Bad Dürkheim. Schriftsteller-Paare sind gar nicht so selten. Eheleute, die gemeinsam Romane schreiben, gibt es dagegen kaum. Das deutsch-skandinavische Schweden-Krimi-Duo Roman Voosen und Kerstin Danielsson ist ein Beispiel. Wie die Briten Nicci Gerrard und Sean French alias Nicci French, die ein gemeinsames Autorinnen-Pseudonym gewählt haben.
Auf den Buchdeckeln der erfolgreichen Pfalzkrimi-Reihe „Elwenfels“ von Britta und Christian „Chako“ Habekost lässt der gemeinsame Nachname keinen Zweifel über den Beziehungsstatus des Autorenteams aufkommen. Kurz nach Erscheinen ihres fünften gemeinsamen Bandes „Traubentod“ luden die gebürtige Heilbronnerin und der geborene Mannheimer zum Werkstattbesuch in ihre Wohnung in Bad Dürkheim.
Eine Ehe spannend wie ein Krimi?
Halb über den Dächern der Kurstadt an der Haardt geht es am Wohnzimmertisch mit angedeutetem Panorama-Blick erstmal um Arbeitsteilung für die Fälle im fiktiven, leicht „Twin Peaks“-haften Pfälzerwald-Dorf Elwenfels. Schriftstellerei ist ja in der Regel eine Angelegenheit einsamer Entscheidungen - und bis zur Begegnung mit Gegenlesenden oder dem Lektorat konfliktfrei. Was sich nicht über jede Ehe sagen lässt.
Autoren-Team Habekost
- Britta Habekost: Die Autorin wurde 1982 in Heilbronn als Britta Hasler geboren, wuchs in Ludwigsburg auf und studierte in Stuttgart Geisteswissenschaften. 2008 zog sie nach Bad Dürkheim.
- Christian „Chako“ Habekost: Der Kabarettist wurde am 27. März 1962 in Mannheim geboren. Er studierte in Mannheim, London sowie Kingston Germanistik, Anglistik und Politische Wissenschaft. Er schloss sein Studium 1991 mit einer Promotion über afro-karibische Performance-Stile ab.
Aber so harmonisch und vorbildlich entspannt wie der Umgang der Habekosts miteinander anmutet, ist auch ihre Arbeitsbeziehung. Zumal die Aufteilung der Aufgaben hier auf der Hand liegt. Die Krimi-Expertin schreibt das Basiswerk mit dem für sie typischen akribischen Blick auf plausible Handlungsstränge, Charaktere, plastische Schauplätze und einen schlüssigen Fall. Der Comedy-Palatinator und Doktor der Philologie bringt das authentische pfälzische Lokalkolorit, seine bühnengestählte „Highmat“-Philosophie, den möglichst korrekten Dialekt und „Elwenfels“-typischen Humor ein.
Mafiosi im Pfälzer Wald
Aber: „Vorbereitung ist alles“, erklärt Britta Habekost, warum sie mit ihrem Mann an ebendiesem Wohnzimmertisch beim Glas Wein zuerst gründlich den Plot konstruiert. „Das erspart viel Arbeit.“ Die Grundidee müsse vorher klar sein, ergänzt Chako. Bei „Traubentod“ bringt er sie auf den kernigen Nenner: „Gangster! Netflix-mäßig.“ Die Hauptfigur Carlos Herb wird in der Idylle seiner pfälzischen Wahlheimat von Mafiosi aus seinem früheren Leben als Polizeikommissar in Hamburg ausfindig gemacht - mit dramatischen Folgen.
Dann müsse man sich hinsetzen, was auch manchmal weh tue: „Das ist wirklich Arbeit, mit Bohren und Machen“, findet Chako. Auszubaldowern sei: „Wie läuft die Geschichte? Wo ist der Kriminalfall? Wie reagieren die Elwenfelser? Wer kommt dazu? Wer bleibt auch da?“ Tatsächlich bleibt nach jeder Geschichte ein „Außergewärtiger“ in dem kleinen pfälzischen Dorf, das nicht ganz unbeabsichtigt an gewisse unbeugsame Gallier und ihre Gelage erinnert.
Eigentlich gibt es bei uns immer Konsens
Britta Habekost schreibt dann in ihrem Arbeitszimmer das erste Kapitel, vor einer eindrucksvoll mit Büchern vollgestopften, erstaunlich aufgeräumten Regalwand. „Dann schickt sie’s mir, ich lese es durch und dann wird’s bissel aufgepimpt.“ Früher hätte man aufmotzen gesagt. „Die Dialoge, mit dem Witz, Humor und Dialekt. Dann geht’s wieder zurück“, so der Comedian. Meistens sei es mit einem solchen Durchgang pro Kapitel getan, bevor am Schluss das Gesamtwerk zusammen unter die Lupe genommen werde.
„Eigentlich gibt es bei uns immer Konsens“, antwortet die 40-Jährige auf die Frage, ob es im Team „Elwenfels“ einen Kapitän mit Richtlinienkompetenz fürs letzte Wort gäbe. „Wir mussten uns nur ein paar mal etwas zügeln, wenn es sehr speziell ins Pfälzische reingeht. Der Piper Verlag ist ja überregional.“ Der halte sie schon dazu an, lesbar zu sein auch für Leute aus Dortmund, Hamburg oder Berlin. Ab und zu habe das Lektorat des Münchner Verlages schon mal ein paar Änderungswünsche, aber nichts Dramatisches.
