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Letzter Ritt fürs Maifeld Derby

Veranstalter Timo Kumpf verkündet das Aus des Indie-Popfestivals ab 2026 aufgrund nicht ausreichender Förderzusagen

Von 
Jörg-Peter Klotz
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Legendäre Stimmung auf und vor der Open Air-Bühne des Maifeld Derbys. © Markus Mertens

Mannheim. Es hatte sich abgezeichnet: Die Geschichte des 2011 gegründeten Maifeld Derbys endet 2025. Das teilte Veranstalter Timo Kumpf dieser Redaktion am Mittwoch mit. Auf der Festivalseite heißt es dazu: „Mit der 14. Auflage wird sich das Maifeld Derby als amtierendes ,Best Small Festival Europas’ aus der Unesco City Of Music Mannheim verabschieden und auf der Weide das Gnadenbrot genießen.“ Besonders in den letzten Jahren sei vor allem das finanzielle Hindernis immer größer und unüberwindbarer geworden. „Leider kann die Politik hier derzeit keine Entlastung in Aussicht stellen, die uns über 2025 bringen könnte. Daher ist der Exit nun unausweichlich“, erklärt Kumpf.

Kulturbürgermeister Riehle möchte im Gespräch bleiben

Mannheims Kulturbürgermeister Thorsten Riehle reagierte auf Anfrage mit großem Bedauern auf das Festival-Aus: „Ich verstehe Timo, dass er nicht mehr die Geduld aufbringen kann, die oftmals langen Prozesse mit hohem persönlichen Einsatz zu verfolgen. Durch seine Entscheidung verliert nicht nur Mannheim ein stilprägendes und anerkanntes Festival.“ Ihm gehe es jetzt darum, darüber nachzudenken, wie man als Stadt damit umgehe – auch zusammen mit Timo Kumpf. „Deshalb haben wir vereinbart, im Gespräch zu bleiben. Zu was das führt, werden wir sehen, ich will aber daran festhalten, dass wir ein Festival dieser Größe unbedingt brauchen.“

Bittere Ironie: Noch im Januar wurden Timo Kumpf und das Maifeld Derby bei den European Festival Awards in Groningen als „bestes kleines Festival“ ausgezeichnet. Jetzt verkündet der Veranstalter das Aus des Events. © Paul Ramisch

Riehle erinnert daran, dass es zuletzt gelungen sei, eine Projektförderung in Höhe von je 100 000 Euro für die Jahre 2024 und 2025 mehrheitsfähig zu machen. „Dieses Engagement hätte ich gerne in meiner neuen Funktion fortgeführt – gemeinsam mit Partnern wie NEXT Mannheim und dem Stadtmarketing sowie dem Kulturamt, die in der Vergangenheit das Maifeld Derby ebenfalls begleitet und unterstützt haben. Meine Gespräche mit dem Land über eine finanzielle Erweiterung der Förderung haben zunächst nicht zur unmittelbaren Absicherung geführt.“ Das Konzept des Festivals habe ihn von Beginn an überzeugt, die inhaltliche Ausrichtung sei wichtig für die Attraktivität Mannheims als Unesco City of Music: „Deshalb habe ich mich in meiner Zeit als Stadtrat intensiv für eine Förderung eingesetzt.“

Förderbedarf wurde durch steigende Kosten größer

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In einem am Mittwochmittag veröffentlichten Brief an die Fans des Mannheimer Indie-Pop-Festivals geht Kumpf mehr in die Tiefe: „Wir müssen einsehen, dass das Hindernis vor uns immer größer und unüberwindbarer wird. Nach der Pandemie waren wir mit Bundesmitteln gedopt und konnten so ein paar mächtige Oxer und Wassergräben überqueren. Aber nun sind diese ausgelaufen und wir stehen wieder an der Startposition, die uns bereits 2019 zur temporären Aufgabe gezwungen hat.“ Nur der Förderbedarf sei durch steigende Personalkosten, gesunkene Kaufkraft und Inflation, gestiegene Künstlergagen, veränderte Konsumgewohnheiten und so weiter noch mal deutlich höher geworden. „Wir bieten einen gesellschaftlichen und kulturellen Mehrwert, der sich nicht allein über Eintrittspreise finanzieren lässt.“

Kumpf lobt zwar die Unterstützung durch Mannheims heutigen Kulturbürgermeister Riehle – jedoch kann uns die Politik hier weiterhin keine befriedigende Perspektive aufzeigen. Im Falle einer positiven Rückmeldung hatten wir bereits mit einem neuen Träger und externer Geschäftsführung Gespräche geführt, die das Maifeld Derby nach 2025 weitergeführt hätten.“

Als Zuschuss-Bedarf sieht er für 2025 mindestens 200 000 Euro und ab 2026 mindestens 300 000 Euro.“ Dass die Fraktionen der Grünen und der SPD weiterhin jeweils 100 000 Euro in die anstehenden Haushaltsberatungen einspeisen wollen, reicht Kumpf nicht aus. Nach Kumpfs eigenen Angaben sei das Derby von der Stadt in den Jahren 2011 bis 2019 mit Beträgen zwischen 5000 und 20 000 Euro unterstützt worden. 2022 gab es 50 000, 2021 und für 2023 bis 2025 jeweils 100 000 Euro. Der Derby-Etat läge insgesamt bei etwas unter 1 Million Euro. Ohne erhöhte Förderung „müssten wir auf weitere Mittel aus anderen Töpfen von Land und Bund hoffen. Also, auch nach 14 Jahren wäre weiterhin eine Hängepartie angesagt. Auch wenn wir hier aktuelle Bemühungen durchaus zu schätzen wissen, aber das ist zu ungewiss und nach all den Jahren und Verdiensten einfach auch zu wenig.“

Scharfe Kritik am ehemaligen Kulturbürgermeister Grötsch

Persönlich merkt Kumpf an: „Ich kann mich nicht mehr von Jahr zu Jahr hangeln und weiter in dieser Ungewissheit verharren.“ Das Maifeld Derby als gemeinnützige GmbH dürfe keine Gewinne ausschütten, „aber ich trage das alleinige und volle Risiko, und das beschäftigt mich 365 Tage im Jahr.“ Er ergänzt scharfe Vorwürfe an Riehles Vorgänger als Kulturbürgermeister, Michael Grötsch. Der habe ihn komplett ignoriert, „und mir wurde über Jahre hinweg jegliche Förderwürdigkeit über Kleckerbeträge hinaus abgesprochen. Während sich die aktuellen politischen Vertreter*innen glaubwürdig bemüht zeigen, war dies in der Vergangenheit bis auf ein paar Ausnahmen leider anhaltend nicht der Fall. Hier wurde strikt zwischen förderwürdiger Hochkultur und ausnahmslos kommerzieller Popkultur getrennt. Keine Trennschärfe. Von dem Verständnis einer Musikstadt war nie etwas zu spüren.“

Für das Zeltfestival ist das Aus noch nicht definitiv

Das bedeutet noch nicht das definitive Aus für das Zeltfestival Rhein-Neckar. Die Konzertreihe war 2016 dazu gegründet worden, das Derby mit kommerziellen Konzerten quer zu finanzieren und die Infrastruktur mit Palastzelt et cetera effizienter zu nutzen. Mit Blick auf das wohl letzte Maifeld Derby vom 30. Mai bis 1. Juni 2025 wünscht sich Kumpf „ein rauschendes Fest und viel Spaß.“ Das plus die typische inhaltliche Ambition versprechen schon die ersten Headliner des letzten Ritts: Franz Ferdinand und Zaho de Sagazan.

Ressortleitung Stv. Kulturchef

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