Konzert

Mine in Mannheim: „Ein bisschen wie nach Hause kommen“

Kunstsinn vereint mit popmusikalischer Anziehungskraft: Die Popakademie-Absolventin Mine hat mit ihrer Band einen großartigen Auftritt in der Alten Feuerwache hingelegt

Von 
Martin Vögele
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Kommt immer wieder gern nach Mannheim: Mine bei ihrem Auftritt in der Alten Feuerwache. © Thomas Troester

Mannheim. Pop ist nicht gleich Pop. Das ist zunächst einmal eine Binsenweisheit. Aber hinter diesen drei Genre-Buchstaben können sich völlig verschiedenartige Welten verbergen: manche klein, normiert und überschaubar, andere weit und voller wundersamer Entdeckungen.

Das sei vorangestellt, wenn wir uns im Folgenden auf Mine als Popmusikerin beziehen wollen – und damit eben nur einen Teilaspekt dessen abbilden können, was ihre Klang- und Textschöpfungen ausmacht.

Und „Pop“ bedeutet im Zusammenhang mit der Berliner Sängerin, Songschreiberin, Produzentin und Multiinstrumentalistin vielleicht zunächst am ehesten, dass es vergleichsweise doch eher leicht ist, einen Zugang zu ihrer komplexen Musikwelt zu finden. Aber wer sich einmal dort hinbegeben hat, verbleibt leicht länger, schaut und taucht tiefer, als es beabsichtigt gewesen sein mag.

Die erste Song-Kammertür, die sich an diesem Abend öffnet, enthüllt ein endzeitliches Flammenbild: „Die Welt brennt“, heißt es in „Unfall“, mit dem Mine, bürgerlich Jasmin Stocker, und ihre Band das Konzert in der Alten Feuerwache Mannheim beginnen. Mines Stimme bildet den lodernden Mittelpunkt des über den geisterhaften Sound einer Singenden Säge aufgefalteten Stücks.

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Es folgt die wie Senkblei an den Hoffnungssinn geknotete menschheitliche Positionsbestimmung „Hinüber“ („Das Meer ist aus Plastik / Der Hunger ist groß“), die in Stoß-Streicher-atmender Dramatik und vierfacher Schlagwerkwucht daherkommt. Dieses fabelhafte Songduo markiert – in umgekehrter Folge – auch Ende und Eröffnung von Mines aktuellem, gleichfalls „Hinüber“ benannten Album.

„Mannheim und wir, wir haben eine ganz besondere Beziehung“

Aber, um nicht den irreführenden Eindruck konzertanter Schwermut entstehen zu lassen: Die Stimmung ist vor wie auf der Bühne blendend. „Es ist so’n bisschen wie nach Hause kommen“, ruft Mine bald dem ausgelassenen Jubel entgegen. „Mannheim und wir, wir haben eine ganz besondere Beziehung“ – und die schließt dezidiert auch die (zum überwiegenden Teil gefüllte) Feuerwache ein: „Einer meiner absoluten Lieblingsclubs in ganz Deutschland“, wie die in Mainz studierte Jazzsängerin betont, die hiernach ihren Masterabschluss an der Mannheimer Popakademie absolvierte und eineinhalb Jahre in der Quadratestadt lebte.

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Dort hat sie auch allerlei beständige musikalische Bande geknüpft – etwa zu Co-Popakademiker Martin Haller, der nicht nur sein Gitarrenspiel, sondern auch seinen eigenen, Soul-Falsett-beflügelten Song „Bitter“ beisteuert. Kongenial komplettiert von Vroni Frisch (Bass und Gesang), Winfried Rimbach-Sator (Tasten) und Tilman Ruetz (Schlagzeug), liefen die Sängerin und ihre Band mit „S/W“ tollen Elektropop, der einen wie eine fein zerstäubte Funk-Groove-Wolke umfängt, ebenso wie die Parade-Pop-Nummer „Elefant“. Und das filigran gearbeitete Frühwerk „Hinterher“ (2012) darf jetzt bereits als kleiner Klassiker gelten.

Die Zugabe-Doppel bilden das geradezu unbekümmerte Stück „Eiscreme“ und „Spiegelbild“, zu dem Rapper Yrrre (der auch das Vorprogramm bestritten hat) einen geschmeidigen Vokalpart beisteuert. Was soll man sagen: Besser lassen sich Kunstsinn, popmusikalische Anziehungskraft und emotionale Intensität kaum zusammenfügen.

Freier Autor

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