Kommentar Aus des Maifeld Derbys: Bittere Niederlage für Mannheim

Das amtierende „beste kleine Festival“ Europas verkündet sein Ende:  Jörg-Peter Klotz sieht als Grund für das Aus des international renommierten Festivals Versäumnisse in Teilen der Mannheimer Kulturpolitik

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Jörg-Peter Klotz
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Mannheim. Das amtierende „beste kleine Festival“ Europas verkündet sein Ende: Das ist bitter. Für die von der Unesco bekränzte Musikstadt Mannheim ist das Aus des Maifeld Derbys nicht nur ein Verlust, es ist eine Niederlage. Weil die Stadt es nicht schafft, eine derart strahlkräftige Pflanze am Leben zu erhalten, die 2011 am Rande der Stadt aufgeblüht ist. Natürlich vor allem dank der Initiative, Kreativität, Tat- und Motivationskraft von Veranstalter Timo Kumpf.

Perfekte Verkörperung des Netzwerkgedankens der Popakademie und der Ziele der Musikstadt Mannheim

Sein Werdegang und sein Festival sind der größte Erfolg des kulturpolitischen Projekts Musikstadt Mannheim, das im Wesentlichen von der Popakademie und dem Kreativwirtschaftszentrum Musikpark getragen wird. Der Odenwälder Kumpf studierte Musikbusiness an der Popakademie, wurde aber auch Teil der Band Get Well Soon. Perfekter kann man den an der Hafenstraße propagierten Netzwerkgedanken nicht verkörpern. Aber Kumpf setzte noch einen drauf, und mobilisierte seine Kommilitoninnen und Kommilitonen zur ehrenamtlichen Mithilfe, um ein bis ins Detail liebevoll gestaltetes Festival mit höchstem inhaltlichen Anspruch aus dem Boden zu stampfen. Er gewann schon einen Öko-Award, als der Großteil seiner Branche das Thema Nachhaltigkeit noch nicht für relevant hielt und setzte früh auf Diversität im Programm.

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Aus Kumpfs kompromisslos unkommerziellen Ansatz, der Pop-Hochkultur gegen austauschbare Musikprodukte setzt, resultierte eine rare Aura der Authentizität. Aber auch ein Ausmaß an Druck, Selbstausbeutung und Existenznöten, das man sich von außen kaum vorstellen kann. Die selbstverordnete Pause Kumpfs vor der Pandemie war ein Alarmsignal, auf das Stadt, vor allem die Seite der Lokalpolitik um den demonstrativ desinteressierten damaligen Kulturbürgermeister, aber auch Publikum, potenzielle Sponsoren und Land stärker und empathischer hätten reagieren müssen.

Pionier eines neuen Veranstaltertypus mit Künstlernatur

Aber dass es beim Maifeld Derby nie ums Geschäft, sondern immer um Kunst ging, war zu Zeiten stets ausverkaufter Mega-Events mit enormer Dynamik bei den Eintrittspreisen schwer zu verstehen. Kumpf ist kein abgezockter Impresario, sondern ein Pionier eines neuen Veranstaltertypus mit Künstlernatur. Diese Künstlerseele reagierte mit zunehmendem Unverständnis auf die fehlende Anerkennung aus Teilen der Kulturpolitik, die das Derby für ein lokales Rock am Ring hielten. Das mag aus politischer Perspektive wenig rational wirken: Aber auf der Basis von Rationalität hätte es kein einziges Derby gegeben.

Es war wie immer in der Kultur: Wer etwas davon versteht, engagierte sich auch politisch für das Derby und eine noch intensivere Förderung. Dass im Gemeinderat in Krisenzeiten mit immensen Kostenfaktoren wie Nationaltheater-Sanierung oder Klinikum andere Prioritäten gesetzt werden, muss man akzeptieren. Genau wie Kumpfs Entscheidung, dass ihm die aus einigen Fraktionen und vom Kulturbürgermeister avisierte Unterstützung für eine planbare Arbeit nicht ausreichen.

Wobei selbst Kumpfs Maximalforderung von 300 000 Euro Förderung pro Jahr über Parken und andere Einnahmen wieder in die Stadtkasse zurückfließen würden. Mindestens.

Ressortleitung Stv. Kulturchef

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