Es ist eigentlich immer so, dass man die Einwände annimmt und sich denkt: ,(V)erwischt!
Grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten in der „Elwenfels“-Schmiede gebe es kaum, betont auch Chako Habekost. „Aber es gibt schon Dinge, die uns wechselseitig nicht so gefallen.“ Bei seiner Frau würde er schon mal anmerken, dass sie zu blumig und ausufernd zum Beispiel die Natur beschreibt. „Das kann man schneller machen, aber sie erzählt halt gern. Bei mir würde sie kritisieren, wenn ich komödiantisch zu sehr auf die Zwölf haue.“ „Ja, wenn es zu klamaukig wird, dann bitte ich ihn schon mal, etwas rauszunehmen“, sagt die zuletzt auf historische Kriminalromane spezialisierte Autorin. „Es ist eigentlich immer so, dass man die Einwände annimmt und sich denkt: ,(V)erwischt!’ “, ergänzt ihr Mann.
Treffen vor der imposanten Bücherwand
Trotz gemeinsamer Arbeit in einer „Elwenfels“-Phase, die bis zu zehn Monaten dauern kann, seien die Tagesabläufe der beiden verschieden: „Wenn man schreibt, arbeitet man ja ständig. Man bleibt ja auch in Gedanken in der Geschichte. Selbst beim Einschlafen denke ich manchmal: Ou, das muss ich morgen anders machen.“ Einen ähnlichen Grundablauf gibt es aber: Aufstehen, Frühstück, gemeinsam trainieren. Dann gehe jeder an seinen Schreibtisch - Chako Habekost vor einer noch imposanteren Bücherwand im Raum neben dem Wohnzimmer. „Dann treffen wir uns irgendwann wieder.“
Das Ehepaar Allende konnten nicht zusammen arbeiten
Klingt schön, wenn man als Paar so miteinander arbeiten kann. „Das ist wunderbar!“, bekräftigt Britta Habekost und ihr Mann legt nach: „Wir sind uns dessen sehr bewusst, dass das selten funktioniert, und sehr dankbar dafür, dass wir das so harmonisch machen können. Isabell Allende und ihr Mann haben es auch versucht - und gelassen, bevor es zur Scheidung kam.“ Bei Habekosts liege es daran, „dass jeder genau weiß, was der andere gut kann und ihm auf dem Gebiet das letzte Wort lässt.“
Regionalkrimis der „Elwenfels“-Reihe
- Seit 2016 veröffentlicht das Paar die Regionalkrimis der „Elwenfels“-Reihe: Der fünfte Band „Traubentod: Ein Elwenfels-Krimi“ ist gerade erschienen (Piper, 385 Seiten, 14 Euro). Ebook: 9,99 Euro. Die 517 Minuten lange Hörbuch-CD gibt es unter chakosladen.de (17 Euro).
- Oder bei den zahlreichen Lesungen der Habekosts: Zum Beispiel am 26. April, 20.30 Uhr, bei Thalia in Mannheim. Weitere Termine: Weingut Fitz-Ritter, Bad Dürkheim, 4. Mai. Schatzkistl Mannheim, 21. Ma. Mehr unter chako.de.
Da sind wir wieder beim Punkt, dass sich die Ressorts zwischen einer Profi-Schriftstellerin und einem Komiker, der in der Region eine Institution mit Autorität in landsmannschaftlichen Fragen ist, fast automatisch verteilen. „Ich bin einfach nicht der Mann für den langen Text“, bekennt Chako, während seine Frau sich mit dem Kurzen, Pointierten schwer tue. Aber in puncto Humor habe sie mächtig zugelegt: „Sie lernt unheimlich schnell. Manchmal bekomme ich einen Text, bei dem ich laut rauslachen muss. Daran muss ich fast nichts mehr machen.“
Hoffnung auf Verfilmung der Krimis
Der gemeinsame Nenner für die beiden Serien-Fans ist die Dialogschule von HBO, Netflix und Co. „Absolut!“, sagt Britta Habekost. Chako: „Wir sind schon sehr film- und serienorientiert, deshalb haben wir im fünften Teil Metaebenen-mäßig darüber geschrieben, dass in Elwenfels eine Serie gedreht wird.“ Weil es sowieso Teil ihrer Freizeit sei, und das sickere auch in die künstlerische Arbeit rein.
Kann man „Elwenfels 5“ als Wink an den SWR verstehen, den vom Kabarettisten heftig gegeißelten Pseudo-Ludwigshafener „Tatort“ durch einen Elwenfelser zu ersetzen? „Nicht an den SWR“, lacht Chako, „beim SWR hätten wir unsere Bedenken, was da am Ende bei rauskommen würde. Aber natürlich glauben wir, dass es so ein geiler Stoff ist, dass er verfilmt werden muss. Es gibt auch im Hintergrund Bestrebungen, Leute fragen nach einem Film, Ideen, Crowdfunding. Da vertrauen wir dem Universum, dass irgendwann etwas kommt“, hofft der 61-Jährige entspannt auf eine Zukunft mit Happy End - typisch Elwenfels.
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