Kunstvermittlung

Kunsthalle Mannheim bietet neues digitales Angebot

"Vom Werk zum Display" heißt das Kooperationsprojekt von Mannheimer Kunsthalle und Kunstmuseum Stuttgart. Es stellt neue digitale Hilfsangebote zu einzelnen Kunstwerken zur Verfügung - und ist jetzt für alle zugänglich

Von 
Thomas Groß
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Screenshot einer Ansicht des digitalen Angebots zum noch immer berühmtesten Werk der Mannheimer Sammlung: Manets „Erschießung Kaiser Maximilians (…)“. © Kuma

Mannheim. „Vom Werk zum Display“ heißt das Forschungsprojekt, das die Mannheimer Kunsthalle gemeinsam mit dem Kunstmuseum Stuttgart verfolgte. Ebenso gut könnte es umgekehrt heißen - vom Display zum Werk, denn es geht in der digitalen Anwendung, die seit Donnerstagabend zugänglich ist, um eine Hilfestellung, welche die Besonderheit einzelner Kunstwerke unterstreicht. Und fürs Original gibt es in Sachen Kunst bekanntlich keinen Ersatz.

Der Name drückt indes keine (fragwürdige) Priorisierung aus. Er veranschaulicht vielmehr die Arbeitsweise, der man hier folgte. Das vor vier Jahren begonnene Vermittlungsprojekt hat durch die Corona-Pandemie, als Museen geschlossen waren, eine zusätzliche Rechtfertigung erfahren.

Zugang zu Kunst trotz Schließung oder zur Besuchsvorbereitung ermöglichen

Kunstinteressierten trotz Schließung oder außerhalb der Öffnungszeiten einen Zugang zur Kunst zu ermöglichen, das war eine Motivation für die von der Kulturstiftung des Bundes geförderte Unternehmung. Zugleich sollte damit insgesamt ermittelt werden, welche neuen digitalen Wege sich eröffnen, um das Interesse für Kunst und Museen konstant zu halten. Dass die Computeranwendung zudem Gelegenheit bietet, um einen Museumsbesuch vorzubereiten, und eine Art digitaler Katalog ist, versteht sich.

„Vom Werk zum Display“

  • Das Digitalprojekt „Vom Werk zum Display“ ist eine gleichberechtigte Kooperation der Mannheimer Kunsthalle und des Kunstmuseums Stuttgart. Mit maßgeblicher Unterstützung der Kulturstiftung des Bundes haben die beiden Museen digitale Hilfestellungen zu jeweils elf wichtigen Werken der eigenen Sammlung erarbeitet.
  • Das Stuttgarter Trickfilmfestival sowie das Karlsruher Institut für Technologie haben ebenfalls zu dem Projekt beigetragen.
  • Die Nutzungsmöglichkeiten lassen sich sowohl in den Museen erproben als auch zu Hause am Desktoprechner oder Computertablet. Internet: www.kuma.art, www.kunstmuseum-stuttgart.de, www.vom-werk-zum-display.de

Die Sache präsentiert sich zunächst eher unscheinbar - in Form von elf Computertabletts, die vor ausgewählten Werken der Sammlung zur Nutzung einladen. Auch das eigene Mobiltelefon lässt sich einsetzen, sofern man es mit Hilfe eines neben dem fest installierten Tablet ablesbaren QR-Codes aktiviert. Zudem wurde eine eigene Homepage für das Kooperationsprojekt eingerichtet, zu der auch Links von den beiden Museumsseiten aus führen.

Der Rundgang beginnt im Foyer, wo das Tablet eine auffälligere, recht massive Umhüllung aufweist. Es soll Zugänge zu Umberto Boccionis nun dort präsentierter Plastik „Einzigartige Formen der Kontinuität im Raum“ von 1913 bieten. Hier lassen sich Werkansichten von allen Seiten aufrufen sowie Vergrößerungen aller Details. Außerdem liefert die digitale Darbietung zahlreiche Hintergrundinformationen, etwa zum „Futuristischen Manifest“ von Filippo Tommaso Marinetti, der mit Boccioni ein Hauptvertreter des Futurismus war, für den die Plastik wiederum ein Paradebeispiel ist.

Welche Form der digitalen Darbietung gewählt wurde und welche Inhalte jeweils vermittelt werden sollten, das galt es für jedes der ausgewählten Werke stets aufs Neue zu ermitteln, erläutert Kunsthallen-Direktor Johan Holten bei einer Präsentation der digitalen Werkstationen.

Entstehung und Vorstufen berühmter Gemälde illustrieren

Bei Edouard Manets „Erschießung Kaiser Maximilians von Mexiko“ wird naheliegenderweise auch der historische Hintergrund des Bildmotivs erläutert, sehr originell etwa durch das digital nachempfundene Einlaufen einer ersten telegrafischen Nachricht über das Ereignis. Zudem werden nicht zuletzt die Vorstufen des Bildes und die Werkentstehung illustriert. Gleich daneben gibt es einen neuartigen Zugang zu Courbets „Pferd im Wald“.

Im Falle von Brancusis berühmtem „Fisch“ im Treppenhaus des Museumsaltbaus werden vor allem verschiedene Ansichten mit charakteristischen Spiegelungen auf der Werkoberfläche gezeigt. Bei Nevin Aladags „Resonanz Raum“ bietet das Tablet auch Höreindrücke der Musikdarbietungen, die in der Installation regelmäßig stattfinden.

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Avancierter noch wirkt ein Beispiel aus dem Stuttgarter Kunstmuseum, wo die digitale Anwendung auch die Möglichkeit bietet, einzelne Figuren aus Otto Dix’ Triptychon „Großstadt“ als sogenannte Avatare in neue Kontexte des Bildes zu stellen; jeweils andere hörbare Informationen ergeben sich so.

In Stuttgart ebenfalls elf Werke digital aufbereitet

Die Kooperation mit Stuttgart war gleichberechtigt auch insofern, dass dort ebenfalls elf Werk mit dem Zusatzangebot ausgestattet wurden. Der Besuch einer Schulklasse in der Kunsthalle am Donnerstag gab Anlass zur Vermutung, dass besonders jüngere Menschen das Angebot nutzen könnten.

Und es ist bereits sichergestellt, dass die Sache auch überregionale Aufmerksamkeit finden wird, denn die digitale Aufbereitung zu Caspar David Friedrichs Skizzenbuch aus der Graphischen Sammlung wird die große Dresdner Schau zu Friedrichs 250. Geburtstag ergänzen.

Das Digitalprojekt bietet auch wissenswerte Details über die vielfältige und oft kleinteilige Museumsarbeit. Besucher werden so nebenbei daran erinnert, dass es keineswegs selbstverständlich ist, in der eigenen Umgebung eine hochwertige und allgemein zugängliche Kunstsammlung zu finden - eine Sammlung zudem, die mit zahlreichen Werken eine Rechtfertigung für eine Kultur liefert, die nicht nur in die Breite, sondern in die Tiefe wirkt.

Redaktion Kulturredakteur, zuständig für Literatur, Kunst und Film.

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