Wann, wenn nicht 2022 ist ein guter Zeitpunkt für ein erstes autobiografisches Live-Programm von Christian Habekost? Schließlich kann Chako in seinem doppelten Jubiläumsjahr auf 30 Jahre Bühnenerfahrung zurückblicken und am 27. März einen runden Geburtstag feiern. Was man kaum glauben mag, wenn man mit ihm in der Klosterschänke auf der Limburg zusammensitzt und der Mann vor lauter Energie und ungenutzter Spielfreude beinahe Funken sprüht. Zumindest, während er begeistert über dieses neue Live-Projekt nach zwei Jahren fast kompletter Bühnenabstinenz voller Tourabsagen und Terminverschiebungen spricht. „Life Is Ä Comedy“ wird es heißen, offizielle Premiere ist am 28. Mai wie gewohnt im Mannheimer Capitol, der Vorverkauf startet an diesem Freitag.
„Ich glaube, meine persönliche Geschichte ist lustig genug, dass sie auch Allgemeingültigkeitsanspruch hat. So dass die Leute sagen: ,Ach guck, bei mir war’s genau so. Weescht noch?“ Dazu transportiert auch der Titel eine typisch chakotische „Highmat“-Botschaft: „Bei ,Life Is Ä Comedy’ könnte man vordergründig betrachtet sagen: ,Her, jetzt macht er noch änna uff Denglisch, wo er immer dagege war’. Der Trick ist: Durch zwei kleine Ä-Striche einen englischen Titel in ein kurpfälzisches Lebensmotto zu verwandeln und zwei Sprachen zu verbinden.“
Das Plakat zur Tournee mit fast 30 Stationen in der gesamten Kurpfalz verdeutlicht, dass Habekost sich dabei auf die Bühne seines eigenen Lebens stellt: Im Zentrum steht der alterslose Chako, bei dem 60 problemlos das neue 35 darstellen kann. Daneben platziert sind zwei kindlich bis jugendliche Alter Egos - und natürlich der alte Woifest-Besucher, dessen „Frieher hot’s des net gewwe!“-Nummern mindestens so lange unverzichtbar sein werden, bis selbst der alterslose Dr. phil. nichts Anderes mehr spielen kann. Also vermutlich um 2072 … Die neue Nummer des pfälzischen Miesepeters könnte buchstäblich viral gehen. Mehr dazu will Chako noch nicht in der Zeitung verraten, genauso wenig wie über den pragmalinguistischen Überraschungseffekt am Anfang der neuen Show.
Vom Mannheimer Capitol bis zum Seebühnenzauber im Luisenpark
- Der Kabarettist, Musiker und Autor Christian „Chako“ Habekost wurde am 27. März 1962 in Mannheim geboren, wo er auch aufgewachsen ist. Der promovierte Philologe studierte in Mannheim, London und im jamaikanischen Kingston Germanistik, Anglistik und Politologie.
- Mittlerweile lebt er mit seiner Frau Britta Habekost in Bad Dürkheim. Gemeinsam schreiben sie die erfolgreichen Regionalkrimis der „Elwenfels“-Reihe. Darüber hinaus hat der Experte für karibische Musik 2021 die Band Chakos HaardtBeat gegründet.
- „Life Is Ä Comedy!“ feiert offiziell am 28. Mai im Mannheimer Capitol Premiere. Dort folgt am 10.9. ein weiterer Auftritt.
- Am 29.5. spielt Chako im Palatinum Mutterstadt. Es folgen unter anderem Stadthalle Weinheim (10.6.), Mehrzweckhalle Ilvesheim (11.), das Bensheimer Parktheater (16.), Pfalzbau Ludwigshafen (18.), Stadthalle Hockenheim (28.), Festhalle Brühl (6.7.), Schlossfestspiele Edesheim (14.), Lutherhaus Schwetzingen (24.7.) und der Mannheimer Seebühnenzauber am 5.8.
