Comedy-Kritik

Vorpremiere in Bad Dürkheim: Das Publikum springt Chako Habekost fast an

Von 
Jörg-Peter Klotz
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Voll in seinem Element: Christian Habekost im Weingut Fitz-Ritter. © jpk

Bad Dürkheim. Das Weingut Fitz-Ritter hat eine wirklich außergewöhnliche erste Vorpremiere von Christian „Chako“ Habekosts neuem Programm „Life Is Ä Comedy“ erlebt. Nicht nur, weil es am Mittwochabend ein echtes Heimspiel für den Wahl-Bad-Dürkheimer aus Mannheim bietet. Artgerechtere Haltung als im frisch gebauten Flaschenlager eines renommierten Winzers ist für einen kurpfälzischen Komödianten und Hohepriester des hiesigen Lebensgefühls auch nur schwer vorstellbar. Der Sichtbeton und die gut gefüllten Metallgitterkisten im Bühnenhintergrund versprühen zwar etwas rauen Charme, wenn man aus der beschaulichen Parkanlage des Anwesens in die kleine Halle mit dicht gesetzten rund 120 Plätzen wechselt. Aber es passt perfekt zum puristischen, fast rohen, auf jeden Fall Schnickschnack-freien Comedy-Ansatz, den sich Chako (wie berichtet) für sein erstes autobiografisches Programm vorgenommen hat.

Was das Ganze so besonders macht: das Publikum. Die Stimmung bei Habekost-Shows ist immer gut und besser. Speziell die offiziellen im Mannheimer Capitol, wo auch „Life Is Ä Comedy“ am 28. Mai offiziell startet. Keine Ahnung, womit das Fitz-Ritter-Team seine Reben düngt, aber was in dieser gekonnt improvisiert wirkenden „Nightwash“-Atmosphäre mehr als zwei Stunden lang abläuft, erlebt man selten.

Die Leute springen Habekost fast an, als er vor Auftrittsprogramm kurz erklärt, dass es sich um den ersten von drei Testläufen handelt und die Publikumsreaktionen darüber mitentscheiden, ob noch etwas gekürzt wird. Als er dann wie ein Gogo-Tänzer das eigentliche Programm beginnt, wird gejubelt, als hätten sich die Beatles mit Oasis wiedervereinigt, um jetzt K-Pop-Hits zu schreiben. Auch die Lacher sind explosiv, jede Pointe ist ein Treffer - und das nicht vereinzelt, sondern kollektiv.

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Sollte Habekost Anfangsnervosität verspürt haben, bläst sie dieser Begeisterungssturm augenblicklich weg. Der Hauptdarsteller schaltet sofort um in den Spielfreude-Modus und hoch Richtung Spielwut, um dann in einer ausgedehnten Plateau-Phase mit sichtlichem Genuss durch den Abend zu fliegen. Das Vergnügen ist beidseitig und schaukelt sich immer weiter hoch. Manchmal nehmen die Leute ihm beinahe das Wort aus dem Mund und vollenden Formulierungen im Chor, obwohl nur Team- und Familienmitglieder das Programm kennen.

Nun könnte diese proaktive Begeisterungsfähigkeit daher rühren, dass diese Fans monatelang im Keller gehalten wurden und einfach ausgehungert sind (nach zwei Jahren Pandemie mag es sich für manche immer noch so anfühlen). Nach der zweiten Vorpremiere am Donnerstagabend in Nussloch ist das Team um Regisseurin Bettina Habekost vermutlich schlauer. Aber „Life Is Ä Comedy“ ist auch für die hohen Ansprüche, die man an Herrn Doktor Habekost zu stellen gelernt hat, ein exzellentes Programm. Gerade, weil es nicht zu viel will - außer das Leben in all seinen schönen Absonderlichkeiten zu feiern. Der mit erhobenem Schorleglas immer wieder genutzte Trinkspruch „Uffs Lewe“ klingt im Chor regelrecht erhebend.

Seine Lebensgeschichte („Im Anfang war Chako eine befruchtete Eizelle“) ist nur ein lockerer roter Faden für Alltags-Comedy auf höchstem Niveau. Die Geschichten aus der Schulzeit auf der Vogelstang oder dem Zivildienst als Rettungssanitäter beim ASB sind so auf den Punkt und bis in die letzte schwierige Duftnote von der Schokinag bis zum Neumarkt-Kiosk in der Neckarstadt-West beschrieben, dass auch die jüngeren Fans schreien vor Lachen. Was sich noch durch das Phänomen zuspitzt, dass es Habekost immer wieder gelingt, fast vergessene Mundartbegriffe und -redewendungen zu reanimieren, die auch ohne Pointe einschlagen.

Gruseln über Generationengrenzen

Das steigert sich noch, wenn der 60-Jährige handfest beschreibt, was früher alles n i c h t besser war als heute - das gruselt über Generationengrenzen hinweg grandios. Was Habekosts kulinarisch-mikrobiologische Feinanalyse der Ingredienzen der „Pälzer Schluckimpfung“, des von Mund zu Mund wandernden Trollschoppens, auf eine fast schüttelfrosterregende Spitze treibt. Politische Spitzen platziert er vereinzelt im Wortspiel-Detail. Und auch wenn Habekost anfangs verspricht, den „Krieg und dieses C-Thema“ auszuklammern, entschärft er auch diese Schreckgespenster zumindest für einen Abend lang extrem gekonnt.

Ressortleitung Stv. Kulturchef

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