Das Interview - Matthias Brandt erhält heute beim Festival des deutschen Films in Ludwigshafen den Preis für Schauspielkunst

"Ich brauche das nicht für mein Ego"

Von 
Hans-Günter Fischer
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Ist sich in seiner ruhigen Art vor allem selbst treu: Matthias Brandt mit Suzanne von Borsody in "Männertreu".

© HR/Müller/FDDF

Er beantwortet unsere Fragen telefonisch aus dem Auto. Er scheint ständig unterwegs zu sein, wie früher schon sein Vater: Willy Brandt. Der Sohn Matthias ist aber bekanntlich nicht als "Staatsschauspieler" unterwegs, sondern tritt auf Theaterbühnen und vor allem auch in großen Film- und Fernsehproduktionen auf. In Ludwigshafen wird er mit dem Preis für Schauspielkunst geehrt.

Herr Brandt, in der Programmzeitschrift zum diesjährigen Festival des deutschen Films erklärt man Sie in Ihrer Eigenschaft als Schauspieler zum "Mann für alle Fälle". Kommen Sie mit dieser Zuschreibung zurecht?

Matthias Brandt: Wenn ich das selber formulieren würde, wäre das seltsam, aber als Beschreibung von außen kann ich damit gut leben. Ist doch nicht das Schlechteste für einen Schauspieler, oder?

In Ludwigshafen, bei der Preisverleihungsgala, wird mit "Männertreu", wo es um einen Präsidentschaftskandidaten geht, ein Film gezeigt, der wieder in die Sphäre des Politischen hineinführt. Das Verhältnis von Privatleben und Politik: Ist es trotz allem in Europa noch entspannter als in Nordamerika?

Brandt: Ich kann das nicht wirklich beurteilen, wie es in Amerika ist, weil ich nicht dort lebe. Ich kenne auch nur die Berichte aus den Medien. Die lesen sich so, dass ein Politiker eher hier bei uns so etwas wie ein "normales" Leben führen kann. In Ansätzen zumindest.

Ein Bill Clinton wäre wegen seiner Praktikantin fast des Amts enthoben worden, ein George Bush wegen des fragwürdigen Angriffs gegen den Irak dagegen niemals. Stimmen da die Relationen?

Brandt: Na ja, das sollte man wohl besser nicht vergleichen. Die Sache ist auch ein bisschen komplizierter gewesen: Clinton sollte deswegen des Amtes enthoben werden, weil er in der Sache gelogen hatte - und nicht wegen der Affäre selbst. Aber Sie haben zweifellos auch recht: Da werden Dinge unterschiedlich stark gewichtet, oft auf eine Art und Weise, die man für befremdlich halten kann. Aber im Moment haben wir in dieser Richtung wirklich andere Probleme, oder?

Im letzten Jahr hat man Sie - auch beim Festival des deutschen Films - in "Vor der Morgenröte" sehen können. Da ging es um Stefan Zweigs Exil und Selbstmord in Brasilien, und der Film wirkte fast wie ein Kommentar zur Flüchtlingskrise. Was wohl gar nicht seine Intention war...

Brandt: Schon, weil ein Filmprojekt meist einen langen Vorlauf hat. Uns haben da die aktuellen Vorkommnisse einfach eingeholt. Aber ich halte grundsätzlich nicht so viel von derlei Eins-zu-eins-Filmkommentaren. Dass die Themen damals so zusammentrafen, hat den Blick auf "Vor der Morgenröte" trotzdem noch einmal erweitert, finde ich.

Sie spielen in dem Film Zweigs Freund Ernst Feder - eine "undankbare Rolle", konnte man bisweilen lesen. Fanden Sie das auch?

Brandt: Nee, sonst hätte ich sie ja nicht angenommen. Es ist ein Episodenfilm, in dem ich nur in der Brasilien-Folge mitwirke. Aber ich fand die Arbeit sehr reizvoll und erhellend - das genaue Gegenteil von "undankbar".

Ich fand bemerkenswert, dass sich der Schauspieler Matthias Brandt in dieser Rolle fast noch mehr zurückgenommen hat, als er es ohnehin meist tut.

Brandt: Da fehlt mir der Außenblick, das kann ich kaum beurteilen. Aber ich nehme das mal an und denke gern darüber nach (lacht).

Gibt es noch den alten Unterschied zwischen dem Spielen vor der Kamera und auf der Bühne? Denken Sie auch über solche Dinge nach?

Brandt: Weniger, hier geht es eher um erlerntes Handwerk. Dass die Kamera enorm empfindlich ist und schlichtweg alles registriert - sogar Gedanken -, muss man eben wissen. Während man einen Gedanken im Theater gestisch oder sonst wie übersetzen muss, damit er sich vermittelt.

In Ludwigshafen sieht man Sie in diesem Jahr auch in "Sanft schläft der Tod", in einer offenkundig nicht so großen Rolle.

Brandt: Das stimmt. Aber da ich so lange Zeit Theater- und Ensembleschauspieler gewesen bin, ist mir das auch vertraut und angenehm. Ich brauche das nicht für mein Ego, immer Protagonist zu sein.

In der hiesigen Region betrachtet man Matthias Brandt seit seiner Zeit am Nationaltheater fast als Ziehsohn Mannheims. Ist das anmaßend?

Brandt: An die Zeit am Nationaltheater, als ich hier zwei Jahre lang gearbeitet und gelebt habe, denke ich sehr gern zurück. Und die Verbindungen nach Mannheim sind wieder da. Ich bin im Kuratorium des Enjoy-Jazz-Festivals und mit Rainer Kern, dessen Leiter, gut befreundet.

Und in Ludwigshafen wird Ihnen ein Preis verliehen, der schon fast der Anerkennung eines ganzen Lebenswerks gewidmet ist. Das ging recht schnell...

Brandt: Das Lebenswerk ist mir da, ehrlich gesagt, nicht so wichtig. Ich finde es toll, dass hier ausdrücklich ein Preis für Schauspielkunst vergeben wird, das freut und ehrt mich wirklich sehr.

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Schauspieler

Theater: Matthias Brandt wurde im Jahr des Mauerbaus geboren (1961), als sein Vater Willy Brandt Regierender Berliner Bürgermeister war. Nach seinem Schauspielstudium in Hannover war er unter anderem in Wiesbaden und Zürich engagiert, von 1995-97 auch am Nationaltheater Mannheim.

Film: Dann kamen große Fernsehrollen. Mit am Anfang stand "Im Schatten der Macht" (2003): Hier spielte ausgerechnet er den Kanzleramtsspion Guillaume. Und im "Polizeiruf 110" verlieh er Ermittler Hanns von Meuffels unverwechselbare Züge - eine Rolle, die er nach zwei letzten Folgen nicht mehr spielen wird. Er wolle damit "nicht in Rente gehen", sagte er uns.

Brandt beim Filmfestival: Heute, 20 Uhr, Festivalkino 1.

Brandt bei Enjoy Jazz: 1. Oktober, 20 Uhr, Europäischer Hof, Heidelberg.

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