Söhne Mannheims. Wir waren sieben: Uli Wittemann, Claus Eisenmann, Billy Davis, Michael Herberger, Ingo Landeck, Tobias Fouquet und ich“, schreibt er Naidoo um die Jahrtausendwende auf der Homepage der Band.
Nach langem Zögern habe er diesem Sextett von seiner Vision erzählt, in der Mannheim als neues Jerusalem auftaucht. „Sie waren offen genug, mir zuzuhören, jeder aus seinem eigenen Grund, aber sie horchten auf, als es um unsere Stadt ging (…), und sie fingen an zu grübeln“, so Naidoo. Nach monatelangen Diskussionen voller Zweifel seien sie gewachsen „im Glauben an uns selbst, im Glauben an diese Stadt, diesen Plan und daran, dass es einen einzigartigen Schöpfer geben muss, der die Letzten zu Ersten macht. Wir waren Arbeitslose, Faulenzer, Kiffer - eben nichts Rühmliches in den Augen dieser Gesellschaft. Und ausgerechnet wir erfuhren es als Erste..“
Aber es kam auch zu musikalischen Aktivitäten zwischen Pop und Hip-Hop - im Kellerstudio von Sänger Claus Eisenmann, geboren 1967, sowie in der Küche des späteren Bandleaders und heutigen Popakademie-Direktors Michael Herberger (Jahrgang 1971). 1997 entstanden in einem Studio in Reilingen die ersten Demos , eine unveröffentlichte Single namens „Kwadrate“, und es gab erste kleine Live-Auftritte der siebenköpfigen Urbesetzung vor dem Mannheimer Eisstadion und in Planckstadt.
Punkt 1 von 2 13. Mai 1999: Der erste Liveauftritt
Ernst wird es 1999, als Xavier Naidoo mit seinem von Moses Pelham beim Frankfurter Label 3P produzierten Nummer-eins-Debütalbum „Nicht von dieser Welt“ schon ein bundesweiter Star ist – aber Naidoo zieht es vor, danach seine Band Söhne Mannheims zu forcieren. Im Kangaroo-Studio von Edo und Vilko Zanki beginnt im Frühjahr die Arbeit am ersten Album „Zion“.
Kurz danach kommt eine spontane Anfrage von der Hilfsorganisation Help! für einen Auftritt am 13. Mai 1999 bei einem Benefizfestival im Rosengarten zugunsten des vom Bürgerkrieg gezeichneten Kosovo . Dabei waren aus der Urformation Naidoo, Herberger als Keyboarder, DJ Billy Davis (1972-2024, Los Angeles) und Eisenmann. Dazu stößt mehr oder weniger gut vorbereitet eine All-Star-Auswahl an Musikern aus der Region: die Schlagzeuger Ralf Gustke, geboren 1964 in Heidelberg, und Bernd Herrmann (1965, Mannheim), Bassist Robbee Mariano (1971-2018, Elmshorn), die Gitarristen Andreas Bayless (1969, Berlin) und Michael „Kosho“ Koschorreck (1962, Heilbronn). Keyboarder Florian Sitzmann (1965, Karlsruhe) und Sänger Rolf Stahlhofen (1969, Nabburg).
Die musikalisch wie visuell vielfältige Band war laut Naidoo/Herberger von Anfang an als offenes Projekt gedacht , dass auch ohne die beiden Chefs funktionieren sollte… also zählten zeitweise über 20 Leute zum Aufgebot, darunter auch Edo Zanki oder R&B-Sänger J-Luv.
Dieses frühe offizielle Bandfoto zeigt (oben von links): Kosho (Gitarre), Claus Eisenmann (Gesang), Xavier Naidoo (Gesang), Tino Oac (1967, Gesang) Uwe Banton-Schäfer (Reggae-Gesang), Bernd Herrmann (Drums), Robbee Mariano (Bass), Florian Sitzmann (Keyboards). Mitte von links: Ralf Gustke (Drums), Michael Herberger (Keyboards), Andreas Bayless (Gitarre). Unten von links: Rolf Stahlhofen (Gesang), Billy Davis (DJ), Jah-Meek (Rap), Patrick Caputula (Rap) und Marlon B. (Raggamuffin-Rap/Gesang, 1966 Jamaika). Es fehlt der bis heute aktive Rapper Metaphysics (1973, Harare).
Punkt 1 von 2 27. Februar 2000: Das erste offizielle Konzert
Naidoos Textzeile „Söhne, so weit das Auge sieht“ aus dem Solo-Hit „20.000 Meilen“ nimmt weiter Formen an: Die offizielle Konzertpremiere geht am 27. Februar 2000 in der Alten Mälzerei im nordbadischen Mosbach über die Bühne – mit „nur“ noch 17 Musikern und sehr vielen spontanen Einlagen zwischen Rap, Rock, Soul, Hip-Hop und Reggae.
