Pop - Beim Abschlusskonzert des Zeltfestivals Rhein-Neckar nimmt Johannes Oerding seine Zuhörer mit auf eine Reise in die Jugend

Die Liebe zu Whitney Houston blieb unerfüllt

Von 
Leon Igel
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Der 36-jährige Sänger Johannes Oerding im Palastzelt. © Rinderspacher

Johannes Oerding ist nicht Peter Pan – das Kind, das nie erwachsen wird. Der 1981 geborene deutsche Popsänger trägt einen schwarzen Hut zum Dreitagebart, sieht gänzlich erwachsen aus, und auch seine Stimme ist klangvoll tief. Doch er träumt von der vergangenen Jugend, das zeigte er mit pennälerhaftem Humor und jugendtrunkenen Texten bei seinem Konzert auf dem Zeltfestival Rhein-Neckar.

Der Alkohol ist böse und doch sein Freund, das erzählt er seinen Fans im halb vollen Palastzelt nicht nur mit Stimmenverzerrer und unter Bach’schen Orgelklängen, sondern auch musicalesk in seinem Song „Nie wieder Alkohol“, in dem der Kater spricht und dem Alkohol abschwört. Damit das aber niemand für bare Münze nimmt, trinkt seine Band währenddessen fleißig Bier, und Oerding macht reichlich Witze.

Der erste Alkoholrausch

Das gefällt, das Publikum jauchzt in Erinnerung des ersten Alkohols und das ist passend für diesen Abend. Denn Oerding spielt sich in einem Querschnitt aus seinen fünf Alben durch sein bisheriges Leben und greift dafür immer auch die Zeit prägende Lieder auf. Da geht es also um die ersten Alkoholerfahrungen, um Erinnerungen an die Kindheit mit König Louies Affenmarsch aus dem Dschungelbuch, marschierend in der Publikumsmenge interpretiert, oder um die unerfüllte Liebe – zu Whitney Houston. Er träumt von einer Welt ohne Krieg, ermutigt seine Zuhörer im Palastzelt zu einem selbstbestimmten Leben und richtet dabei immer den Blick auf die eigene Geschichte.

Tom Gregory vielversprechend

Auch musikalisch wird diese Lebensreise deutlich. Startet Oerding mit seinen Klassikern im zarten Singer-Songwriter-Sound, wird es dann bisweilen klamaukhaft-schlagerlastig, später rockig und am Ende ist er wieder am Anfang. Denn der Mensch ist ja, wie er geworden. Stimmlich ist das alles routiniert, mit genügend Volumen, bravem Timbre und viel Variationsfähigkeit.

Zum Abschluss singt Oerding in „Hundert Leben“ über die Erfahrungen der Adoleszenz, die so vielfältig sind, dass es eigentlich hundert Leben dafür bräuchte. Das ist Pop auf gutem Niveau, für den sich das Publikum neben den kurzweiligen Showeinlagen unter tosendem Applaus bedankt.

Und das Oerding Sinn für Musik hat, zeigte bereits die Auswahl seiner zwei Vorgruppen. Neben dem Tonbandgerät muss hier vor allem der Songwriter und vielversprechender britischer Neueinsteiger Tom Gregory erwähnt werden, der mit feinsinnigen Texten und grandiosem Stimmvolumen bis in die höchsten Töne hinein vor einer sicherlich erfolgreichen Karriere steht. Die Jugend lernt also vom Alter aber auch das Alter von der Jugend. Das zeigt Gregory. Das zeigt Oerding.

Info: Fotostrecke unter morgenweb.de/kultur

Zeltfestival Rhein-Neckar

Johannes Oerding bestreitet letztes Zeltfestival-Konzert

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