Nationaltheater Mannheim

Zu wenig Zeit für Zuschauer-Fragen bei Mannheimer Rede von Aleida und Jan Assmann

Von 
Stefan M. Dettlinger
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Aleida und Jan Assmann im Foyer des Nationaltheaters. © Rinderspacher

Mannheim. Die Kritik war nicht laut und übermäßig, aber sie war deutlich spürbar: Bei der jüngsten Mannheimer Rede von Aleida und Jan Assmann am Sonntagvormittag gab es am Ende - es war bereits 13 Uhr und zwei Stunden waren vergangen - zu wenig Raum und Platz für die gewohnte und sympathische Interaktion zwischen Bühne und Publikum. Obwohl sich am Schluss spontan drei Menschen aufgerafft und den Finger gehoben hatten, durfte nur eine einzige Frage an die diesjährigen Friedenspreiträger des deutschen Buchhandels gerichtet werden: „Was glauben Sie, wie man Wahrheitsfanatikern begegnen kann?“, fragte ein Herr aus der Mitte des Auditoriums in Bezug auf Menschen, die glauben, die Wahrheit gepachtet zu haben. Die Antwort war, wie könnte es anders sein bei Intellektuellen vom Kaliber des Ehepaars Assmann, ausführlich und komplex. Sie endete mit Aleida Assmanns vor allem auf Religion bezogene Antwort: „Anerkennung und Respekt. Man kann die Religionen zivilisieren in einem solchen Kontext.“

Sehnsucht nach Gesprächen

Die Rückfrage zur Antwort lag wohl vielen auf der Zunge: Wo, wenn nicht in der Religion, begegnen wir eigentlich sonst noch solchen absolutistischen Wahrheitsfanatikern, und wie ist ihnen zu begegnen? Doch leider war hier Schluss mit der Diskussion. Es war auch schon 13.10 Uhr und der Zeitrahmen deutlich überzogen. Einige verließen den Saal frustriert.

Persönlichkeiten wie der Dekan der katholischen Kirche in Mannheim, Karl Jung, bedauerten dies im Anschluss auf Nachfrage dieser Zeitung. Im Prinzip habe es ihm gut gefallen, aber: „Ich fand es zu lang, außerdem hätte das Publikum viel früher und ausführlicher in die Diskussion eingebunden werden müssen.“ Und auch Engelhorn-Geschäftsführer Andreas Hilgenstock äußerte sich kritisch und befand, dass die Diskussion aus seiner Sicht hätte ausführlicher ausfallen sollen.

„Die Menschen haben eine große Sehnsucht, ins Gespräch zu kommen und Impulse von außen zu bekommen“, sagte der ehemalige Schauspielintendant Burkhard C. Kosminski im Juli 2017 kurz vor der ersten Mannheimer Rede mit Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Und das wollten die Mannheimer Reden auch immer sein: ein Forum des Denkens, Diskutierens und Kommunizierens.

Mannheims neuer Schauspielintendant Christian Holtzhauer weiß das alles. Die Veranstaltung ist aus seiner Sicht zwar alles andere als misslungen. „Aber es gibt immer noch Luft nach oben, das weiß ich“, sagte er im Gespräch mit dieser Zeitung. Es war eben auch die erste Mannheimer Rede, die keine Rede war, sondern als Dreiergespräch funktionierte, gewissermaßen also eine Art Mannheimer Trialog.

Mannheimer Reden

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Ressortleitung Stefan M. Dettlinger leitet das Kulturressort des „MM“ seit 2006.

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