Serie Kultur im Klimawandel (Teil 3) - Zora Brändle, Vorsitzende des Clubverbands Eventkultur, hat sich an der Popakademie und in der Halle 02 engagiert

Wie Zora Brändle den Kulturbetrieb in und um Mannheim nachhaltiger gestalten will

Von 
Georg Spindler
Lesedauer: 
Sieht in der An- und -Abreise zu Konzerten mit dem Auto eines der größten Umweltprobleme im Kulturbetrieb: die Vorsitzende des Clubverbands Eventkultur, Zora Brändle. © Manfred Rinderspacher

Die Zeiten, in denen Popmusiker Hymnen auf ihre Autos und Motorräder geschrieben haben, sind längst vorbei. Bei Chuck Berrys „Maybelline“ oder „Little Honda“ von den Beach Boys rümpfen Fans der „Fridays for Future“-Generation heutzutage nur noch die Nase. Das ist nicht weiter verwunderlich, schließlich entfallen bei Kultur-Events im Schnitt mehr als 50 Prozent des CO2-Ausstoßes auf Autoabgase.

Dies war das Ergebnis eines „Green Touring“-Workshops, der schon 2014 an der Popakademie Mannheim durchgeführt wurde - Zora Brändle hat daran teilgenommen. Damals war sie noch Studentin, heute ist sie Vorsitzende des Clubverbands Eventkultur Rhein-Neckar. Hier engagiert sie sich unter anderem für die Verwirklichung von Veranstaltungskonzepten, die Kultur und Klimaschutz in Einklang bringen. Höchste Priorität hat für sie dabei Einbeziehung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), wie sie im Gespräch betont.

ÖPNV-Anbindung unerlässlich

Kombitickets, bei denen die Nutzung von Bussen und Bahnen im Kartenpreis für Konzertgäste inbegriffen sind, hält sie für unerlässlich. „Ich komme aus Zürich, und in der Schweiz fährt man fast alle Strecken mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Das hängt aber auch damit zusammen, dass dort fast jedes Kaff angeschlossen ist und der ÖPNV eine gute Taktung hat. Das ist in Deutschland leider nicht so“, bedauert sie.

Mehr zum Thema

Kommentar Der Klimawandel bringt auch die Kultur zum Umdenken

Veröffentlicht
Kommentar von
Georg Spindler
Mehr erfahren
Serie Kultur im Klimawandel (Teil 2)

Popmusik ist energieintensiv, aber schon sehr umweltbewusst

Veröffentlicht
Von
Georg Spindler
Mehr erfahren
Serie Kultur im Klimawandel (Teil 1)

So kann die Kultur grüner werden

Veröffentlicht
Von
Georg Spindler
Mehr erfahren

Wer im Odenwald lebe und ein Konzert in Mannheim besuchen möchte, nehme halt das Auto. „Und das ist nun mal das Problem“, sagt Brändle. Bei Konzerten in der SAP Arena sehe man dann, wozu dies führe, dann seien regelmäßig die Autobahnen rund um die Arena verstopft. „Leute, die von außerhalb Mannheims anreisen, dazu zu bewegen, mit Bus oder Bahn anzureisen, darin besteht die Schwierigkeit.“

Hier sei die Politik gefordert: Abgesehen von der generell noch ausbaufähigen ÖPNV-Infrastruktur in unserer Region, müsse auch dafür gesorgt werden, dass Clubs und Konzertstätten eine gute ÖPNV-Anbindung haben. Nur so gelinge das Umsteigen. Weiterhin gelte es, und hier sind die Bands und Veranstalter angesprochen, Tourneepläne effizient zu gestalten. „Demnächst geht die Mannheimer Band Get Well Soon auf Tour und es gibt keinen Termin in Mannheim. Da wird es schon viele Fans geben, die nach Frankfurt oder Stuttgart fahren“, bemängelt sie.

Dass Klimaschutz in der Kultur an Bedeutung gewonnen hat, das habe sich „durch den Greta-Thunberg-Effekt verstärkt“, hat Brändle festgestellt. In der Kulturpolitik denke man verstärkt darüber nach, ob man künftig nur noch Konzerte öffentlich fördern werde, die Nachhaltigkeit in ihr Konzept miteinbeziehen.

Wie so etwas machbar ist, hat Brändle als Mitarbeiterin der Heidelberger Halle 02 erfahren, wo sie für die ökologische Umgestaltung zuständig war. Der erste Schritt: Umstellung auf Ökostrom, „das kann man relativ einfach tun“, sagt sie. Die Umstellung der Leuchtmittel auf LED habe weitere große Einsparungen bei den CO2-Emissionen erbracht, weit mehr als 50 Prozent. Im Zuge der Sanierung wurde die Halle 02 vor ihrer Wiedereröffnung 2015 nicht nur gut isoliert, sondern erhielt auch Lüftungsanlagen, die ebenfalls CO2-sparend ausgelegt sind.

Und wie sieht Zora Brändles Vision eines nachhaltig konzipierten Kulturzentrums unter idealen Bedingungen aus? Die Antwort kommt prompt: „Solarzellen aufs Dach. Ein Hochbeet oder einen Garten für die eigene Catering-Küche anlegen, damit man sich selbst versorgen kann. Genügend Fahrradständer, direkte Anbindung an eine ÖPNV-Haltestelle, am besten direkt vorm Haus. Das ganze Gebäude im Passivhausstand anlegen. Bio-Toiletten installieren oder, was ideal wäre, Toilettenanlagen, die mit Regenwasser betrieben werden, was aber in Deutschland nicht erlaubt ist. Und Wasserstoff-Generatoren, die liegen im Trend.“

„Und dann fände ich es megacool, wenn es Interrail-Tickets für die Bands geben würde“, wünscht sich Brändle; also europaweite Zugfahrkarten zum Pauschalpreis. „Wir hatten schon Bands, die mit Interrail auf Tour gegangen sind“, berichtet sie. „Eine Mega-Idee fände ich auch Nightliner auf Schienen - ohne Schadstoff-Ausstoß.“

Braucht man noch Riesenshows?

Und so sind wir wieder beim Anfangsthema: Autoverkehr. Sie habe den ganzen Wahnsinn einmal bei einem Konzert der US-Sängerin Beyoncé beobachtet. „Die war mit 24 Trucks und 36 Nightlinern unterwegs. Da weiß ich nicht, was ich noch sagen soll. Da muss man sich halt überlegen: Brauche ich diese Riesenproduktion? Ich finde, weniger kann oftmals mehr sein.“

Redaktion

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen