Rock am Ring

Rock am Ring: Auf der Schaukel der Genres

Von 
Markus Mertens
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Die Fans feiern bei Rock am Ring ausgelassen. © Markus Mertens

Nürburg. Selten spürt man die Kraft der Kontraste bei Rock am Ring so intensiv und widerspruchslos wie an diesem zweiten Festivaltag 2022. Denn auch, wenn das Traditionsfestival am Nürburgring längst dafür bekannt ist, sich und die eigenen Möglichkeiten inhaltlich nach allen Richtungen hin sinnvoll zu dehnen: Die Gegensätze liegen in diesen Stunden offen zu Tage – und ergeben im großen Ganzen dennoch keinen Bruch. Eindrücke eines bleibenden Festivalereignisses.

Es fängt schon bei den verrückten Indie Rockern der Gang Of Youths am frühen Nachmittag an. Denn – ähnlich wie 2018 einst Greta Van Fleet – legen die Jungs aus Sidney mit willenlosen Tanzeinlagen, flirrenden Soli und jeder Menge Party-Laune eine derart wilde Show auf die Bretter, dass man nur annehmen kann, wie rasant sich die Karriere dieser Musiker nach diesem Auftritt entwickeln wird.

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Von notwendiger Entwicklung kann bei Baroness keine Rede sein. Mit stellenweise fast göttlichen Gitarrenriffs und einem Sinn für effektvolle Dramaturgie ziehen die US-Amerikaner aus Georgia ihr Progressive Metal-Epos durch, während nebenan mit Boston Manor ein echter Hardcore-Geheimtipp endlich neue Anhänger gewinnt. Wem all das zu sehr auf die Zwölf geht, der verschwindet kurzerhand für eine Stunde an die Hauptbühne, genießt eine Stunde gut gelaunten Pop der Sportfreunde Stiller – es fühlt sich fast an wie das lustvolle Wippen auf einer Schaukel der Genres. Alle Denkverbote sind dabei bewusst ausgeschaltet.

Starke Kontraste bei gut gelaunter Menge

Denn es ist just dieser Abwechslungsreichtum, von dem der Ring erkennbar immer wieder lebt. Längst warten an der Utopia Stage die ersten Placebo-Fans, als Alligatoah noch mit seiner Bühne auf der Bühne, Bauarbeiter und Nasenflöte für dekadenten Musikhumor sorgt. Doch statt müder Gesichter schaut der Hip Hop-Star in eine prächtig gelaunte Menge, die zumindest zu einem Teil sicher zum ersten Mal Notiz von ihm genommen hat. Noch launiger sollte es in Sachen Bass nur später bei Casper noch einmal werden.

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Doch auch die Pre-Headliner von Placebo verstehen mit ihrem keineswegs sperrig arrangierten Progrock zu gefallen. Optisch grandios inszeniert, auf Dynamik und Interaktion geeicht und mit sichtbarer Lust an der Sache überstrahlen die Briten gar den vor allem visuell bombastischen Auftritt der Headliner von Muse. Fehlt eigentlich nur noch der eitle Schabernack der Pott-Punker der Kassierer, damit man sagen kann: Viel mehr Unterschiedliches wäre an diesem Tag nicht gegangen. Doch der Daumen, der zeigt klar nach oben!

Freier Autor

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