Tanz im Felina Areal

Tanzprojekt "Kwaidan" begeistert am Mannheimer Theater Felina Areal

Für die Tanz-Reihe „Kwaidan“ im Theater Felina Areal Mannheim lässt Sascha Koal Choreographen und Tänzer Geisterstories erzählen. Teil eins unter anderem mit der großartigen Veronika Kornová-Cardizzaro macht Lust auf mehr

Von 
Ute Maag
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Gehen hier aufeinander los: Sade Mamedova und Lorenzo Ponteprimo als Geschwisterpaar „Hänsel und Gretel“ von Martina Martìn. © Günter Krämmer

Mannheim. „Kwaidan“ ist nicht nur der japanische Begriff für eine Geistergeschichte und Titel einer 1904 erschienenen Geschichtensammlung des nach Japan emigrierten irisch-griechischen Autors Lafcadio Hearn. Es ist auch der Name des cineastischen Meisterwerks von Masaki Kobayashi aus dem Jahr 1964. Der oscar-nominierte Episodenfilm erzählt bildgewaltig vier Storys aus Hearns Buch nach und inspirierte Sascha Koal, Chef des Mannheimer Theaters Felina Areal, zu einem Tanzprojekt, dessen erster Teil nun dort Premiere feierte.

Das weite Feld der fantastischen Weltliteratur bildet die thematische Klammer um insgesamt acht mystische Geschichten, choreographiert und getanzt von Akteuren der an Vielfalt reichen freien Szene der Region. Wie immer ließ Koals Konzept diesen viele Freiheiten bei der Auswahl der Stoffe und ihrer künstlerischen Umsetzung. Die Choreographen Sade Mamedova, Luches Huddleston jr. und Martina Martìn, die den Reigen der insgesamt drei Tanzabende eröffnet, dankten das Vertrauen mit sehenswerten Arbeiten, die - wie gute Geschichten das eben tun - Lust auf die Fortsetzung im Februar machten.

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Geistergeschichten von Lafcadio Hearn und anderen dienen als Vorlage

Hearns Erzählung „Ein ewiges Geheimnis“ um die Kaufmannstochter O-Sono, die jung verstirbt und ihrer Familie fortan Nacht für Nacht als Geist erscheint, bis ein Zen-Priester sie endlich erlöst, indem er ihr dunkles Geheimnis vernichtet, inspirierte Sade Mamedova zu ihrem Stück „I don’t wanna forget, nor let go“, mit dem sie selbst im Duo mit Martina Martìn das gut einstündige Programm beginnt.

Anfangs noch synchron nebeneinander tanzend, verschmelzen ihre Körper zusehends. Eng verschlungen wie siamesische Zwillinge tragen sie einander, ein Körper mal leblos wie eine Puppe in den Armen der anderen, mal voller Spannung fast skulptural nach oben gereckt, und erzählen so ungemein ästhetisch die Geschichte von Liebe und Tod und dem Nicht-Loslassen-Können oder -Wollen.

Kinderspiele und Raufereien bereichern das zeitgenössische Tanzaufgebot

In „Blaupause“, basierend auf der Handlung des Gedichts „Little Boy Blue“ von Eugene Field, erweckt Luches Huddleston jr. zwei Spielzeugfiguren zum Leben. Veronika Kornová-Cardizzaro, langjähriges Ensemble-Mitglied am Nationaltheater und Arnold-Petersen-Preisträgerin, und der Italiener Giovanni De Buono sind hinreißend als Soldat und Hund, die sich Rost und Staub abklopfen, um nächtens durchs verwaiste Kinderzimmer zu tanzen.

Huddleston jr. bereichert das zeitgenössische tänzerische Vokabular der beiden mit Rückgriffen auf Kinderspiele wie „Reise nach Jerusalem“ oder Klatschspiele und verlegt einen Teil der Choreographie hinter eine weiße Leinwand, die die Körper der Tänzer als blau-weißes Schattenspiel zeigt, während sie Bewegungssequenzen vom Auftakt, der komplett ohne Musik auskommt, zu Klängen von Vivaldi und Bobby McFerrin wieder aufnehmen. De Buonos Hut mit fliegenden Hundeohren (Kostüm: Britta Hildebrandt) verleiht dem an sich traurigen Thema (das zwischen die Musik rezitierte Gedicht handelt vom Tod eines Kindes) schwebende Leichtigkeit.

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Martina Martìn vollendet das geisterhafte Tanz-Triptychon mit „Hänsel and Gretel re-invented“: Sie lässt Sade Mamedova und Lorenzo Ponteprimo als Geschwisterpaar aufeinander losgehen. Die Bedrohung durch die Hexe deutet sie maximal an - als die Lage ernst wird, raufen sich der große Bruder und die kleine Schwester buchstäblich zusammen.

Zwei weitere Aufführungen finden am Samstag, 20. (19 Uhr), und Sonntag, 21. (18 Uhr) Januar, statt. Im Februar wird die „Kwaidan“-Reihe mit weiteren Stücken fortgesetzt.

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