Mannheim. „Ja wie? Sie haben doch einen Doktortitel, Sie gehen doch nicht zu Techno-Veranstaltungen?“, wird Torben Giese nach eigenem Bekunden immer wieder gefragt. Die Antwort, die der Direktor des Stuttgarter Stadtmuseums dann gibt: „Ja doch, warum denn nicht? Alle tun das, die in den 90ern groß geworden sind.“ Denn schließlich gehe es dabei um „eine großartige Musik“, die ihn so gefesselt habe, „dass ich das irgendwie alles freiwillig tue“, sprich: dass er die Multimedia-Ausstellung „30 years of Time Warp“ kuratiert hat, die bis zum kommenden Sonntag im Museum Peter & Traudl Engelhornhaus der Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen (rem) zu sehen ist.
Die Schau, welche die Festivalmacher der Cosmopop GmbH zusammen mit den rem präsentieren, findet vor dem Hintergrund des dreißigjährigen Bestehens des Techno-Events statt, das am Wochenende auf dem Maimarktgelände mit einer 30-stündigen Party gefeiert wird. Moment: Eine Ausstellung über ein populäreres Elektronik-Festival unter dem ehrwürdigen rem-Dach? „Das passt“, meint Wilfried Rosendahl, rem-Generaldirektor, der sich bei der Vernissage im gegenüber gelegenen Museum Zeughaus dazu bekennt, in den 70ern in Düsseldorf unter anderem mit der Musik von Kraftwerk groß geworden zu sein. „Es ist ein bisschen auch mein Ding“, meint er. Und schließlich, fügt er hinzu: Wo könnte man besser einen „Time Warp“ - also einen „Zeitsprung“ - besser unternehmen, als in einem Museum?
Museum bildet Time Warp quasi im Kleinen nach
Die Ausstellung erzählt in rund 150 digital gezeigten, allenthalben von Begleittexten sowie Filmmaterial und Soundmitschnitten flankierten Bilder von der Geschichte und charakteristisch pulsierenden Aura des Festivals. Das Atrium wurde hierfür in mehrere Segmente aufgeteilt, in „Stage“, „Dancefloor“ und „Backstage“-Bereich, wird also gleichsam, wie der Kurator illustriert, zur „Time Warp im Kleinen“.
30 Stunden Techno am Wochenende
„30 years of Time Warp“ ist eine Multimedia-Ausstellung, welche die Festivalmacher der Cosmopop GmbH in Zusammenarbeit mit den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen zeigen. Darin werden teils bislang unveröffentlichte Fotografien sowie Filmmaterial aus den Cosmopop-Archiven auf 25 Bildschirmen präsentiert. Die Ausstellung im Museum Peter & Traudl Engelhornhaus, Quadrat C4,12, ist von Mittwoch, 3. April, bis Sonntag, 7. April, täglich von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Infos: www.rem-mannheim.de.
Die Jubiläumsausgabe zum 30-jährigen Bestehen des Techno-Festivals Time Warp findet am Freitag und Samstag, 5. und 6. April, in der Maimarkthalle und auf dem Maimarktgelände statt. Karten und Infos: www.time-warp.de.
Rund zwei Dutzend Bildschirme sind im Raum angeordnet, zumeist als solitäre Präsentationsflächen, zum Teil in Bildverbünden. Wir sehen darauf etwa Bühnen-Designs und Impressionen, in denen Szene-Chronist Ernst Stratmann die Festival-Szenerie eindrücklich eingefangen hat; ebenso expressive Künstlerporträts in Schwarzweiß, die der Mannheimer Fotograf Luigi Toscano von prägenden DJ-Akteuren wie Sven Väth, Laurent Garnier oder Richie Hawtins angefertigt hat.
Die Time Warp habe Geschichte geschrieben „als eines der bedeutendsten und ältesten Indoor-Festivals für elektronische Musik weltweit“, erläutert Arne Braun, Staatssekretär im Landesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, in seinem Grußwort. In Mannheim - mit der Popakademie und als UNESCO City of Music - sei die 1994 in Ludwigshafen ins Leben gerufene Veranstaltung, die mittlerweile Ableger in der ganzen Welt hat, sehr gut aufgehoben. Mit 560 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2021 allein im Land Baden-Württemberg, merkt er an, habe die Musikwirtschaft „auch aus ökonomischer Sicht eine hohe Bedeutung“.
„Die Male, die ich mit der Time Warp persönlich zu tun hatte“, so Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht - um hier eine launige Kunstpause zu setzen - „die habe ich meistens in Polizeiautos verbracht“, fährt der vormalige Ordnungsdezernent fort, der als solcher mit der Aufgabe betraut gewesen sei, „dieses Festival einigermaßen im Griff zu behalten“ sowie „aufgebrachten Mannheimerinnen und Mannheimer“, die „mit Dezibelzählern“ vor seiner Tür standen, zu erklären, „wie wichtig es ist, dass 20 000 Menschen aus der ganzen Welt hierherkommen, zu diesem einzigartigen Musikerlebnis“. Und dieses „ist tatsächlich ein Aushängeschild“, dankt er den Veranstaltern von Cosmopop und deren Team.
Was sich die Time-Warp-Macher zum Konzept gedacht haben
Beim von Popakademie-Absolventin Laura Dahmen moderierten Gespräch geben Robin Ebinger und Frank Eichhorn von Cosmopop einen aufschlussreichen Überblick über Gegenwart und Entwicklung des Festivals, von den Anfängen über Höhen und durch Tiefen hin zum weltweit ausstrahlenden Event.
Wobei auch die „Warum genau Mannheim?“-Frage beantwortet wird: „Wir sind Kurpfälzer Jungs“, sagt Ebinger. Ein großer Erfolgsfaktor sei, „dass wir von Anfang an eigentlich immer auf diese Synergie aus Musik und multimedialer Kunst gesetzt haben“, glaubt Eichhorn. Es gehe dabei nicht nur um eine Lasershow und Effekte, formuliert Giese, sondern darum, „in einem Gesamtkunstwerk einen Moment zu erschaffen, in dem wir wir selber sein können oder uns selbst vergessen können, und diesen Moment mit allem, was wir haben genießen können“. Die ausgewählten Bilder sollen, so hofft er, uns Betrachtenden diesen Eindruck vermitteln. Und das ist beileibe nicht nur für Techno-Fans eine lohnende Einsicht.
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