Worms. Marius Feth hat für die Wormser Nibelungenfestspiele schon einige verrückte Dinge ausprobiert – und das sehr erfolgreich. Als sich die Schauspieler vor drei Jahren in einem riesigen Wasserbecken auf der Bühne tummelten, da verpackte er die Sender der Mikrofone derart gut, dass die Technik auch nach mehr als dreistündiger Aufführung immer noch tadellos funktionierten. Dafür gab es den Mario-Adorf-Preis der Festspiele. Der einstige Spiegel-Chefredakteur Hans-Werner Kilz, Kuratoriumsmitglied der Festspiele, bezeichnete das in seiner Laudatio als „kleines Wunder“.
Jetzt hat Feth einen weiteren Clou in Sachen Sound entwickelt. Diesen werden die Festspielgäste wahrscheinlich gar nicht bewusst bemerken, er dürfte ihnen aber eine deutlich bessere Orientierung geben. Toningenieur Feth hat erstmals einen sogenannten immersiven Sound für die Aufführung entwickelt. Das bedeutet, er hat einen 3D-Raumklang entwickelt, der auch den Blick der Zuschauer auf das Geschehen auf der Bühne führt.
Das Auge sucht die Klangquelle
Im normalen Theaterbetrieb in geschlossenen Räumen hat der Zuschauer normalerweise keine Probleme, sich zu orientieren. Die Schauspieler sprechen laut und deutlich, der Blick lenkt sich automatisch auf die Klangquelle. Bei allen Veranstaltungen, bei denen die Stimme elektronisch verstärkt wird, also etwa bei Open-Air-Theateraufführungen ist das ein Problem. Wegen der besseren Textverständlichkeit auf der ganzen Zuschauertribüne schicken die Toningenieure den Sprachklang immer über die Lautsprecher in der Bühnenmitte. Dadurch wird aber nicht klar, wer gerade spricht. Das Auge sucht dann immer wieder die Klangquelle.
Das ist diesmal anders. Der Komponist der Musik im aktuellen Festspielstück, Sandro Tajouri, sei schon bei den Festspielen im vergangenen Jahr auf die Sound-Experten zugekommen. Auch ihm habe die akustische Ortung der Schauspieler gefehlt. „Mit seiner Anregung hat er bei uns offene Türen eingerannt“, sagt Feth. Und weil bei der Planung des Bühnenbildes deshalb zwei weitere Lautsprechersysteme an den Seiten integriert wurden, machte es den immersiven Sound möglich. Spricht ein Darsteller auf der linken Seite der Bühne, kommt der Text aus dem linken Lautsprechersystem, das Auge des Betrachters wandert automatisch mit.
Zwölf Antennen und Sender an allen Schauspielern
Möglich machen dies zwölf Antennen, die über Bühne und Tribüne verteilt sind. Diese stehen in Verbindung mit den jeweils zwei Ortungsgeräten, sogenannten Tags, die jede Schauspielerin und jeder Schauspieler trägt. Dadurch kann das System automatisch erkennen, wo die Schauspieler agieren und auf welche Lautsprecher es die Stimmen schickt. Da manche Szenen auch mitten im Publikum auf der Zuschauertribüne stattfinden, kommen auch die Lautsprecher zum Einsatz, die seitlich an der Zuschauertribüne für die 3D-Effekte des Klangs zuständig sind.
Durch den dreidimensionalen Klang können Feth und sein Team auch Effekte unterstützen. Da fliegen plötzlich – ausschließlich akustisch – kleine und große Steine über die Bühne, landen in der Mitte oder auf der anderen Bühnenseite oder an der Wand des Kaiserdoms. Das ist großes Kino für die Ohren.
Ganz Ähnliches findet übrigens auch bei den Bregenzer Festspielen statt. Dort wird auf der riesigen Bühne im Bodensee der Sound ebenfalls auf den überall verteilten Lautsprechern verteilt. Das dortige System ist in der Branche sogar unter dem Namen „Bregenzer Richtungshören“ bekannt.
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[2] https://www.idmt.fraunhofer.de/de/Press_and_Media/press_releases/2021/Neuer-IDMT-Richtungsmischer-fuer-Bregenzer-Festspiele.html