„Es ist wirklich nicht so einfach, diesen Mückenschwarm unter einen Hut zu kriegen“, sagte der Musikalische Direktor Herberger danach. Kurz darauf erscheint am 1. März 2000 die erste Single „Wir haben euch noch nichts getan“. Die schlug zwar nicht sonderlich ein, auch die Tour war nicht zwangsläufig gut besucht. Aber, so Herberger: „Die Tour war für die Band einfach extrem wichtig. Die Leute haben sich kennengelernt und eingespielt.“
Punkt 1 von 2 28. Oktober 2000: Beginn des Rechtsstreits mit Moses Pelham
Hinter den Kulissen schwelt da schon lange ein juristischer Konflikt, der ab 28. Oktober 2000 mit großer Medienresonanz offen am Mannheimer Landgericht ausgetragen wird : 3p-Chef Moses Pelham pocht auf einen vermeintlich exklusiven Künstlervertrag mit Naidoo (rechts, links neben ihm Ingo Landeck). Die 1997 geschlossene Vereinbarung über fünf Jahre enthält allerdings eine Klausel, die dem Sänger Veröffentlichungen mit den Söhnen Mannheim erlaubt – „im Eigenvertrieb“.
Was damit gemeint ist, daran scheiden sich die Geister: Pelham denkt an CD-Verkäufe aus dem Kofferraum, Naidoo gründet anfangs , zunächst in Mannheim-Käfertal, eine eigene Firma namens Söhne Mannheims. Deswegen kann die dazugehörige Band lange nicht offensiv mit ihrem prominenten Zugpferd werben, und die Veröffentlichung von „Zion“ muss mehrfach verschoben werden. Pelham verliert nach jahrelangem Rechtsstreitigkeiten letztlich in allen Instanzen, am Ende sogar 2005 vor dem Bundesverfassungsgericht.
Punkt 1 von 2 27. November 2000: Das erste Album „Zion“ startet durch
Dass die Söhne Mannheims kein Hobby- oder Kofferraum-Projekt sind, zeigt der Erfolg ihres Debütalbums „Zion“. Mundpropaganda von Fan zu Fan, meist Naidoo-Anhänger, und Presseberichte von der ersten Tournee, Festivalauftritten wie bei Rock am Ring und im Vorprogramm von U2 in den großen Arenen heizen die Vorfreude auf Veröffentlichungen an: Die rockige zweite Single „Geh davon aus“ erreicht im Oktober Platz zwei der Charts. Am 27. November 2000 erscheint das Debütalbum „Zion“. Weit über 150.000 Vorbestellungen garantieren schon vor Erscheinen eine Goldene Schallplatte und eine Woche später Platz vier der Charts.
Punkt 1 von 2 20. September 2005: Erfolgreichste deutsche Band des Jahres
Ab 2002 kann Xavier Naidoo seine Solokarriere wieder vorantreiben, die Söhne pausieren. So entspinnt sich ein höchst erfolgreiches Wechselspiel zwischen Phasen als Solist und als Bandmitglied. Denn das am 13. Juni 2004 veröffentlichte zweite Album „Noiz“ wird mit Hits wie „Vielleicht“ und vor allem dem Naidoo/Eisenmann-Duett „Und wenn ein Lied“ zum erfolgreichsten Werk der Bandgeschichte: Platz eins, Dreifach-Platin, mehr als 700.000 verkaufte Exemplare, Spitzenreiter der Jahrescharts 2005 (!), gefolgt am 20. September 2005 vom Echo für die erfolgreichste Band Rock/Pop nationa l.
Punkt 1 von 2 2. Juli 2008: „Wettsingen in Schwetzingen“ - Ritterschlag durch „MTV Unplugged“
Nachdem Xavier Naidoo 2006 mit dem Hit „Dieser Weg“ den Soundtrack zum Sommermärchen rund um die Fußball-WM in Deutschland gelungen ist, inklusive Feier mit der Nationalelf am Brandenburger Tor, führt er die beiden Karrierestränge für einen weiteren „Ritterschlag“ zusammen: Naidoo solo und die Söhne Mannheims spielen am 2. Juli 2008 ein Doppel-Konzert im Rahmen der renommierten TV-Reihe „MTV Unplugged“ mit dem Titel „Wettsingen in Schwetzingen“ . Als Doppelalbum erreicht die Show erneut die Spitzenposition der Albumcharts. Das vorab ausgekoppelte „Das hat die Welt noch nicht gesehen“ wird der erste und einzige Nummer-eins-Hit der Söhne. Danach lässt der Erfolg langsam nach.
