Worms. Es ist eine der vielen Besonderheiten der diesjährigen Aufführung bei den Nibelungenfestspielen gewesen: Die Schauspielerinnen und Schauspieler haben sich zum überwiegenden Teil des Festspielstücks „Hildensaga. Ein Königinnendrama“ im Wasser aufgehalten. Und zwar mit sogenannten Mikroports – kleinen Funkmikrofonen, die normalerweise niemals mit Wasser in Berührung kommen dürfen. Sie sind mit der Technik ab- und aufgetaucht, konnten danach sofort wieder sprechen, schreien und singen. Für diese Leistung, die bundesweit die Aufmerksamkeit der Theaterwelt erregt hat, haben Toningenieur Marius Feth und sein Team zum Festivalabschluss am Sonntagabend den Mario-Adorf-Preis erhalten. Damit hat erstmals kein Schauspieler den Preis bekommen, der mit 10 000 Euro dotiert ist. Teil des Preises, der von dem Wormser Unternehmer Harald Christ gestiftet wurde und seit 2018 verliehen wird. Margret Christ gab am Rande der Verlehung bekannt, dass die Ausstattung des Preises bis 2025 gesichert sei. Mario Adorf, Namensgeber der Auszeichnung, konnte nicht persönlich in Worms sein.
Monatelang habe Feth daran getüftelt, die empfindliche Tontechnik wassertauglich zu machen, zum Teil in der eigenen Badewanne, sagte Laudator und Festspiel-Kuratoriumsmitglied Hans-Werner Kilz, früherer Chefredakteur des „Spiegel“ und der „Süddeutschen Zeitung“. Das Sounddesign sei in diesem Jahr weit mehr als ein technischer Support für die Kunst gewesen, sondern „ein kleines Wunder“, sagte Kilz.
Vorstellungen nahezu ausverkauft
Auch insgesamt sind die Festspiele ein voller Erfolg gewesen, bilanzierte die Festspielgesellschaft am letzten Abend. Nach der Premiere habe der Kartenverkauf nochmals kräftig angezogen. Die Auslastung habe zuletzt bei knapp 95 Prozent gelegen, berichtete Oberbürgermeister Adolf Kessel. Aber auch durch die durchweg positive Resonanz habe Worms positive Signale weit über die Region hinaus gesendet. Im Herbst wollen die Festspiele die Konzeption für die kommenden drei Jahre verkünden. Nico Hofmann hatte seine Intendanz im vergangenen Jahr bis zum Jahr 2025 verlängert. Der in Mannheim aufgewachsene UFA-Chef bilanzierte: „Worms 2022 war für mich ein großer Erfolg: zum einen die Freude über den überragenden Zuspruch des Publikums. Bei aller Düsterheit, die im Moment bei den Zuschauerzahlen in den Theatern zu beklagen ist, hat das Publikum der Nibelungen-Festspiele ein starkes Zeichen gesetzt: Kultur ist wichtiger denn je, gerade im gemeinsamen Erleben.“
Laue lobt "großartiges Ensemble"
Der Künstlerische Leiter Thomas Laue ergänzte: „Es ist eine große Freude zu sehen, wie in diesem Jahr alles gepasst hat. Das ist zum einen dem wirklich großartigen Ensemble zu verdanken, das sicher zu den besten gehört, die wir bei den Nibelungen-Festspielen je hatten.“ Dazu habe mit Roger Vontobel ein hochkarätiger Regisseur ein zweites Mal in Worms inszeniert und seine Erfahrung voll ausgespielt. Die Kombination mit dem literarisch starken und gleichzeitig innovativen und hochaktuellen Text von Ferdinand Schmalz habe gezeigt, dass die Nibelungen-Festspiele nicht nur große Unterhaltung seien, sondern auch inhaltlich relevante Auseinandersetzung mit Gegenwart. „Das sind genau die Mischung und der künstlerische Ansatz, den Nico Hofmann und ich auch in den kommenden drei Jahren fortsetzen möchten.“
Kessel sagte zum Abschluss: „„Die Besucher zeigten sich von der diesjährigen Inszenierung rundherum begeistert: die schauspielerische Ensembleleistung, die spektakuläre Wasserbühne, das Licht, aber auch die technischen Effekte wie das Videomapping am Dom überzeugten. Die sehr gute Mund-zu-Mund-Propaganda sorgte dann zusammen mit den ebenfalls herausragenden Kritiken in den Feuilletons dafür, dass wir in der zweiten Woche nahezu ausverkauft waren.“ Der OB verriet zur Zukunft nur soviel, dass 2023 erstmals eine Autorin das Festspielstück schreiben werde. Den Namen wollten die Festspiel-Macher noch nicht verraten. Premiere wird am 7. Juli 2023 sein.