Generalsanierung (mit Fotostrecke)

Der Umzug ist geschafft – das Nationaltheater Mannheim wird zur Baustelle

Nachdem der letzte Vorhang fiel, musste im Nationaltheater Mannheim erst einmal ausgeräumt werden. Erst jetzt beginnt die Generalsanierung so richtig. Ab Januar kommt dann der Bagger

Lesedauer: 
Er sieht riesig aus, ist aber viel zu klein und zu niedrig für den Schallpegel: der alte Orchesterprobensaal, wo der Boden schon herausgerissen ist. Er wird nach unten und nach hinten vergrößert. © Thomas Tröster

Es ist leer hier, arg leer, und stellenweise dunkel. „Es gibt nicht viel zu sehen“, meint fast entschuldigend Architekt Andreas Schmucker, der die Generalsanierung geplant hat. Aber das „nicht viel“ ist letztlich genau das Ziel gewesen – und daher gut, dass es nicht viel zu sehen gibt. Es bedeutet nämlich, dass das Nationaltheater das Haus am Goetheplatz verlassen hat, damit nun die Generalsanierung beginnen kann.

Gespielt wird hier zwar seit Ende Juli nicht mehr. Aber ehe gebaut werden kann, muss ja erst mal alles raus – fast zumindest. Und das ist an dem Tag, als der „MM“ durch das fast leere Haus laufen kann, weitgehend erreicht.

Kultur

Rundgang im Nationaltheater

Veröffentlicht
Bilder in Galerie
10
Mehr erfahren

Rund um das Haus steht ja bereits seit August ein Bauzaun. Hier werden zahlreiche Versorgungsleitungen verlegt, Hydranten versetzt oder neu installiert. Während der Bauzeit sei schließlich die Sprinkleranlage außer Betrieb, „dennoch müssen wir den Brandschutz sicherstellen“, erklärt Marcus Augsburger, der Technische Betriebsleiter des Theaters, bei dem alle Fäden der Generalsanierung zusammenlaufen.

Theaterleute sind nur noch Gast im eigenen Haus

An der Ecke Goethestraße/Berliner Straße haben die Arbeiten an einer Wasserleitung länger als gedacht gedauert, weshalb es hier für Fußgänger und Radfahrer zeitweise sehr eng zuging. Die neu verlegte Leitung sei durch die Bauarbeiten teilweise verkeimt gewesen, habe erst gespült und die Messwerte wieder im Labor untersucht werden müssen, erläutert er – doch auch das ist geschafft.

Man mache den Platz jetzt „dicht“, wie Augsburger sagt, mit kontrolliertem Zugang nur für registrierte Bauarbeiter mit Ausweis durch ein Drehkreuz. Theaterleute sind nun nur noch Gast im eigenen Haus, das sie weitgehend geräumt haben. Das geschah im Schicht-Betrieb, in dem die Theatertechnik ja auch sonst arbeitet, wenn sie Vorstellungen auf- und abbaut – weshalb auch noch spätabends Licht im Foyer am Goetheplatz brannte.

Es wird entrümpelt und entkernt: In der Hebelstraße am Bühneneingang füllen sich die Sperrmüllcontainer. © Thomas Tröster

Etwa 135 Lkw-Ladungen karrten die Mitarbeiter der Theater-Abteilung Fahr- und Sonderdienste, die sonst Kulissen zwischen Depot und Spielhaus transportieren, vom Haus am Goetheplatz in Lager und Probebühnen. Noch einmal die gleiche Anzahl an Fuhren erledigte ein Umzugsunternehmen. „Der Umzug ist jetzt weitgehend abgeschlossen“, sagt Augsburger.

Zahlreiche Kleiderständer mit Kostümen sind beim „MM“-Besuch zwar noch da, aber ihr Abtransport in das neu entstandene Kostümdepot im Hafen schon disponiert. Dieser Bau sei etwas später fertig geworden, „die Auswirkungen der weltweiten Bedingungen“, wie Augsburger nur kurz seufzt. Jetzt gebe es „nur ein paar Reste, die noch raus müssen“, zeigt er auf einige Gitterboxen mit Stühlen.

Mehr zum Thema

Sanierung

Nach Baustopp: Das Nationaltheater Mannheim hofft auf die Schildkrötfabrik

Veröffentlicht
Von
Stefan M. Dettlinger
Mehr erfahren
Nationaltheater

Eröffnung der Oper am Mannheimer Luisenpark verzögert sich weiter

Veröffentlicht
Von
soge
Mehr erfahren
Finanzen

Mannheims Etat: „Verlässlichkeit“ oder wackliges „Kartenhaus“?

