Kulturpolitik

Umfrage zu Proberäumen: In Mannheim fehlen 4000 Quadratmeter - mindestens

Start Next legt Ergebnisse zum Bedarf von Musikschaffenden in der Unesco City of Music vor. Der Rat für Kunst und Kultur freut sich über die Resonanz aus der Szene, fordert aber mehr Mitsprache

Von 
Jörg-Peter Klotz
Lesedauer: 
Heiß diskutierte Mangelware in der Unesco City of Music: ein Proberaum. © istock

Mannheim. Dass in der Unesco City of Music Mannheim Proberäume für Musikerinnen und Musiker aller Sparten Mangelware sind, ist kein Geheimnis. Eher ein Reizthema. Jetzt hat Next Mannheim im Auftrag der Stadt versucht, mit Hilfe einer Umfrage den konkreten Bedarf zu ermitteln. Demzufolge gibt es ein bekundetes, relativ verbindliches Interesse für eine Fläche von 3950 Quadratmetern. Das geht aus der „Zusammenfassung der Evaluation des Raumbedarfes für Akteur*innen aus dem Bereich Musikwirtschaft“ hervor, die dieser Redaktion exklusiv vorliegt.

In Bezug auf die individuellen Raumgrößen pro Partei zeigt sich dabei, „dass die überwiegende Mehrzahl im Bereich von 20 bis 30 Quadratmeter pro Einheit liegt“, heißt es in dem von Musikpark-Chef Steffen Baumann vorgelegten Papier. Die Umwidmung des von ihm geleiteten Hauses in Nähe der Popakademie zu einem Greentech-Zentrum hatte Ende 2023 eine Debatte ausgelöst, nachdem zuvor ein Teil des Privatangebots an Proberäumen in Mannheim weggefallen war.

Probenräume in Mannheim: Zehn bis 14 Euro Kaltmiete

In diesem Zusammenhang wurde die städtische Tochtergesellschaft Mannheimer Gründungszentren GmbH (Next Mannheim) beauftragt, ein Raum- und Nutzungskonzept zu erstellen, mit dem die Musikszene und -wirtschaft künftig gefördert werden kann. Im Dezember und Januar wurde eine Online-Umfrage unter musikwirtschaftlichen Akteurinnen und Akteuren durchgeführt, um den Raumbedarf so konkret wie möglich beziffern zu können - quantitativ und qualitativ.

Statistische Details zur Umfrage

  • Ausbildung: Von den 156 Teilnehmenden, auf die sich die Auswertung der Umfrage zur „Evaluation des Raumbedarfes für Akteur*innen aus dem Bereich Musikwirtschaft“ durch Next Mannheim beschränkt, sind 41 aktuell mit einem Hochschulstudium im Bereich Musik beschäftigt. 62 haben eine Hochschule besucht und 53 Teilnehmende verfügen über keine universitäre Ausbildung.
  • Erwerbsstatus: 104 der Befragten leben aktuell ausschließlich (76) oder überwiegend (28) von ihrer musikalischen Tätigkeit. 27 weitere planen die vollständige Selbstständigkeit und lediglich für 22 Teilnehmende ist Musik eher leidenschaftliche Freizeitbeschäftigung.
  • Start-Ups: Darunter sind 38 Unternehmungen, die als Existenzgründungen angesehen werden können, da seit dem Zeitpunkt des Beginns ihrer selbstständigen Tätigkeit weniger als fünf Jahre vergangen sind.

 

Die Resonanz war beachtlich: Insgesamt beteiligten sich 353 Personen. „Aber bei einer Umfrage mitzumachen, ist etwas anderes als verbindlich einen Mietvertrag zu unterschreiben“, erklärt Baumann. Deshalb wurde die Auswertung auf die 156 Teilnehmenden beschränkt, die „bereit waren, ihren Namen sowie ihre Kontaktdaten anzugeben“.

