Es wird ein Abschied für mindestens fünf Jahre: Ehe im August der Auszug aus dem Haus am Goetheplatz und dann die Generalsanierung beginnt, will das Nationaltheater seinem Publikum diesen Abschied aber leicht machen – mit einem großen, spartenübergreifenden Festwochenende am Samstag/Sonntag, 23./24. Juli bei freiem Eintritt, bei dem man einen letzten Blick hinter die Kulissen werfen und sich ein Erinnerungsstück mitnehmen kann.
„Wir wollen mit allen Besuchern unseren Auszug feiern“, sagt Christian Holtzhauer, der Intendant des Schauspiels. Dabei hat er eine besonders spektakuläre Aktion zu bieten. „Wir werden das gesamte Schauspielhaus umbauen zu einem begehbaren Parcours“, kündigt Holtzhauer an.
Shakespeare-Parcours
Unter dem Motto „Die ganze Welt ist eine Bühne“ – ein Zitat des großen Dramatikers William Shakespeare – entsteht in der Regie von Hausregisseur Christian Weise eine begehbare Inszenierung mit Figuren aus Shakespeares Welt von Romeo und Julia bis zu Hamlet. Die Künstlerin Julia Oschatz hat für die Raumbühne auf verschiedenste Kulissen der letzten Jahrzehnte zurückgegriffen. Der Einlass erfolgt regelmäßig. Und am Sonntagabend, 24. Juli ab 21 Uhr gibt es im Schauspielhaus eine große Party, die als „Abrissparty“ angekündigt wird.
Dabei soll das 1957 bezogene Haus am Goetheplatz ja gar nicht abgerissen, sondern bis Herbst 2027 komplett saniert werden. Wie das funktioniert, zeigen Mitarbeiter der Geschäftsstelle Generalsanierung bei einem Rundgang und in einem „Zukunftsraum“, wo man mit einer VR-Brille die Baustellen in einem 360-Grad-Rundgang aus allen Perspektiven erleben kann.
Aber neben dem Blick in die Zukunft darf auch ganz viel Nostalgie sein. Wer sich eine ganz persönliche Erinnerung an das Haus am Goetheplatz sichern möchte, ist am Samstagabend ab 19.30 Uhr bei einer Auktion richtig, bei der im Opernhaus Kostüme, Requisiten sowie weitere Theaterraritäten unter den Hammer kommen. Die Erlöse der von Schauspieler Patrick Schnicke und der lange für ein Auktionshaus tätigen Kunsthistorikerin Lena Berkler moderierten Auktion fließen in die Generalsanierung. Jedem Objekt ist ein Startpreis zwischen fünf und 500 Euro zugewiesen, eine Besichtigung ab 18.45 Uhr im Opernhaus möglich. Die Teilnahme ist kostenlos, aber man muss sich über die Theaterkasse oder über das Online-Ticket-System registrieren und erhält eine Bieternummer. Wer sich teurere Stücke sichern will, einen Scheinwerfer etwa, sollte viel Geld einstecken – die ersteigerten Objekte müssen gleich bezahlt und mitgenommen werden. Gegen Aufpreis liefert das Theater aber auch.
Wer keine Erinnerungsstücke, aber letzte Eindrücke sammeln möchte, ist bei der „Abschiedstheaterführung“ richtig, mit letzten kuriosen Details hinter den Kulissen und Einblicken in Ecken, die zeigen, wie dringend die Sanierung ist. Wehmütige Erinnerungen an viele große Momente am Goetheplatz bietet die Ausstellung „Siebenunddreißig Jahre Theaterfotografie“ des langjährigen Theaterfotografen Hans Jörg Michel im Unteren Foyer. Am Samstag um 15 Uhr wird dazu auch eine Führung angeboten, zu sehen sind die Fotos aber das ganze Wochenende und noch bis Ende der Spielzeit.
Vor das Spielhaus rollt der Theatertruck vor, um für letzte Auftritte des Alphabet-Chores und ein Offenes Singen unter der Leitung von Joe Völker sowie ein Konzert des Kinderchores die Bühne zu bieten.
Der Vorhang fällt
Für die jüngeren Zuschauer organisiert das Junge Nationaltheater eine Schnitzeljagd mit Rätseln, Bewegung und Spielen sowie – passend zum heißen Wetter – eine Matsch-Aktion vorm Spielhaus. Die Kinder dürften dort „auf kreative Weise die Kombination aus Erde und Wasser feiern“, so die offizielle Ankündigung.
Weil aber trotz Abschied vom Goetheplatz das Theaterleben ja weiter geht, nur woanders, geben die Dramaturgen der vier Sparten Einblicke in das Programm der Spielzeit 2022/23 und auch die jeweiligen Ersatzspielstätten werden vorgestellt. Und auch wenn nach dem Fest noch eine Woche Spielbetrieb am Goetheplatz ist, fällt am Sonntagabend um 18.30 Uhr im Opernhaus schon mal symbolisch der Vorhang – denn der soll nach der Generalsanierung ausgetauscht werden, und die Freunde und Förderer des Nationaltheaters starten dazu an dem Abend eine Spendenaktion.
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