Mannheim

Neues Capitol-Musical hat eindringliche Botschaft

Die neue Capitol-Eigenproduktion ist eine schrille Familiengeschichte, die das Publikum aber auch zum Nachdenken anregen soll. "La Cage aux Folles" feiert am Samstag, 17. September, Premiere

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Tanja Capuana
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Bringen essenzielle Fragen auf die Bühne (von li.): Hannes Staffler (spielt Georges), Choreographin Doris Marlis, Markus Beisel (Albin) und Regisseur Georg Veit. © Tanja Capuana

Ein Hauch von Broadway weht durch das Capitol: Das Veranstaltungshaus in Mannheim hat eine neue Eigenproduktion am Start, die morgen Premiere feiert.

Regisseur Georg Veit hat aus dem schrillen Musical „La Cage aux Folles“ („Ein Käfig voller Narren“) ein Werk herausgearbeitet, das das Publikum auch an anrührenden Momenten teilhaben lässt. Dabei kommt der Humor nicht zu kurz. Ein Live-Orchester, das Marcos Padotzke leitet, umrahmt die Performance musikalisch.

Markus Beisel als Travestie-Star

Eine Handvoll Mitglieder des Capitol-Freundeskreises bekommt bei einem Probenbesuch vorab Einblick. Neben Geschäftsführer Thorsten Riehle stellen sich Veit, die Hauptdarsteller Markus Beisel und Hannes Staffler, sowie Choreographin Doris Marlis den Fragen ihres Publikums.

Die Akteure präsentieren zwei Szenen, bei denen sie „Mit dir im Arm“ und „Männliche Lektion“ singen. „Da geht tatsächlich viel Drama vorweg“, verrät Beisel.

Die Protagonisten sind das Liebespaar Albin (Beisel) und Georges (Staffler), die einen Nachtclub in St. Tropez führen. Während Travestie-Star Albin als Zaza das Publikum zu Füßen liegt, hält der besonnene Georges den Laden am Laufen. Doch dann eröffnet ihnen Jean-Michel, der Sohn von Georges, dass er heiraten will.

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Was ist die Grenze von ,Was ist akzeptabel?’

Annes Vater, ein erzkonservativer Provinzpolitiker, möchte die Eltern seines künftigen Schwiegersohns kennenlernen. Da soll nicht nur das Zuhause umgestaltet werden, um ein bürgerliches Ambiente zu schaffen. Zum trauten Heim fehlt auch eine Mutter. Da könnte sich ein Travestie-Star in der Familie als praktisch erweisen.

„Der Sohn möchte ein Mädchen heiraten und die Eltern sind erzkonservativ. Seine Eltern hingegen haben einen Nachtclub“, fasst Beisel zusammen. Jean-Michel bitte darum, dass man für einen Abend eine konservative Familie darstellt. „Georges, erkennt relativ schnell diese Not und sagt: ,Okay, das müssen wir dann eben einmal kurz so hinkriegen.’ Das Üble ist aber, dass sie Albin ausquartieren. Da kommen wir an die Grenze von ,Was ist akzeptabel?’“, sagt Beisel.

Bindung zum Publikum

„Darf ich aus einer Familie verbannt werden, weil ich nicht den Normen einer Gesellschaft entspreche? „Das ist die Krux, die wir verhandeln müssen. Innerhalb der Familie, aber auch ganz dringend im Publikum.“ Statt sich nur auf Pailletten und Federn zu konzentrieren, habe sich Veit damit befasst, um was es wirklich geht, sagt Beisel.

„Er habe sich auf die Charaktere spezialisiert und er wolle auch, dass die sechs Cagelles, die Ensemble-Tänzer, eine Stimme haben. „Man kann sie in jeder Szene identifizieren. Dadurch entsteht auch eine Bindung zum Publikum.“

Individuum vs. Gesellschaft

In der heutigen Zeit müsse man beim Publikum nicht mehr für Akzeptanz und Toleranz betteln“, sagt Beisel. „Worum es jetzt geht, ist die Mitschuld, die man bekommt.“ Gerade bei „La Cage aux Folles“ sei es sehr schwierig, dass man irgendwann denke: „Dieser Albin ist so tuntig, dass man diesem erzkonservativen Politiker beinah schon zustimmt und sagt: ,Den wollte ich jetzt auch nicht in meiner Familie haben. Der ist witzig, aber ich muss mit so jemandem auch nicht unbedingt auf der Straße gesehen werden’“, sagt Beisel.

„Wir müssen unbedingt dahin kommen, zu sagen: „Was wir als Individuum tun, geht die Masse nichts an.“ Die Message des Stücks werde mit Albins Solo am Ende des ersten Aktes „Ich bin, was ich bin“ in die Welt getragen und gesungen, sagt Staffler. „Jeder hat das Recht, so zu sein, wie er ist und sein möchte und darf nicht deswegen verurteilt werden.“

Hochaktueller Stoff

Warum gerade dieses Stück als neue Eigenproduktion auserkoren wurde? Veit sagt, die Frage sei eher, warum dieses Musical nicht schon eher im Capitol gezeigt wurde. Obwohl es aus den 70er Jahren stamme, sei das Thema noch immer aktuell. In die Zeit zwischen Pandemie, Krieg und Energiekrise komme ein Werk mit Humor besser an als ein schweres, das noch mehr herunterziehe.

„Da ist natürlich ein Stück, das leichter daherkommt, aber nicht seicht ist, das richtige“, sagt Veit. Riehle fügt hinzu: „La Cage hat bei all der Heiterkeit eine wichtige Botschaft“, sagt er. „Das ist etwas, dass die Leute zum Nachdenken anregt.“

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Eigenproduktion mit elf Akteuren

Gleichzeitig gebe es heitere, aber auch rührende Szenen. Das Stück sei nicht zuletzt auch eine Familiengeschichte. Jede kenne die Situation, dass ein Kind in eine Richtung gehe, die einem nicht gefalle. Die Botschaft sei, sagt Veit: „Man kann auch Dinge zulassen und trotzdem glücklich sein.“

Mit dem Musical „La Cage aux Folles“ zeigt das Capitol am Samstag, 17. September, 20 Uhr, die Premiere der neuesten Eigenproduktion mit elf Akteuren. Regie führt Georg Veit, Doris Marlis ist für die Choreographie zuständig. Marcos Padotzke obliegt die musikalische Leitung des siebenköpfigen Orchesters, das das Stück mit Livemusik umrahmt

Stück soll bis zu drei Jahren laufen

Nach einer rund dreivierteljährigen Vorbereitungszeit hat das Ensemble das Stück samt Tanz und Gesang innerhalb von sechs Wochen einstudiert. Rund 57 Kostüme mussten dafür angefertigt werden.

Das Stück ist zunächst bis Ende 2023 angesetzt, sagt Capitol-Geschäftsführer Thorsten Riehle. Eigenproduktionen sollten mindestens zweieinhalb bis drei Jahre laufen. „Wir hoffen, dass es eine Zugkraft entwickelt, dass es darüber hinaus laufen kann.“

Freie Autorin Kulturredaktion, Lokalredaktion, Wochenende. Schwerpunkte: Bunte Themen, Reisereportagen, Interviews, Musik (von elektronischer Tanzmusik bis Pop), Comedy und Musicals

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