Mannheim. Das ist kein Frontalunterricht, kein „Musik-von-vorne-Konzept“ und auch keine Aneinanderreihung bloßer Fakten, was einen die Initiative Free Walking Tour Mannheim auf ihren geführten Spaziergängen erleben lässt. Das Ziel sei vielmehr, „etwas zu zeigen, was ist, und das in den Kontext der Lebenswelt der Menschen zu setzen, die mit uns unterwegs sind“, erläutert Guide Tanja Mayer. Zu fragen: „Was hat das denn mit heute und was hat das denn mit euch zu tun?“
Tour führt durch Franklin
Das gilt gleichermaßen für die kommende Tour, die unter dem Dach der 22. Schillertage des Mannheimer Nationaltheaters stattfinden und ihre Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den neuesten Bezirk der Stadt führen wird: nach Franklin, wo das Theater im vormaligen Kino der US-Army auch seine Interims-Schauspielstätte bezogen hat, während das Spielhaus am Goetheplatz generalsaniert wird.
Touren auf Spendenbasis
- Die geführten, kostenlos auf Spendenbasis angebotenen Free Walking Touren sind ein internationales Konzept, das in vielen Städten der Welt angeboten wird.
- Free Walking Tour Mannheim wurde 2016 von Tim Sperber gestartet. Seit März dieses Jahres ist die Mannheimer Initiative ein eingetragener Verein.
- Neben verschiedenen Spaziergängen in der Innenstadt werden auch Fahrradtouren angeboten.
- Die Schillertage-Sondertour wird am 24. und 25. Juni, jeweils 16 Uhr, sowie am 30. Juni, 18 Uhr, ausgerichtet. Der abschließende Rundgang am 2. Juli, 16 Uhr, findet in deutscher und englischer Sprache statt. Eine Reservierung über das Nationaltheater (www.nationaltheater-mannheim.de) ist erforderlich. Der Eintritt ist frei (freiwillige Spende vor Ort).
- Infos: www.freewalkingtourmrn.jimdofree.com
Dort, beim Festivalzentrum am Alten Kino, startet am 24. Juni der erste Rundgang, auf dem die Free Walking Tour nach der „Schönen Franklin-Welt“ sucht. Die Guides werden erzählend zwischen verlassenen Gebäuden und neuen Straßen umherstreifen, einstige und heutige Orte der Begegnung aufsuchen.
Nicht die erste Free-Walking-Tour
Schon an den vorangegangenen Schillertagen vor zwei Jahren hatte die Free-Walking-Tour-Intiative (wir erlauben uns mal, sie FWTM abzukürzen) mitgewirkt. Damals ging es bei einem - so erhellenden wie anregenden - Geschichten-Spaziergang auf den Spuren des damaligen „Zusammen“-Festivalmottos zu „Orten der Solidarität“ in der Innenstadt.
Heuer forschen die Schillertage unter dem Leitmotiv „Schöne Welt, wo bist du?“ nach Utopien und alternativen Zukunftsentwürfen, und sie begeben sich obendrein erstmals seit ihrer Gründung vor 45 Jahren „auch räumlich auf die Suche nach ihrem Platz in der Mannheimer Stadtgesellschaft“, wie es im Programmvorwort heißt.
Franklin ist mithin nicht nur im Festival-Kontext, sondern sei auch für die FWTM an sich „eine super spannende Geschichte“, wie Tanja Mayer erläutert. Weil sich dort die reale Zeit und Geschichte der nach dem Zweiten Weltkrieg stationierten US-Soldaten mit dem weiland in den Augen der Deutschen vorherrschenden „Amerika als schöne Welt“-Bild verbinde. Jetzt solle der wachsende Stadtteil „eine schöne Welt“ für die Menschen werden, die da hinziehen. „Und das wollen wir gern zeigen“, so Mayer, aber zugleich - wie auch die Schillertage es in ihrem Motto tun - ein Fragezeichen dahinter setzen.
Unterschiedlichste Teilnehmer
Fünf Guides stecken hinter der Free Walking Tour Mannheim: Tim Sperber (der die FWTM 2016 startete), Steffen Rupp, Lisa Krüger, Steffen Weber und Tina Mayer. Sie sind von Ende 20 bis Anfang 40 und gehen im bürgerlichen Leben ganz verschiedenen Berufen nach - Mayer etwa ist Marketing- und Kommunikationsberaterin und als solche seit vergangenen Jahr selbstständig tätig. Was sie eint: „Wir sind halt alle Mannheim-Fans“, meint Mayer, die in der Quadratestadt studierte, dann aber nach Düsseldorf aufgebrochen war, um fortan - sie lacht - „elf Jahre lang mehr oder weniger Mannheim-weh“ zu haben.
2018 kehrte sie zurück, nahm hier einen Job an, „und bin seitdem wirklich jeden Tag wirklich sehr, sehr froh darüber und glücklich, dass ich wieder hier bin“, sagt sie- und räumt ein, dass das vielleicht etwas pathetisch klinge. Aber man spürt ihre hellauf lebendige Begeisterung dafür, wenn sie erzählt. Und das gilt auch für die anderen: „Ich glaube, es macht uns Freude, Menschen zu zeigen, wie viel in der Stadt steckt und wie viel es doch da zu sehen gibt“, schildert die 42-Jährige.
Immer, wenn die Guides Zeit haben - meist an Wochenenden-, stellen sie Tour-Termine auf der FWTM-Website, auf Instagram und Facebook ein. „Das sind ganz unterschiedliche Leute“, beschreibt Mayer die Teilnehmenden, darunter viele Mannheimerinnen und Mannheimer, „alteingesessene“ ebenso wie neu zugezogene, Studierende und sehr viele sogenannte Expats, die zum Arbeiten hergekommen sind. „Mit denen ziehen wir dann los, und die Idee ist einfach, eine gute Zeit miteinander zu haben.“ Wichtig dabei: „Wir wollen auch wissen, mit wem wir unterwegs sind“, die Guides stellen Fragen darüber, was die Teilnehmenden schon wissen, was sie in Mannheim erlebt haben, welche Geschichten sie selber kennen.
Steffen Weber hat die Touren einmal treffend „die kürzest mögliche Reise, die man machen kann“ genannt. Und diese mit anzutreten, so unsere Erfahrung, lohnt sich sehr.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Bei den Schillertagen muss Mann durchaus auch draußen bleiben