Kabarett

Kabarettist Christian Ehring gibt sich pointenreich in Mannheim

Das Allermeiste zündet schon, an Details kann er ja noch etwas feilen: Der fernsehbekannte Kabarettist Christian Ehring gastierte mit der Vorpremiere seines neuen Programms in der Mannheimer Klapsmühl

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Bekannt durchs Fernsehen: Kabarettist Christian Ehring. © dpa/Henning Kaiser

Mannheim. „Eine Pointe steht und fällt, indem sie sitzt“: Auch wenn dieser Aphorismus in der Kabarettszene als Credo gilt, bleibt ein Mysterium, warum manche Gags ankommen, andere verpuffen. Und deshalb testen Profis neue Programme bei Vorpremieren in intimer Atmosphäre. Für solch einen Probelauf wählt der fernsehbekannte Christian Ehring die Mannheimer Klapsmühl. Um es vorwegzunehmen: Seine „Stand jetzt!“-Analysen mit der Erkenntnis, dass heutzutage kaum noch etwas über längere Zeit Bestand hat, dürften die Tournee mit Verve überdauern - auch wenn es noch an der einen oder anderen Zündschnur zu feilen gilt.

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So proppenvoll ist die Klapsmühl das letzte Mal vor Corona gewesen. Die meisten dürften Ehring als Moderator der Satiresendung „extra 3“ oder aus der „Heute Show“ kennen. Den 50-Jährigen auf der Bühne zu erleben, ist freilich etwas anderes: Weil rüberkommt, dass der mit Preisen überhäufte Kabarettist, Comedian, Autor und Musiker nicht nur die Polit-Großwetterlage bissig zu deuten versteht, sondern auch köstlich ironisch Geschichten aus dem prallen Leben zu erzählen vermag. Obendrein haut er singend, beispielsweise über die Zukunft als Party, in die Tasten. Ja, Ehring beherrscht die Klaviatur seines Metiers im wahrsten Sinne des Wortes.

Weil bei einer Vorpremiere das Programm noch gärt, erscheint der bekennende Anzugträger mit Laptop als ambulantem Text-Gedächtnis und Papier samt Bleistift, um damit Gags mit Zündhemmung zu notieren - aber auch Applaus festzuhalten. Und dieser brandet auf, als er bei seinem Rückblick auf den Tod der Queen und den Leichenzug durch London schildert, wie Briten geduldig in Schlangen ausharrten, während Deutsche vermutlich gerufen hätten „Kann man da vorn noch einen zweiten Sarg aufmachen?!“

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Als Inspirationsquelle hat Ehring einen tagesaktuellen „Mannheimer Morgen“ mitgebracht, um darin berichtete Ereignisse zu kommentieren. Gleich einem roten Faden zieht sich das ach so nette, aber nervende Pärchen vom Nachbarhaus durch den Abend - ein dramaturgischer Kniff: Die beiden Life-Coachs erweisen sich als herrliche Projektionsfläche für Spötteleien über Achtsamkeitsideologie gepaart mit einem als Laubsägearbeit entstandenen Weltbild. Ehring mag keine Menschen mit der Zweisamkeitsdevise „Lass Glück die Benchmark unseres Lebens sein“, die dabei Störendes ausblenden. Der mal ulkende, dann wieder grantelnde Sezierer mag so manches nicht: beispielsweise sich für Putins Gesicht, besser gesagt dessen Gesichtsverlust, verantwortlich zu fühlen - „das sollten besser die Klitschkos übernehmen“. Und geschlechtergerechte Sternchen will er schon gar nicht, gelobt aber gendernde Besserung: „Ich werde nur noch von Kardinälen und Kardinälinnen sprechen“.

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Übrigens hält Ehring sein Versprechen, keinesfalls nur zu nörgeln, sondern am Ende positiv zu überraschen. In der Tat: Das Ego-bezogene Nachbarpärchen bringt wider Erwarten geliehene Klopapierrollen zurück. Wer sagt denn, die Welt sei schlecht!

Freie Autorin

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