„Das Schwein und die Künstler haben das gemeinsam, dass man sie erst nach dem Tode schätzt.“ Man hört es seiner Musik zwar nicht immer an, doch Max Reger muss schon einen gewissen Humor (und Zynismus) gehabt haben, um solch einen (anti-)vegetarischen Satz zu äußern, der das Kalenderblatt der Deutschen Staatsphilharmonie vom 26. Oktober ziert. Das Blatt weist auf das Konzert am 28. Oktober hin. An diesem Tag nämlich wird Tristan Meister im Ludwigshafener Pfalzbau etwas Besonderes präsentieren: einen gigantischen Abend ausschließlich mit Musik von Max Reger.
Meister hat da etwas Großes angestoßen: „Wir planen gemeinsam mit der Deutschen Staatsphilharmonie ein großes Reger-Projekt, bei dem wir Regers große symphonische Männerchorwerke, teils nach über 100 Jahren, erstmals wieder aufführen und aufnehmen“, sagt der umtriebige Chor-Master. Und mit der Einspielung, so Meister, komplettierten seine Ensembles Vocapella Limburg und Vox Quadrata Mannheim „die weltweit erste Gesamteinspielung aller Männerchorwerke Max Regers“.
„Wunderbare Musik“
Auch Staatsphilharmonie-Intendant Beat Fehlmann steht voll hinter dem Projekt. Ziel sei es, „die wunderbare Musik von Reger besser zugänglich zu machen“, sagt er auf Anfrage. Auch wenn der Name Reger durchaus bekannt sei, so seien die ausgewählten Chorwerke doch „weder im Konzert noch als Aufnahme präsent“, meint er. Das passt zur Strategie in Ludwigshafen, „mit unseren Aufnahmen primär unbekannteres Repertoire zugänglich zu machen“. Aus praktischer Perspektive seien ordentliches Notenmaterial und eine gute Aufnahme wichtige Kriterien, „damit Unbekanntes die Chance hat, bekannter zu werden“. Fehlmann: „Als öffentlich gefördertes Orchester sehen wir uns in der Verantwortung, mit unserem Engagement den Kanon aktiv verbreitern zu können.“
Alles in allem ist das also ein sehr aufwendiges Projekt, das auch Wagemut erfordert. Auch finanziell. Meister verweist darauf, „dass bei einigen Nummern das komplette Notenmaterial selbst hergestellt werden musste, womit man in Vorleistung getreten sei. Fehlmann zufolge sind die Sängerinnen und Sänger der beiden Chöre hier sehr aktiv und haben sogar aktiv Fundraising betrieben. Auch eine Crowdfundingkampagne ist aufgesetzt worden.
Am Ende bleibt natürlich die generelle Frage, ob Regers Musik für Männerchor im Konzert und als Album denn überhaupt ihre Hörer und Hörerinnen findet, schließlich sind es vor allem die Orgel- und A-cappella-Werke, die regelmäßig gespielt werden. Doch da ist Fehlmann recht sicher und glaubt, dass sich neben Musikliebhabern vor allem auch aktive Chorsänger interessieren werden: „Der Markt für Aufnahmen ist generell schwierig“, sagt er, „für Reger gibt es aber einen sehr aktiven Nischenmarkt, der vor allem auch in Japan stark ausgebildet ist.“
Von Reger stammt übrigens ein in Musikkritikerkreisen berühmtes Zitat, nachdem einer aus der Zunft ein Werk Regers ziemlich verrissen hatte. Reger soll einen Brief geschrieben haben mit dem Wortlaut: „Ich sitze im kleinsten Raum meines Hauses und lese Ihre Kritik. Noch habe ich sie vor mir. Bald werde ich sie hinter mir haben.“ Ja, der Mann muss definitiv Humor gehabt haben.
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