Aus den Angaben dieser 156 Personen ergab sich, dass bereits etablierte Musikschaffende „bereit und in der Lage wären einen Netto-Quadratmeterpreis von 14 Euro (zuzüglich Nebenkosten) für ein entsprechendes Raumangebot aufzubringen“. Wer sich in Gründungsphase befinde, sei bereit, eine Netto-Kaltmiete von 10 Euro pro Quadratmeter aufzubringen. Von den Teilnehmenden erklärten sich in der Umfrage 80 bereit, zu diesen Konditionen einen Proberaum anzumieten. Der Bedarf von 4000 Quadratmetern beziehe sich auf diese Gruppe, so Baumann. Das laufe der Umfrage zufolge auf ungefähr 60 Probe- und 40 Studioräume hinaus. Nach Baumanns Einschätzung und der von Next-Mannheim-Geschäftsführer Christian Sommer „kann sicher davon ausgegangen werden, dass eine Fläche von mindestens 2500 Quadratmetern einer musikwirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden kann.“

Suche nach Probenraum in Mannheim Komplizierter als gedacht

Das entspricht weitgehend den Ideen, die Next Mannheim schon vorgestellt hat, mit einer Art Campus in Nähe der bisherigen Musikparks. „Da sind wir dran“, betont Sommer. Die Umsetzung sei etwas komplexer als erwartet: „Es gibt noch einige baurechtliche Fragezeichen.“ Grundsätzlich sei er aber optimistisch. Die Baukosten für einen solchen neuen Musik-Campus könne er noch nicht beziffern. Für das städtische Angebot kämen vor allem „Leute infrage, die über Musik etwas erreichen wollen“, so Baumann.

Mehr zum Thema

Sommerbühne

Jazz-Quartett Molass stimmgewaltig auf der Sommerbühne der Alten Feuerwache

Veröffentlicht
Von
Tanja Capuana
Mehr erfahren
Mannheim

Sommerkino in Mannheim startet am heutigen Dienstag

Veröffentlicht
Von
Red
Mehr erfahren
Konzertkritik

Kiki auf der Mannheimer Sommerbühne: Härter, aber genauso euphorisch wie früher

Veröffentlicht
Von
Jörg-Peter Klotz
Mehr erfahren

Die Umfrage brachte aber auch andere Erkenntnisse: einen hohen Bedarf an Lagerkapazität zum Beispiel. Oder das Bedürfnis, sich Räume und Infrastruktur zu teilen. „Die Möglichkeit aufzunehmen, braucht man ja nicht in jedem Raum“, so Baumann. Im Nachwuchsbereich kenne sie keine einzige Band, die einen Raum für sich allein benötige, berichtet Beril Ylman-Kohl. Mannheims Beauftragte für Musik und Popkultur erklärt das nicht nur mit den geringeren Kosten: „Da geht es vor allem um den Austausch mit anderen Bands, den Netzwerk-Effekt.“

Die technischen Anforderungen an die Räume beziehen sich vor allem auf Akustik und Schallabsenkung: "Die von uns abgefragten voraussichtlichen Emissionswerte der Nutzungen belaufen sich im Durchschnitt auf circa 90 Dezibel, was besondere Herausforderungen in Hinblick auf die Schallübertragung in einem Gebäudekomplex mit sich bringt“, bilanziert Baumann in der Zusammenfassung. Diese Anforderung mache bislang auch die angedachte Zwischennutzung leerstehender Gewerbeimmobilien schwierig, ergänzt Sommer.

„Nicht ausreichend“

Songwriterin Julia Nagele alias Listentojules vom RAT für Kunst und Kultur Mannheim freut sich über die rege Teilnahme an der Umfrage in kurzer Zeit. Die von ihr vertretene Sektion Musik des RATs fordere eine umfassende Analyse in Zusammenarbeit mit der freien Szene, bevor mit der Bauplanung begonnen wird: „Um sicherzustellen, dass die genauen Bedürfnisse berücksichtigt werden. Wir sind überzeugt davon, dass eine Fläche von 2500 Quadratmetern nicht ausreichend ist - die Kreativschaffenden sehnen sich unfassbar nach gut ausgestatteten Räumlichkeiten.“ Das Thema Räume stehe auch bei anderen Kultursparten ganz oben auf der Agenda.

Ressortleitung Stv. Kulturchef

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen