Gedenkkonzert (mit Video und Fotostrecke)

Tränen und Jubel - in Alter Feuerwache wird an Christian Huber und Jörg Teichert erinnert

Mit einem Konzert in der Alten Feuerwache ist nach dem Unfalltod von Christian Huber und Jörg Teichert an die beiden Musiker erinnert worden. Weggefährten fanden bewegende Worte

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Markus Mertens
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Maren Kips singt in Kölscher Manier ihr Lied „Fuss Run Brother“. © Markus Mertens

Mannheim. Die Uhr marschiert stramm in Richtung Mitternacht, als die letzten Akkorde dieses tief bewegenden Abends in der Alten Feuerwache ein Konzert beschließen, das es so lange nicht gab - und vermutlich auch lange nicht mehr geben wird. Das Black Project schwingt die atmosphärische „Black Flag“ („Schwarze Flagge“) in den finsteren Nachthimmel hinein, die große Big Band markiert ein Zeichen goldener Bläser-Wärme und endlich setzt ein sechsköpfiger Frauenchor dem fast schon majestätischen Klang die Krone auf.

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Dieser Augenblick und der nicht aufhören wollende Jubel danach: Sie sind das letzte Aufgebot eines Abends, der ohnedies keine Grenzen zu kennen scheint - will er doch just jenen beiden prägenden Musikern die Ehre schenken, die ein tragischer Autounfall in diesem Jahr so abrupt aus dem Leben riss: Christian Huber und Jörg Teichert.

Fest der Vielfalt

Bassist Matthias Debus hatte in seiner einführenden Würdigung bereits klargestellt, dass dies kein Anlass des tristen Trauerns um zwei so bedeutende und inspirierende Musiker der Region, sondern ein Fest der Vielfalt all dessen werden solle, wofür sie standen. Er sollte recht behalten. Allein die ersten 20 Minuten sind eine einzige Feier der Kontraste. Nach der ergreifenden Interpretation der Ballade „The More I Learn“ von Georg Bauss und Michael Herzer sind es Erwin Ditzner und Simon Seeleuther, die mit dem „Catfish Blues“ direkt auf die Zwölf gehen. Rau, pur, energetisch und ungezügelt: All die Authentizität, für die man Huber und Teichert weit über die Grenzen des Rhein-Neckar-Deltas hinaus schätzte - hier flammt sie auf. Doch auch das Andachtsvolle, Zarte, Filigrane wird hörbar, als Judith Goldbach an ihrem Kontrabass und mit ihrem Trio ein „Frühlingserwachen“ in die Menge schickt, das ästhetisch bewegt.

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Es sind Musiker wie Simon Seeleuther, Matthias Debus und Johannes Stange, die diesem großen, ausladenden Tribut Gestalt verleihen. In den verschiedensten Formationen mit Teichert und Huber verbunden, bieten sie all das an künstlerischer Vielfalt feil, was der instrumentale Baukasten nur herzugeben vermag. Denn ob das Sahmaran Project an die Zeiten erinnert, in denen Schlangenköniginnen literarisch wie musikalisch zu ihrer Form fanden, die Necronautics ihre Indierock-geprägte Hymne der Hoffnung („Anthem Of Hope“) zelebrieren oder die Albuquerque Dreamers mit ihrem „Valse Ironique“ die Reibungskräfte aus Country, Blues und Folk verschmelzen: So vieles verkörperte ein Duo, an das die insgesamt 60 Musiker mit aller Kraft gedenken.

Jubel und Tränen

Und das häufig auch in aller gebotenen Freude. Denn gewiss fließen in einer fast schon übervollen Feuerwache auch Tränen, als Hans Heiser, Georg Bauss und Michael Herzer die sprichwörtlichen „Tears In Heaven“ durch die Boxen tragen. Doch es wird auch gelächelt, gejubelt und, ja, auch getanzt. Als das Little Vintage Orchestra eine wuchtige Fassung des Weill/Brecht-Klassikers „Mack The Knife“ schmettert. Als das Heidelberger Klezmer Quartett sein Crossover aus „Hava Nagila“ und „Those Were The Days“ mit Drive kurzerhand in World Music-Hit-Manier zelebriert. Und vielleicht am meisten, als Florian Wehse ans Mikrofon schreitet.

Gedenkkonzert

Ein Bollwerk des Erinnerns

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Über Jahre in der Formation Whiskydenker mit Jörg Teichert und Christian Huber verbunden, holt er zu einer Anekdote aus. Es sei Teichert gewesen, der stets behauptet habe, er könne gar nicht tanzen. Das jedenfalls sei nachweislich nicht wahr, „er konnte hervorragend tanzen. Er hat es uns nicht oft gezeigt, aber wenn, dann ging’s ab.“ Teicherts energetische Upbeat-Komposition „Linksfüßler“ wird so zu einem augenzwinkernden Plädoyer für all jene, die das Tanzbein bisweilen lieber unter dem Tisch lassen, ihre Zurückhaltung bei entsprechender Stimmung vielleicht aber doch besser aufgeben sollten.

Kraft der Freundschaft

Es sind Augenblicke wie diese, die in einer ernsten, würdigen Atmosphäre, in der Töne und nicht Worte regieren, plötzlich schmunzeln lassen. Und die ein Ausrufezeichen senden. Weil sie ein ohnehin bärenstarkes Programm mit hochpersönlichen Geschichten gen Unendlichkeit hin veredeln. Wie auch die Sängerin Maren Kips. Ganz in Kölscher Art habe sie den Rotschopf Jörg Teichert, mit dem sie sich so verbunden fühlte, gern als „Fuss“ (Fuchs) auf’s Korn genommen. Die Nummer „Fuss Run Brother“ ist demnach nicht weniger als ein intensives Bekenntnis für die Kraft der Freundschaft.

Info Gedenkkonzert

  • Der dreifache Familienvater Christian Huber aus Mannheim und der Dossenheimer Jörg Teichert verunglückten am Vormittag des 28. Februar 2022 tödlich auf der A8.
  • Beide gehörten der Band Black Project an, die 2016 gegründet wurde.
  • Die Einnahmen des Abends kommen der Familie des Schlagzeugers zugute. Spendenmöglichkeiten im Internet unter christianundjoerg.de.

Man könnte - zwischen Peter Lehel und all den Ensembles, die so vielleicht nur dieses eine Mal zusammenfinden - vermutlich ewig damit fortfahren, beschreiben zu wollen, was ein Duo verkörperte, das der Welt fortan fehlen wird. Die Organisatoren dieses Abends hatten sich dazu entschlossen, lieber ein Bollwerk des kraftvollen Erinnerns zu hinterlassen. Damit klar wird, was auch nach ihrem Tod an großartiger Musik bleibt und weiter leben wird.

Freier Autor

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