Prägende Mitglieder wie Rolf Stahlhofen, Claus Eisenmann, Robbee Mariano oder Ralf Gustke verlassen im Lauf der Jahre mehr oder weniger geräuschlos die Band – zumindest zeitweise. Auch Naidoo und Herberger nehmen ab 2011eine Auszeit , um sich auf andere Projekte zu konzentrieren – u.a. das Debüt der Castingshow „The Voice Of Germany“ in Deutschland. Von den Talenten der ersten Staffel stößt Dominic Sanz zu den Söhnen Seeed-Bassist Edward McLean wird Bandleader. Popakademiker Jonny König ersetzt Ralf Gustke am Schlagzeug. Mit „ElyZion“, dem ersten Album ohne Naidoo, können die Söhne nicht an frühere Erfolge anknüpfen.
Punkt 1 von 2 10./11.Juli 2015: Zwei Open Airs am Schloss zum 20. Jubiläum
Ein freudiger Anlass führt alle wieder zusammen: Um „20 Jahre Söhne Mannheims“ zu feiern, gibt es am 10. und 11. Juli 2015 zwei ausverkaufte Open Airs im Ehrenhof des Schlosses mit jeweils 14.000 Fans und Gästen wie Uwe Ochsenknecht oder Bülent Ceylan. Die stimmungsvollen Konzerte werden damals nur leicht überschattet von den zunehmenden politischen Kontroversen um Xavier Naidoo, der am 3. Oktober in Berlin bei Demonstrationen aus dem sehr rechten Spektrum auf die Bühne gegangen ist.
Punkt 1 von 2 21. April 2017: Der Skandal-Song „Marionetten“ erscheint
Die Veröffentlichung des sechsten Studioalbums „MannHeim“ im April 2017 hat den Tiefpunkt der Geschichte der Band zur Folge: Xavier Naidoos politikerfeindlicher, verschwörungstheoretisch aufgeladener Text im Lied „Marionetten“ löst einen bundesweiten Skandal aus . Die Kritik kommt aus einem Spektrum von der Jüdischen Gemeinde Mannheim bis zu Kanzleramtsminister Peter Altmeier und Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth.
Sie kritisiert Naidoos „plumpen und gewaltverherrlichenden Pegida-Sprech über vermeintlich ferngesteuerte Volksvertreter“. TV-Satiriker Jan Böhmermann sendet eine vernichtende Video-Parodie, in der er geldgierige „Hurensöhne Mannheims“ für das fiktive Album „Death To Israel“ werben lässt. Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz (im Bild rechts) stellt der Band eine Art Ultimatum, sich von der Vereinnahmung durch Extremisten zu distanzieren.
Es kommt am 8. Mai 2017 zu einem Krisengipfel im Collini-Center , wo die Beteiligten ohne Kontakt zur Öffentlichkeit vorfahren (Bild) und kontrovers diskutieren. Die Söhne, die schon in Israel aufgetreten sind und 2001 mit Udo Lindenberg „Rock gegen rechts“-Konzerte in Ostdeutschland gespielt haben, distanzieren sich von Rassismus und Antisemitismus. Sie beharren aber auch auf Kunstfreiheit und solidarisieren sich mit ihrem Frontmann. 2018 verlassen die inzwischen ehemaligen Freunde Naidoo und Herberger die Söhne, Billy Davis folgt 2020.
Punkt 1 von 2 25. Dezember 2019: Neuanfang
Der Beginn des Neustarts erfolgt wieder im Rosengarten: Immerhin 900 Zuschauerinnen und Zuschauer erleben bei einem kurzfristig angesetzten Benefizkonzert am ersten Weihnachtsfeiertag 2019 eine neue, kleinere Söhne-Mannheims-Formation. Bei der überzeugen Gastsänger wie der Frankfurter Songwriter Giuseppe „Gastone“ Porrello und vor allem der Heidelberger Karim Amun derart, dass sich dauerhaft eine neue Band entwickelt. Die kämpft sich langsam, aber beharrlich aus dem Kreuzfeuer zwischen Naidoo-Fans, die den Musikern lange Verrat vorwerfen, und den Kritikern des Bandgründers heraus.
In der Pandemie gründen sich Unterformationen wie das Söhne Mannheims Jazz Department und Söhne Mannheims Piano. 2023 erscheint das Album „Kompass“. Am 3. Oktober 2025 feiert die Band 30. Jubiläum mit Gästen wie Henning Wehland oder Laith Al-Deen in der ausverkauften Alten Feuerwache.
Die aktuelle Besetzung in der Reihenfolge der „Dienstjahre“: Michael Koschorreck (Gitarre), Florian Sitzmann (Keyboard), Metaphysics (Rap), Ralf Gustke (Schlagzeug), Michael Klimas (Gesang), Edward Maclean (Bass), Dominic Sanz (Gesang), Karim Amun (Gesang), Giuseppe „Gastone“ Porrello (Gesang) und Thilo Zirr (Gitarre).