Interview

Black Project aus Mannheim spielen erstes Konzert nach tödlichem Unfall von Bandmitgliedern

Der erste Auftritt nach dem tödlichen Verkehrsunfall von Christian Huber und Jörg Teichert: Matthias Debus und Konrad Hinsken sprechen über ihre Gefühlslage und die Zukunft des Projekts

Von 
Jörg-Peter Klotz
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Testen am Sonntag in Worms, ob ein Neuanfang für die Band Black Project möglich ist (v.l.): Konrad Hinsken, Matthias Debus, Jo Ambros, Johannes Stange und Dominik Fürstberger. © Hugo Debus

Mannheim/Worms. Beim Wormser Festival Jazz And Joy spielt die Mannheimer Band Black Project am Sonntag ihr erstes Konzert nach dem Tod von Christian Huber und Jörg Teichert. Matthias Debus und Konrad Hinsken sprechen über ihre Gefühlslage und die Zukunft des Projekts.

Herr Debus, am Sonntag spielen Sie mit Ihrer Band Black Project bei Jazz And Joy in Worms das erste Konzert seit dem Unfalltod von Schlagzeuger Christian Huber und Gitarrist Jörg Teichert Ende Februar. Wie gemischt sind Ihre Gefühle?
Matthias Debus: Wir freuen uns sehr drauf, aber die Gefühle sind bei jedem Einzelnen von uns sehr gemischt. Sicherlich geht es den meisten Kolleginnen und Kollegen in der regionalen und überregionalen Musikszene ähnlich: Es vergeht nicht ein Tag, an dem man nicht an die Beiden denkt oder durch Situationen, Gegenstände oder Musik an sie erinnert wird. Wir alle waren mit Jörg und Christian ja durch verschiedenste Bands und Projekte vernetzt, daher ist der Verlust ja auch umso größer. Aber wie andere Bands auch, in denen sie gespielt haben, haben wir uns entschieden, zumindest das Konzert bei Jazz And Joy in Worms zu spielen. Sowohl um an Christian und Jörg zu erinnern als auch um auszuloten, ob es nicht doch auch eine Zukunft für die Band geben kann. Ich bin sicher, dass das vor allem Christian Huber, der ja der entscheidende Motor der Band war, sehr wichtig wäre.
Konrad Hinsken: Einerseits ist es für uns auf eine Art undenkbar gewesen wieder zu spielen. Deshalb haben wir auch schon ein Konzert abgesagt. Es ist sehr schwer, diese Band mit dem Verlust zweier solcher hochkarätigen Musiker und ihren musikalisch prägenden Persönlichkeiten weiterhin existieren zu lassen. Da hat einfach alles gestimmt und war aufeinander abgestimmt. Andererseits wäre es ganz bestimmt in ihrem Sinne gewesen, dass wir diese Band und diese Freundschaft weiterhin am Leben erhalten. Daher haben wir beschlossen, mindestens dieses eine Konzert nochmals stattfinden zu lassen, das Ganze zu filmen, um zumindest einen gebührenden Abschied auf der Bühne und bei solch einem namhaften Festival zu feiern ...

Ob es auf Dauer mit Black Project weitergeht, entscheidet sich also am Sonntag?
Debus:  Nachdem wir das Konzertprogramm erprobt haben, hätte zumindest ich Lust weiterzumachen.
Hinsken: Das würde ich so nicht sagen. Prinzipiell haben wir alle Lust weiterzumachen. Es ist nun das erste Konzert. Wir haben unsere Besetzung dahingehend verändert, dass wir Dominik Fürstberger als einen sehr inspirierenden Schlagzeuger für dieses Konzert dazu gewinnen konnten. Jörgs Gitarrenposition haben wir erstmal ruhen lassen. Alle freuen sich auf das Konzert und die Proben versprechen sehr viel: den Geist des "alten" Black Projects weiterleben zu lassen.

Wie lief die Vorbereitung? Spielen Sie neues Material?
Debus: Ja, unser bisheriges Material, drei veröffentlichte Alben und eine bisher unveröffentlichte EP sind - so toll wir sie finden - jetzt für uns nur schwer unbelastet zu hören oder gar zu spielen. Daher haben wir uns entschieden, ein nahezu komplett neues Programm zu schreiben, das den mit Jörg und Christian gemeinsam gefundenen Band-Sound weiterführt, aber für uns ohne das Gefühl „das klang früher irgendwie besser“ spielbar ist.
Hinsken: Die Proben haben uns allen sehr geholfen, zu sehen, dass wir den Spirit weiter erhalten. Wir spielen tatsächlich nur zwei alte Stücke. Das hat zwei Gründe: Zum einen haben wir entschieden, dass es falsch wäre, die früheren Stücke auf neue Leute umzuarrangieren. Sie waren ja durch das Spiel von Christian und Jörg in sich stimmig. Und es wäre auch musikalisch nicht sinnvoll, Dominik Fürstberger am  Schlagzeug dazu zu verdonnern, so zu spielen wie Christian Huber. Außerdem waren wir alle sehr unsicher, wie es denn emotional sein würde, auf der Bühne zu stehen und das "alte Repertoire" zu spielen. Wir wollen versuchen, mit diesem Konzert im Sinne der Band nach vorne zu denken, an die Möglichkeit, einen Neustart  machen zu können. Und dennoch nichts von der Idee des Black Projects zu verlieren.

Werden die meisten Black-Project-Songs also für immer auf Eis liegen? Das wäre verständlich. Aber auch schade ...
Debus: Sollten wir als Band weitermachen, bin ich sicher, dass wir uns aus dem reichen Fundus an altem Material auch irgendwann wieder bedienen können. Denn manche Songs besitzen  eine schöne Zeitlosigkeit. Gerade ein Wiederholen unserer Zusammenarbeit mit dem 4x4 Frauenchor aus Heidelberg, die ja auf unserer letzten Platte „Epic Wonderland“ gesungen haben, wäre ein Traum.

Gedenkkonzert am 13. September in der Alten Feuerwache

Zur Band: Die Jazzmusiker Christian Huber (Schlagzeug, oberes Bild), Johannes Stange (Trompete), Jo Ambros (Gitarren), Jörg Teichert (Gitarren, Bild unten),
Konrad Hinsken (Keyboards) und Matthias Debus (Bass) gründeten 2016 in Mannheim die Band Black Project. Seitdem veröffentlichten sie drei Alben. Zuletzt das hochgelobte „Epic Wonderland“ im Oktober 2021. Mehr: www.blackproject-band.com
Zum Unfall: Der dreifache Familienvater Christian Huber aus Mannheim und der Dossenheimer Jörg Teichert verunglückten am Vormittag des 28. Februar 2022 tödlich auf der A8. Auf dem Weg zu Proben nach Stuttgart bremste zwischen den Anschlussstellen Karlsbad und Pforzheim-West vor ihrem Auto ein Sattelzug, ein hinter ihnen fahrender, voll beladener Autotransporter fuhr auf. Der Unfall löste große Betroffenheit aus, weit über die Musikszene hinaus.
Zum Festival:  Black Project spielen am Sonntag, 21. August, 14.30 Uhr, bei Jazz And Joy auf dem Wormser Schlossplatz ihr erstes Konzert seit dem Unfall.
Dabei ersetzt Dominik Fürstberger Huber am Schlagzeug. Mehr unter jazzandjoy.de.
Zum Gedenkkonzert: Unter dem Titel „Remembering Christian Huber & Jörg Teichert“ ist am 13. September, 20 Uhr, ein Memorial Concert in der Alten Feuerwache Mannheim geplant. Vorverkauf 15 Euro plus Gebühren, Abendkasse: 20 Euro.
Zur Spendenmöglichkeit: Die Einnahmen des Abends kommen der Familie des Schlagzeugers zugute. Spendenmöglichkeiten im Internet unter christianundjoerg.de.

Jörg Teicherts Rolle übernimmt Gitarrist Jo Ambros nun allein. Wie gestaltet sich das?
Debus: Jo Ambros hatte sich gefühlt 1000 gitarrenartige Instrumente mit Jörg geteilt. Diese Rolle füllt er nun alleine aus. Beziehungsweise: Es ist ja so, dass wir früher den Luxus hatten, mit zwei Gitarren und Keyboards so viele Soundquellen zu besitzen, dass man zumeist eher schauen musste, dass man nicht zu viel hat. Jetzt kann Jo Ambros den Platz für Gitarre uneingeschränkter füllen. Andererseits muss man sich bei Instrumentenwechseln jetzt oft Gedanken machen, wo diese stattfinden können, ohne dass Lücken entstehen. Aber ich glaube, wir haben das ganz gut in unserem neuen Programm gelöst.
Hinsken: Die Rolle Jörg Teicherts ist so erstmal nicht übernehmbar. Jörg war ein unglaublicher Gitarrist, der durch seine Virtuosität, seine Vielfältigkeit und natürlich seinen Sound eine große Bereicherung (nicht nur) für diese Band war. Wir wollen und können Jörg so nicht ersetzen. Aber wir versuchen, unserem Gitarristen Jo Ambros mehr Freiheiten zu lassen.

