Musik

Interview: Sängerin Futurebae will sich von Erwartungen befreien

Vor ihrem ersten Auftritt beim Start der Mannheimer Sommerbühne spricht Sängerin Futurebae im Interview über ihre Vorbilder und über die Bedeutung von Vielfalt in ihrer Musik

Von 
Karolin Jauernig
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„Es geht darum, sich von Erwartungen zu befreien und Denkstrukturen aufzubrechen“, sagt Sängerin Futurebae. © Porli Parker

Mannheim. Die Sängerin Futurebae ist längst kein Geheimtipp mehr. Als prominentester Gast des Formats mit kostenloser Open-Air-Reihe eröffnet sie am Donnerstag, 1. August, 20 Uhr, die Sommerbühne der Alten Feuerwache in Mannheim.

Futurebae, welcher Moment hat Ihnen klar gemacht, dass Sie Musikerin werden möchten?

Futurebae: Musik war immer ein wichtiger Teil meines Lebens. Mein Papa hat in einer Irish Folk Band gespielt, und so war Musik stets präsent. Trotzdem bin ich nie auf die Idee gekommen, dass ich das beruflich machen könnte. Es kam zufällig und relativ spät. Vor etwa drei oder vier Jahren war ich auf einer Jamsession in Erfurt und habe einfach mal gesungen. In dem Moment, als mein Produzent am Klavier spielte und ich meinen ersten Song sang, war es Liebe auf den ersten Ton.

Haben Sie von sich aus gesungen oder wurden Sie dazu motiviert?

Futurebae: Das war tatsächlich ein Impuls von mir, ich hab mich hingestellt und einfach gemacht.

Nun von Erfurt nach Mannheim: Was erwartet das Mannheimer Publikum am 1. August auf der Sommerbühne?

Futurebae: Eine geballte Ladung neuer Tracks. Ich hoffe, dass alle wild mit mir tanzen und feiern werden.

Sie haben seit 2020 viele Singles veröffentlicht, aber nur ein Album, „Berlin Love Affair“ im Jahr 2023. Ist das eine bewusste Strategie?

Futurebae: Heutzutage, in Zeiten des Streamings, ist es kaum rentabel, ein Album zu machen. Ein Album bringt im Vergleich zu mehreren Single-Releases weniger Aufmerksamkeit. Als Newcomerin sollte man deshalb eher Singles oder mal eine EP machen. Ein Album macht man aus Liebe zur Musik und weil man eine Geschichte erzählen möchte.

„Keine Termine und leicht einen sitzen“ zum Karrierebeginn

  • Biografisch ist nicht übermäßig viel herauszufinden über die Senkrechtstarterin Futurebae: Bürgerlich heißt sie laut Spotify Lina Henrike Winter. Sie wächst in Schleswig-Holstein auf, ein Küstenkind, studierte in Erfurt, Hamburg und im Ausland Soziale Arbeit. Heute lebt sie in Berlin.
  • Als sie für den Master nach Erfurt zurückkehrt, lernt sie Produzent und DJ Cyan kennen. Danach wird es ernst mit der Musik.
  • Schon die erste Veröffentlichung „Coca Cabana“, eine Kooperation mit Rapper Dissy, erregt 2020 viel Aufmerksamkeit. Die leichtgängige Partynummer wurde bis heute auf Spotify mehr als 4,5 Millionen Mal gestreamt. Die erste EP „K.T.U.L.E.S“ („Keine Termine und leicht einen sitzen“) knüpfte daran nahtlos an.
  • Heute steht Futurebae für einen vielfältigen R&B-Sound, ein eindrucksvolles Netzwerk für Kollaborationen und mitunter feministische Texte.
  • Am Donnerstag, 1. August, 20 Uhr, eröffnet sie die Sommerbühne der Alten Feuerwache in Mannheim. Eintritt frei. Das komplette Programm der kostenlosen Konzerte: altefeuerwache.com

„Berlin Love Affair“ war eine Herzensangelegenheit, die Geschichten und Emotionen in einem größeren Rahmen zu präsentieren, genau so wie meine großen Idole.

Das wären?

Futurebae: Schwierig zu sagen, da gibt es viele (lacht). Meine Top Zwei sind der britische Songwriter James Blake, den ich unglaublich finde, und Beyoncé, die so viel für Musik und Frauen getan hat.

Ihr Album „Berlin Love Affair“ ist stilistisch sehr vielfältig. Wie haben Sie es geschafft, so unterschiedliche Songs wie die Klavierballade „SueCHtiG“ oder den Club-Banger „sLay QuEen“ stimmig zu vereinen?

Futurebae: Es war mir wichtig, Genres zu verbinden und das Schubladendenken aufzulösen. Musik bietet die Freiheit, vieles auszuprobieren. So wie ich mich täglich unterschiedlich kleide, wollte ich auch meiner Musik das passende Kleid geben. Es muss nicht alles gleich klingen. Es geht darum, sich von Erwartungen zu befreien und Denkstrukturen aufzubrechen. Ich wollte zeigen, dass Musik viele Facetten hat und trotzdem eine zusammenhängende Geschichte erzählen kann.

Welche konkrete Rolle spielt Ihre Wahlheimat Berlin auf dem Album?

Futurebae: Berlin hat meine Musik stark beeinflusst. Es ist ein Album über die Liebe, und die Geschichten haben in Berlin stattgefunden. Berlin bietet viele Möglichkeiten, sich auszuprobieren und herauszufinden, was man will. Es gibt keine Grenzen, und das spiegelt sich auch in meiner Musik wider.

Im Song „Männer lol“ setzen Sie sich intensiv mit feministischen Themen auseinander. Was hat Sie dazu inspiriert, diese Themen aufzugreifen?

Futurebae: Das kam einfach aus mir heraus. Der Text zu „Männer lol“ entstand an einem Tag, an dem ich viel gecatcalled wurde und meine Wut nicht runterschlucken konnte. Ich habe den Text geschrieben, weil ich es einfach rauslassen musste. Es war nicht geplant, aber ich bin überwältigt von dem Support und es zeigt mir, dass meine Musik anderen helfen kann, sich verstanden zu fühlen und ihre eigenen Erfahrungen zu reflektieren.

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Haben Sie auch Erfahrungen mit Misogynie in der Musikindustrie gemacht?

Futurebae: Als Frau ist es nicht immer einfach. Unter Künstlerinnen herrscht aber viel gegenseitiger Support. Die Industrie selbst hat natürlich patriarchale Strukturen, und Männer haben oft Angst vor erfolgreichen Frauen.

Ihre neue Single „Schlaf dich hoch“ enthält diesbezüglich provokante Zeilen. Welche Reaktionen möchten Sie damit hervorrufen?

Futurebae: Ich wollte zeigen, wie es wirkt, wenn ich solche Zeilen singe. Es soll darauf aufmerksam machen, dass Misogynie oft unbemerkt bleibt. Wenn es unangenehm wirkt, wenn ich es sage, sollte es auch unangenehm sein, wenn Männer solche Dinge sagen. Es geht darum, die Perspektive zu drehen und zu zeigen, dass solche Aussagen nicht akzeptabel sind, egal von wem sie kommen.

Gibt es Gegenwind oder gar Shitstorms, wenn Sie feministische Themen in Ihrer Musik verwenden? Mannheimerinnen wie Soffie oder Paula Carolina können ein Lied davon singen ...

Futurebae: Ehrlich gesagt gar nicht. Ich hab bisher nur positives Feedback bekommen.

Wie und wo sehen Sie sich und Ihre Musik in den nächsten fünf Jahren?

Futurebae: Ich plane nicht weit voraus, aber ich hoffe, weiterhin Musik machen zu können, viel live zu spielen und vielleicht nochweitere Alben zu veröffentlichen. Eine ausverkaufte Tour wäre auch schön. Ich möchte einfach das tun, was ich liebe.

In der Tradition von Mine und Co. hatte Sie die Alte Feuerwache eigentlich als Überraschungs-Act der diesjährigen Sommerbühne eingeplant. Warum haben Sie sich dagegen entschieden?

Futurebae: (lacht), Ich denke, die Leute würden enttäuscht sein. Sie würden erwarten: „Oh mein Gott, es kommt eine Überraschung!“, und dann kennt vielleicht niemand den Act. Aber wer weiß, das ist ja erst der richtige Start meiner Karriere und man kann nie wissen, was noch alles kommt. Eines Tages auf jeden Fall. Ich finde Überraschungen immer toll!

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