Mannheim. Die Time Warp zählt zu den beliebtesten Technoveranstaltungen Europas. Zum 29. Mal wurde die Maimarkthalle am ersten Novemberwochenende unter dem Motto „Two Days/Two Stages“ von 26 internationalen Künstlern mit Technoklängen erfüllt.
21.15 Uhr: Bereits in der S1 Richtung Maimarkt scheppern am Freitagabend elektronische Beats aus den Bluetooth-Lautsprechern. In einem Vierersitz werden die letzten Dosen Energie-Drink umhergereicht - wohl wissend, dass den Festivalbesuchern noch zwölf Stunden Techno bevorstehen. 13 000 Menschen werden heute erwartet, so der Einsatzleiter der Polizei, die mit rund 50 Beamten vor Ort ist.
22.20 Uhr: Zusammen mit dem roten Scheinwerferlicht tauchen überdimensionale Deckenballons die Maimarkthalle in eine galaktische Atmosphäre. Am DJ-Pult tanzt die Neapolitanerin Anfisa Letyago und mischt populäre Refrains wie „It’s going to be a fine night tonight” mit schnellen elektronischen Beats. Mit jedem Track werden die Lichter dunkler, die Menge tanzt ausgelassener.
In der ersten Reihe bewegt sich Pedro mit verspiegelter Sonnenbrille zum Takt. Um den Rücken hat er sich die Flagge der Azoren gebunden, denn für das Festival ist er mit seinen Freunden extra aus Portugal angereist.
Aus Paris angereist
23.50 Uhr: Vor dem Maimarktclub bildet sich eine Menschentraube, der Einlass in den kleineren Saal ist begrenzt. In der Schlange wartet auch Maher aus Paris und verflucht die winterlichen Temperaturen von sechs Grad. Aufgeben kommt trotzdem nicht in Frage, denn ab fünf Uhr spielt sein Lieblingskünstler, der Pariser Produzent Trym. Als Maher und seine Freunde endlich in den Wartebereich gelassen werden, empfängt das Personal jeden Besucher mit einem kleinen Becher Bier, dann geht es los.
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0.30 Uhr: Im Maimarktclub tummeln sich die Feiernden auf deutlich engerem Raum. Die Luft wird dicker, die T-Shirts weniger. Leicht abseits beobachtet Armin das Geschehen und hebt mit seinen 61 Jahren den Altersschnitt an. Seine Freundin Jasmin ist technobegeistert und konnte ihn und den Sohn von einem Familienausflug überzeugen. „Ganz so viel Ausdauer wie die Jungen haben wir nicht mehr, aber drei Uhr könnte es heute schon werden“, meint Armin.
1.10 Uhr: Die Bässe wummern immer lauter, während sich die Menge zu „eins, zwei, Polizei“ auf und ab bewegt. „Sieben, acht, gute Nacht“, setzt sich der Text fort, doch daran ist bei weitem nicht zu denken. Zwei Freundinnen lachen plötzlich los, weil sich ihre Netzoberteile beim Tanzen ineinander verhakt haben.
2.00 Uhr: In sanften Farben erscheint auf der Leinwand ein Film, der anmutig lächelnde Models und Schauspielerinnen zeigt. Gleichzeitig beginnt das Berliner Duo Brutalismus 3000 seine Show - und erweist dem Künstlernamen alle Ehre. Zu schrillen, apokalyptischen Klängen ertönt ihr Titel „Satan was a Babyboomer“, der bei Spotify knapp 17 Millionen Mal gestreamt wurde.
Tanzpause auf Bierbänken
3.50 Uhr: Vor dem Maimarktclub wartet eine Gruppe immer noch vor verschlossenen Türen. Einige Besucher zeigen sich frustriert über den Einlassstopp, viele sind vor allem wegen Klangkuenstler und Brutalismus 3000 gekommen. In der größeren Halle spielt inzwischen Deborah de Luca, die für ihre Kombination aus hartem Techno und minimalen Sounds bekannt ist.
Eine junge Frau mit lila Mesh-Oberteil und farblich abgestimmten Ohrstöpseln erstrahlt im Scheinwerferlicht und verleiht der schwarz gekleideten Menge einen kleinen Farbtupfer.
4.30 Uhr: Im großen Pavillon auf dem Gelände stärken sich zahlreiche Besucher mit Pizza und gewähren ihren Füßen auf den Bierbänken eine Pause vom Tanzen. Andere ziehen in Scharen zum Ausgang. Das Erste Hilfe Zelt hat seit drei Uhr 13 Fälle registriert - fast ausschließlich im Zusammenhang mit Alkohol oder Ecstasy. Auch die Polizei zieht eine gemäßigte Bilanz.
Bereits bei der Anreise wurden Kontrollen durchgeführt und einige Fälle von Drogenbesitz festgestellt, sagt Polizei-Einsatzleiter Frank Hartmannsgruber. Ansonsten kam es auf der Tanzfläche vereinzelt zu Delikten wie Diebstahl. Über die Lärmbelastung zeigt sich der Einsatzleiter sehr zufrieden. Bislang sind lediglich zwei Meldungen wegen Ruhestörung eingegangen - der Wind steht gut. Noch bis zehn Uhr wird der Maimarkt weiterbeben.
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