Veröffentlicht
Von
Timo Schmidhuber
Mehr erfahren

Doch sonst sieht man viele nackte Wände und herausgerissene Böden. Schon seit 7. November sei das Haus „im Baustellenbetrieb“. Da habe das Theater bereits das oberste Stockwerk übergeben. Und seither arbeite sich eine Entsorgungsfirma durch das Gebäude, um containerweise zu entrümpeln und Schadstoffe zu beseitigen, so Augsburger.

Asbest muss entfernt werden

Und auf Schadstoffe stoßen die Arbeiter in dem in den 1950er Jahren errichteten Gebäude immer wieder, etwa in Wandverkleidungen. In Opern- und Schauspielhaus ist Asbest in den Lüftungsöffnungen unter allen insgesamt rund 2000 Sitzen entdeckt worden. „Damit haben wir nicht gerechnet“, räumt Schmucker ein, doch solche Überraschungen werde es sicher noch öfter geben. Zwar handle es sich „um gebundenes Asbest, das nicht freigesetzt werden kann, solange man es nicht anbohrt“, betont Augsburger, dass keine Gefahr bestehe. „Wenn wir nicht umbauen würden, könnte das Zeug noch 30 Jahre da drinbleiben, aber da wir es jetzt anfassen, muss es weg“, erklärt Schmucker.

Hier ist – gebundener – Asbest entdeckt worden: Marcus Augsburger, Technischer Betriebsleiter, zeigt die Entlüftungsöffnungen unter den Stühlen des Opernhauses. © Thomas Tröster

Alle betroffenen Stellen würden herausgebohrt, ohne sie zu beschädigen, damit keine Asbestfasern in die Luft geraten. Im Frühjahr kommen alle Stühle raus, werden zu einer Fachfirma gebracht und überarbeitet. Auch die ganzen Holztapeten an den Wänden im Opernhaus verschwinden. „Wir haben die Denkmalpflege überzeugt, sie neu machen zu dürfen – sie sind einfach kaputt“, verweist er auf Stellen, wo sie sich lösen, gewellt sind oder wo es Risse gibt. Die zunächst geforderte Restaurierung hätte nicht nur „einen hohen sechsstelligen Betrag“ erfordert, sondern es wollte auch niemand die Gewährleistung übernehmen, dass sie lange Bestand hat.

Zeitplan „zu schaffen“

Wobei überall darauf geachtet wird, was sich erhalten lässt. „Was erst vor 25 Jahren gemacht wurde, bleibt drin und wird eingehaust, dass es durch Dreck keinen Schaden nimmt“, erklärt Augsburger, warum im Schauspielhaus ein Großteil der Bühnentechnik nicht ausgeräumt ist. „Da werden wir auch einmal im Jahr Funktionstests machen, damit sie nicht einrostet“, kündigt er an.

Böden werden geöffnet, Leitungen entfernt und Scheiben erneuert: die Arbeiten im Unteren Foyer. © Thomas Tröster

Aber ob Garderoben, Maske, Einsingzimmer, Seitenbühnen – egal wo man vorbeiläuft, ist inzwischen alles leer, sind Strom und Wasser abgeklemmt, dicke Baustromkabel verlegt, haben Entrümpelung und Demontage begonnen. „Im Bestand wird von oben nach unten saniert, den Neubau machen wir von unten nach oben“, erklärt Architekt Schmucker. So sei aber, ist er nach wie vor optimistisch, der von vier Jahren Bauzeit ausgehende Zeitplan „zu schaffen, indem wir uns aus dem Weg gehen“.

Bewusst fingen die Arbeiten am, wie er sagt, „komplexesten Bauwerk“ gleich im neuen Jahr an, am 9. Januar – und zwar am Tiefbau für den neuen Orchesterprobensaal, der unterirdisch auf der Seite des Theaters zum Unteren Luisenpark errichtet wird. Danach kommen auf dem Theatervorplatz zur Innenstadt-Seite hin unterirdische Bauten für die Werkstätten, die dann durch Lichthöfe Tageslicht erhalten. Die Spundwände der Gruben würden aber mit Rücksicht auf die Nachbarn „reingerüttelt, nicht gerammt“, beruhigt Augsburger.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen