„Punk in Drublic“ - Pennywise übertrifft NOFX in der Publikumsgunst beim achtstündigen „Punk in Drublic“

Mannheimer Publikum vereint im kollektiven Pogo beim Zeltfestival

Von 
Raimund Frings
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Die US-Punker Pennywise geben beim 6. Zeltfestival Rhein-Neckar auf dem Maimarktgelände Gas. © Manfred Rinderspacher

Mannheim. Neun Bands in acht Stunden: Das Festival „Punk in Drublic“ hat auch nach zwei Jahren Pause nichts an musikalischem Volumen und Intensität eingebüßt. Obwohl der Zeltfestival-Sonntag noch ein paar Grad kälter auf dem Thermometer zu verkraften hat. Die Punkfans rücken zusammen und berauschen sich am gemeinsamen Festivalfieber. „Wir schwanken“, bekennen zwei junge Frauen aus Weinheim, dass sie auch die reichlichen Getränkeangebote zum Aufwärmen wohltuend aufgenommen haben. Französisch, schwäbisch, kurpfälzisch: In allen Sprachen hört man an den Ständen die ausgelassene Stimmung heraus. Dankbar und friedlich folgen Tausende Besucher der wohldosierten, technisch perfekt organisierten Agenda.

Richtig Alarm machen gegen Abend die Top-Acts: Die Kalifornier „Pennywise“ erhöhen mit 60-Sekunden-Tracks den Blutdruck der Besucher und initiieren massenhaften Pogo-Alarm. Ihrem Bandnamen - benannt nach dem bösen Clown aus Stephen Kings Roman „Es“ - machen sie mit knallhart beschleunigtem Heavy-Metal-Sound alle Ehre. Anklänge an grimmig heulenden Nirvana-Grunge und bissigen Bad-Religion-Punk lösen Jubelstürme in den vorderen Reihen aus. Bierfontänen und Salven aus Klopapier-Rollen zischen über das Publikum, das rasch im kollektiven Pogo vereint ist.

Minutenlange Gänsehaut

Die vier Musiker um Frontmann Jim Lindberg hatten schon in den 90er-Jahren dem Punk wieder auf die Beine geholfen. 25 Jahre später beweisen sie, dass sie den zwingend kraftvollen Auftrag des revolutionären Musikstils weiter erfüllen. Triviale, aber auch originelle Melodien, treibend-rüttelnde Rhythmen: Das zeigen sie auch in Mannheim, bis sie bei einer knackigen Cover-Version von Ben Kings „Stand by me“ das Tempo ein bisschen verlangsamen. Als sie sich anschicken die Bühne zu verlassen, stimmt das Publikum das legendäre Roaring der „Bro Hymn“ von Pennywise an. Minutenlange Gänsehaut wird den Konzertabend für geraume Zeit ins Gedächtnis eingraben. Bei dem final krachenden Memorial für den früh verstorbenen Band-Bassisten Jason Thirsk brechen noch mal im ausgelassenen Pogo die restlichen Dämme.

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Eigentümlicher Stimmungsbruch dann beim Schluss-Act: NOFX, die Bad Boys des 90er-Jahre-Spätpunks, die dem Festival „Punk in Drublic“ mit dem gleichnamigen Album ihren Namen gaben, inszenieren eine etwas verlangsamte Bühnenshow. Sänger Fat Mike fabuliert kleine Geschichten aus dem Bandleben, seine heiser-verrauchte Singstimme dringt nur mit überdrehtem Kratzen durch die donnernden Riffs von Gitarrist Eric Melvin. Dieser seinerseits übertreibt etwas mit den Sprüngen, bei denen er mit Kollege El Hefe über die Bühne hüpft. Letzterer hingegen gefällt mit Trompeten- und südamerikanischen Einlagen. Die dunkelhaarige Backstage-Sängerin ergänzt lediglich das melodische Spektrum.

So verebbt dass frische Punkerlebnis etwas zu rasch, dafür schmerzlos. Das Publikum nimmt dafür andere, einprägsamere Erlebnisse aus dem neunstündigen Abend mit nach Hause. Etwa die fast anrührende Gemeinschaftsdisziplin der durchweg bierdurstigen Fangemeinde oder eine im Getümmel eindrucksvoll agierende Krankenpflegerin, die ein gehandicaptes Paar im Rollstuhl unterstützt. Punk hat eben schon immer verbunden.

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