- Komplette Übersicht: chako.de
Wichtiger ist ihm herauszustellen, dass er in „Live Is Ä Comedy“ hauptsächlich von seinem Leben erzählt. Und das in puristischer Stand-up-Manier, „roh, ohne Firlefanz!“ Nennenswerte Requisiten, Showeffekte, Musik oder Einspieler soll es nicht geben, dafür soll das Wort geschliffen jongliert werden. „Ich spiele den Geschichtenerzähler, rutsche nur manchmal ganz kurz in verschiedene Rollen. Es geht darum, wie ich Comedian geworden bin - das geht schon als Embryo los, das ist die erste Nummer.“
Wichtig ist natürlich, wie der gebürtige Mannheimer zum Dialektsprecher geworden ist. Was man sich in Zeiten der etwas lebensfernen Debatte um Mundart als restringierten Sprachcode, der einen quasi blöd hält, als gar nicht so leicht vorstellen muss. „Das stimmt. Zumal ich in einem Migrantenhaushalt großgeworden bin. Mein Vater ist ja aus Niedersachsen gekommen und meine Mutter aus Berlin.“ Geburtshelfer der Chako-Schlabbgosch war nicht nur der Gynäkologe seiner Mutter, sondern ein Hausmeister, der ihm die sinnlichen Reize der Mannemer Mundart nahebrachte. Es war Liebe beim ersten Hören - obwohl der kleine Chako auf dem Arm seiner Mutter eigentlich an einem Bäuerchen arbeitete. Auch ganz wichtig: die Peer Group auf dem Gymnasium. Genauer: Zwei testosterongeschwängerte Teenager-Mannsbilder, die dem freundlichen Jungintellektuellen handfeste verbale Lektionen in Bodenhaftung erteilten - im Austausch für die Hausaufgaben. Aus dem Berufswunsch der Eltern für ihren Christian, Lehrer oder zumindest „sauber sprechen“, wurde also nichts: „All das habe ich nicht gemacht und mir dadurch eine Karriere aufgebaut, bei der es immer nach oben ging - bis Corona.“ Da sind wir schon bei den unerfreulichen Themen dieser Tage: Pandemie, und auch am Ukraine-Krieg führt in Unterhaltungen kein Weg vorbei. „Ich will nicht, dass die Leute vergessen, was da draußen alles los ist, wenn sie zum Chako ins Programm kommen. Aber ich war noch nie so gewillt, uns allen gute Zeit zu geben. Lachen als Therapie! Weil das, was da draußen abläuft, richtig beschissen ist.“
Deswegen beantwortet er die Frage, ab welchem Eskalationspunkt im Krieg er nicht auftreten wollen würde, auch sehr entschieden. „Da müsste ich sterben“, sagte er ganz ernst. Und erinnert daran, „dass es Kabarett auch in den schwersten Zeiten gab - man hat sich immer getroffen, um das Leben noch ein bisschen genießen zu können.“ Eine Seuche wie Corona, das sei etwas ganz Anderes: „Da will man erstmal nicht mit anderen Menschen zusammenkommen.“ Jetzt müssten die Kassandrarufe aber langsam aufhören, findet Habekost, „andere Länder schaffen es auch, wo man immer gesagt hat: Ouh, das wird böse ausgehen. Wie in England oder Schweden. In Spanien wurde es jetzt zur Grippe heruntergestuft. Fertig.“
Dass mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj plötzlich ein Komikerkollege so markant auf der Weltbühne auftritt, amüsiert Habekost: „Ich glaube ja an Seelenpläne. Also, dass die Menschen nicht aus Zufall an ihren Platz auf der Welt gespült werden.“ In der Idee der Reinkarnation stecke auch viel Komik: „Der Mensch durchlebt verschiedene Leben, und seine Seele darf sich das vorher wünschen. Zum Beispiel: In den 20er Jahren des 21. Jahrhunderts möchte ich irgendwo an der Macht sein und darum kämpfen müssen. Vielleicht dachte Selenskyj, er wäre zum Comedian geboren, aber seine Seele hatte etwas Anderes vor - jetzt ist er da, wo er hinsoll.“ Und verbindet sogar beides: „Die USA bieten ihm an, sicher auszufliegen. Er sagt: ,Ich brauche Waffen und keine Mitfahrgelegenheit.’ Wenn das nicht alles so tragisch wäre, dann wäre das eine echte Punchline, die sich nur ein Comedian ausdenken kann.“ Chako selbst habe aber überhaupt keine Ambitionen, Politiker zu werden: „Mein Seelenplan hat sich schon erfüllt.“
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