Enjoy Jazz

Weltpremiere bei Enjoy Jazz: Molvaer und Giannouli begeistern in Ludwigshafen

Nordische Klanglandschaften haben Pianistin Tania Giannouli und Trompeter Nils Petter Molvaer bei Enjoy Jazz in Ludwigshafen ihrem Publikum eröffnet. Das Debüt des neuen Duos ist ein Erfolg.

Von 
Hans-Günter Fischer
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Trompeter Nils Petter Molvaer und Pianistin Tania Giannouli. © Roberto Cifarelli/Daniel Wetzel

Ludwigshafen. Es ist eine erstmalige Angelegenheit, und wenn man unbedingt – wie der Veranstalter das tut – zu großen Worten greifen möchte: Es ist eine Weltpremiere. Doch vor allem soll es eine (künstlerische) Liebe auf den ersten Blick gewesen sein. Bei einem Abendessen anlässlich des Festivals hat sich einst zugetragen, dass Trompeten-Star Nils Petter Molvaer ihr ins Ohr geflüstert hat, wie sehr er ihre Kunst als Pianistin und auch Komponistin schätze und wie gern er einmal mit ihr musizieren würde.

Derart schmeichelnden Avancen konnte sich Tania Giannouli kaum entziehen: Es entstand ein neues Dreamteam, und bei Enjoy Jazz, dem Festival, bei dem das Abendessen stattgefunden hat, feiert es sein Debüt. In einem rappelvollen Saal.

Immer wieder wird der Klang erweitert und verfremdet

Es ist bereits das zweite kammermusikalische Konzert mit einem Bläser/Pianisten-Duo in drei Tagen. Wiederum steigt es in Ludwigshafen, diesmal in der Friedenskirche. Ein Vergleich bietet sich also an: zu Vijay Iyer am Klavier und seinem weisen, alten Freund Wadada Leo Smith an der Trompete, die im Ludwigshafener Gesellschaftshaus gespielt hatten. Das prominente Duo aus den USA wollte zum Teil, in Anbetracht der Weltlage, auch Wut und Resilienz zum Ausdruck bringen. Und gelegentlich sogar an alten Freejazz-Furor anknüpfen.

Die Unterschiede hinsichtlich Temperatur und Temperament könnten bei Molvaer und Giannouli nicht viel größer sein. Die beiden Duos trennen diesbezüglich Welten. Oder mindestens der Nordatlantik, wo es ein paar unbewohnte Inseln geben mag, zu denen Molvaers und Giannoulis manchmal karge und fast völlig leergeräumte Klanglandschaften bestens harmonieren. Das Projekt des neuen Duos ist ein ausgewiesen europäisches. Und nordisches. Was nicht nur an Nils Petter Molvaer liegt, dem Großmeister der Ambient Sounds und eines Tons, der melancholisch schwebt und schweift.

Tania Giannouli ist bekanntlich in Athen geboren, aber fremdelt keineswegs mit diesem Klangkonzept. Die Pianistin mit dem klassischen Klavierdiplom greift immer wieder in die Innereien ihres Flügels, manchmal sogar mit dem Schlägel in der Hand. Nils Petter Molvaer bläst gelegentlich in das Klavier hinein, um Resonanzen zu erzeugen. Immer wieder wird der Klang erweitert und verfremdet, nicht nur analog. Die Elektronik ist noch wichtiger, bei Molvaer spielt sie spätestens seit seiner epochalen Platte „Khmer“ eine enorme Rolle. Der Trompeten-Sound tönt dabei manchmal vollständig nach Synthesizer.

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Doch das bleibt zum Glück die Ausnahme in Ludwigshafen, und das Gros der auf höchst raffinierte Weise einfach strukturierten Stücke – viele wären gut als Filmmusik geeignet – ist einfach erlesen schön. Aufregend statisch. Und Bewegung gibt es manchmal auch, selbst Anklänge an Oriental Jazz und „Weltmusik“ aus Indien finden sich. Auch wenn sie von Giannouli und Molvaer auf unverwechselbare Weise „eingenordet“ werden.

Das Konzert wächst sich zum riesigen Erfolg aus. Mit drei Zugaben. Die erste stammt von Manos Chatzidakis, einem Komponisten an der Schnittstelle von klassischer Musik und griechischer Folklore. Einer seiner größten Hits heißt übrigens auf Deutsch: „Ein Schiff wird kommen“.

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