Dominik Fürstberger beerbt Christian Huber am Schlagzeug. Wie findet er sich ein?
Debus:  Tatsächlich waren wir uns anfangs nicht sicher, ob wir die Lücken, die Christian und Jörg hinterlassen haben, überhaupt füllen könnten und wollten. Aber unsere Musik würde ohne Schlagzeug einfach nicht funktionieren, daher haben wir uns entschlossen, zumindest die Schlagzeugposition neu zu besetzen.
Dominik ist ein fantastischer Schlagzeuger, der es schon lange gewohnt ist, viel Elektronik und Effekte in sein Spiel einzubauen. Von daher kann er die von Christian in unserer Band etablierte Spielweise besser übernehmen als viele andere. Da er mit Konrad Hinsken schon seit dem Studium sehr eng verbunden ist, hatte man gar nicht das Gefühl, dass hier ein Fremdkörper in die Band integriert werden müsste. Ganz im Gegenteil, das Zusammenspiel funktionierte vom ersten gemeinsamen Ton an, als hätten wir alle schon Jahre lang miteinander gespielt.
Hinsken: Dominik hat sich sofort in den Sound der Band reingefunden. Natürlich kann er Christian so nicht ersetzen. Dafür hatte Christian seine ganz eigene Schlagzeug-Sprache. Dominik bringt eine neue Komponente mit rein. Er schafft es durch sein Spiel, neue Wege einzuschlagen, die uns andere Musiker sehr inspirieren. Dominik spielt sein Schlagzeug durch eine Reihe von Effektpedalen, was unserem Sound eine neue Dimension verleiht. Die Proben mit ihm haben uns gezeigt, dass es mit dem Black Project unbedingt weitergehen muss.

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Hilft es allen Beteiligten, dass Jazzmusiker daran gewöhnt sind, in allen erdenklichen Besetzungen aufzutreten?
Hinsken: Natürlich ist die Vielseitigkeit von Jazzmusikern prinzipiell von Nutzen. Allerdings braucht man für so ein Projekt sehr viel Fingerspitzengefühl. Das ist schon ganz anders, als wenn man Standards auf einer Session spielt. Da geht es vielmehr darum, sich Kompositionen unterzuordnen, seinen Part zu finden und klassische Strukturen zu verlassen.
Debus: Sicherlich ist das hilfreich. Aber man spürt da normalerweise trotzdem große Unterschiede. Manche Konstellationen funktionieren besser, andere schlechter oder gar nicht. Oftmals spielen hier viele Faktoren eine Rolle, die oft auch weit über das rein Handwerklich-Musikalische hinaus gehen.

Wer übernimmt Christian Hubers Part als Motor und Organisator der Band?
Debus: Das wird wohl zu großen Teilen meine Rolle werden, aber ich bin ganz hoffnungsvoll, dass ich da auch Unterstützung bekomme und wir alle an einem Strang ziehen können.

Gibt es Pläne für Black Project über den Sonntag hinaus? Mit neuem Material wäre ja auch ein Album denkbar ...
Debus: Die wichtigsten zu erledigenden Aufgaben sind jetzt zunächst das Konzert in Worms, zu dessen Besuch ich allein aus der potenziellen Endgültigkeit heraus nur raten kann (lacht). Und auch das Gedenkkonzert am 13. September in der Alten Feuerwache. Darüber hinaus wartet Audio- und Videomaterial, das wir  2021 mit Gast-Sängerinnen aufgenommen haben und das Christian in der Woche vor dem tragischen Unfall erst mit dem befreundeten Toningenieur Christian Bethge gemeinsam fertiggemischt hatte, auf Veröffentlichung. Das ist im Prinzip Christians Vermächtnis, dem wir  uns verpflichtet fühlen. In welcher Form, rein digital oder physisch, das veröffentlich werden kann/soll, hängt nicht zuletzt auch davon ab, wie wir nach dem Konzert in Worms weitermachen wollen.
Sollten wir weitermachen, ist natürlich auch zu überlegen, unser jetzt entwickeltes Programm aufzunehmen, aber das ist ja noch ein wenig Zukunftsmusik ...

Kann man schon etwas zum Programm des Gedenkkonzerts am 13. September in der Alten Feuerwache sagen?
Debus:  Ja, hier hat sich der Gitarrist Simon Seeleuther mit ein wenig Hilfe von mir und anderen sehr ins Zeug gelegt. Trotz des traurigen Anlasses wird dieser Abend ein großes Fest, bei dem wir mit vielen, vielen Freunden und Kollegen den Beiden nochmal ein großes, klingendes Denkmal setzen werden! Es werden Besetzungen vom Duo bis zur Big Band zu hören sein. Da an diesem Abend auch viele alte Weggefährten, Freunde, Studienkollegen und so weiter extra anreisen werden, wird das auch wie ein grosses Familientreffen... Dank der großartigen Unterstützung durch die Alte Feuerwache kann das ein einzigartiger, denkwürdiger Abend werden. Hervorzuheben ist hierbei auch, dass alle an diesem Abend erzielten Einnahmen dem Spendenkonto für Christian Hubers Familie zugute kommen werden. Wer sich schon jetzt dafür interessiert, kann sich unter www.christianundjoerg.de informieren, wie sie/er unterstützen kann!

Ressortleitung Stv. Kulturchef

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