Klaus Habermehl, der Hausinspektor, macht das ganz gelassen, freundlich und routiniert. „Ich begrüße Sie hier im Hause“, sagt er zu Tilmann Pröllochs, gibt ihm einen Generalschlüssel und einen Chip für elektronische Schlösser. Und damit beginnt frühmorgens um 8 Uhr am Werkhaus in der Mozartstraße der erste Arbeitstag für Tilmann Pröllochs als neuer Geschäftsführender Intendant des Nationaltheaters.
„Sie müssen nachher nur noch unterschreiben“, sagt Habermehl und geht wieder. Seit 20 Jahren ist er am Nationaltheater, Pröllochs ist sein fünfter Intendant – da sind solche Übergaben für ihn fast schon Routine. Pröllochs indes gesteht offen, dass er aufgeregt ist. „Ich bin nervös, das gehört aber auch dazu“, sagt er. Künstler hätten ja auch Lampenfieber, ehe sie auf die Bühne gehen, „und das hier ist heute für mich eben die Premiere“, kommentiert er seinen ersten Arbeitstag.
Wohnung in der Oststadt
Zu dem kommt er zu Fuß – er und seine Frau haben eine Wohnung in der Oststadt gefunden. Anfang August sind sie umgezogen aus Niedersachsen, wo der 1966 in Künzelsau geborene Diplom-Verwaltungswirt seit 2010 Verwaltungsleiter des Oldenburgischen Staatstheaters war.
Die Wochen nach dem Umzug nutzte er, um seine neue Heimat kennenzulernen. „Wir haben die Stadt erobert“, erzählt er von Radtouren nach Käfertal, zum Strandbad sowie zum Hafen und zur Neckarmündung („Im ersten Anlauf habe ich sie nicht gefunden, aber dann hat es hingehauen“). Mannheim sei „sehr spannend“, er habe es gleich als „eine liebenswerte Stadt kennengelernt“. Doch auch in der Region schaute er sich um. Pröllochs nutzte, wie er berichtet, das 9-Euro-Ticket und unternahm Fahrten nach Heidelberg, Wanderungen in der Pfalz oder Besuche bei Verwandten auf der Ostalb und im Hohenloher Land sowie beim Filmfestival Ludwigshafen.
Doch jetzt geht für ihn die Arbeit los – wobei er anfangs noch sehr allein ist. Sein Fünfjahresvertrag läuft ab 1. September, doch die Spielzeit sowie der Büro-, Proben- und Werkstattbetrieb starten erst am 12. September, die erste Vorstellung ist am 17. September ein Opern-Konzert auf der Seebühne im Luisenpark, und das Schauspiel legt dann am 21. September mit „Diener zweier Herren“ in Käfertal los.
Als Pröllochs daher mit schwarzer Umhängetasche sowie zwei Stofftaschen – in einer stecken Sicherheitsschuhe für Besuche auf Baustellen – zum Pförtner kommt, ist der noch von einer Fremdfirma und weiß gar nichts von einem neuen Geschäftsführenden Intendanten. „Ich bin Herr Pröllochs“, stellt der sich da zurückhaltend sowie freundlich-sympathisch vor. Und so soll es weitergehen: Er wolle „langsam ankommen, alle begrüßen, durch das Haus gehen, alles erst kennenlernen, viel zuhören, lesen, angucken, den Trichter weit aufmachen und viel aufnehmen“, kündigt er an, was dann auch einen deutlichen Stilwechsel in der Chefetage bedeutet. Ein Telefonat mit Opernintendant Albrecht Puhlmann, der noch in Urlaub ist, ein paar Gespräche – das habe er sich für den ersten Arbeitstag vorgenommen, sagt Pröllochs.
Immerhin steht sein Name bereits an der Tür, aber das Büro des Geschäftsführenden Intendanten ist weitgehend leer geräumt, die Schreibtischplatte bis auf Desinfektionsmittel und das Stehpult leer. Aber zwei Kartons mit Unterlagen hat Pröllochs schon früher hergebracht, die stehen in der Ecke. „Jetzt werde ich mich erst mal einrichten“, erklärt er, und auch die neue Theaterkasse wolle er schnell besuchen. Aber anfangs muss er alles alleine machen – sein Vorzimmer ist noch nicht besetzt.
Spielhaus wird ausgeräumt
Doch nicht für alle Mitarbeiter gelten die Sommerferien. Im Spielhaus in der Goethestraße, das nun von einem Bauzaun umgeben ist, laufen die Vorbereitungen für die Generalsanierung. An der Pforte klebt der „Rote Punkt“, sprich: die Baugenehmigung für die unterirdische Erweiterung der Probenräume wie auch die Generalsanierung. Aber ehe im neuen Jahr die Bauarbeiter kommen, müssen auf dem bisherigen Parkplatz die Container für die Baustellenlogistik aufgestellt und alle Räume im Spielhaus sowie dem Bunker leergeräumt sein. Die Abteilung „Fahr- und Sonderdienste“ des Nationaltheaters, intern nur „FASO“ genannt, sowie Fremdfirmen bringen derzeit Einrichtungsgegenstände, Kostüme, Bühnentechnik und vieles mehr in Lager und Ersatzspielstätten. Zudem stehen drei Müllcontainer bereit. Im November müssen die oberen beiden Etagen des Spielhauses geräumt sein, im Dezember der ganze Komplex. Erst dann werden tatsächlich die eigentlichen Umbauarbeiten beginnen.
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