Die Rechnung, „Barbie“-Star Margot Robbie und Hollywoods ehemaligen bösen Buben Colin Farrell („The Banshees of Inisherin“) als Traumpaar zusammenzuspannen, scheint (zunächst) nicht aufgegangen zu sein. „A Big Bold Beautiful Journey“ – warum ausgerechnet dieser sperrige Titel hierzulande beibehalten wurde, wird wohl ein Geheimnis des Verleihs Sony bleiben –, übersetzt etwa „Eine große, wagemutige Reise“, floppte zum US-Start am 19. September gewaltig. Gerade einmal magere 3,5 Millionen Dollar Umsatz schlugen in den Vereinigten Staaten zu Buche, weltweit waren es acht Millionen – bei einem kolportierten Budget von rund 50 Millionen. Was erneut beweist, wie unberechenbar der Kinomarkt ist.
Aber möglicherweise haben die Kritiken dazu beigetragen, dass die Fantasy-Romanze nicht die erwarteten Zuschauerzahlen generierte. Laut „Rotten Tomatoes“, der populären Website, die als Online-Dienst Film- und TV-Rezensionen sammelt, waren nur 38 Prozent der Besprechungen positiv. Der wahre Grund für den Fehlstart dürfte jedoch das unausgegorene, mäandernde Drehbuch von Seth Reiss sein, der bislang vornehmlich Skripts für Fernsehserien wie „Late Night with Seth Meyers“ verfasst hat.
Margot Robbie und Colin Farrell als wunderbar harmonierendes Paar
Auf einer Hochzeit treffen David (Farrell) und Sarah (Robbie) aufeinander, entdecken sich als Seelenverwandte. Einsame Singles sind beide, unglücklich mit ihrem jeweiligen Dasein und über falsche Entschlüsse, die sie gefasst haben. Da bietet sich ihnen unerwartet die Möglichkeit, in die Schlüsselmomente ihrer Vergangenheit zurückzukehren und diese noch einmal zu durchleben. Möglich gemacht durch das Navigationssystem von Davids Leihwagen, das plötzlich verrückt spielt, und in der Landschaft stehende Portale – „Outlander“ lässt grüßen –, die sie durch Zeit und Raum führen. Unter anderem mit Stopps in Davids Highschool oder Sarahs Lieblingsmuseum. Sie kommen durch Orte, die sie bereits einmal besucht haben. Merken, dass diese ihnen nicht zufällig in Erinnerung geblieben, sondern aus bestimmten Gründen nicht entfallen sind.
Der in Südkorea geborene US-Filmkritiker und Regisseur Kogonada, der bereits bei „After Yang“ mit Farrell kollaboriert hat, reflektiert das Einst seiner Protagonisten, bewertet ihr Hier und Heute, bietet ihnen die Möglichkeit, einen Blick in ihre Zukunft zu werfen. In Form einer wüsten, stellenweise (ver)wirren(den) Genremischung aus Science-Fiction, Zeitreise und (angehender) Liebesgeschichte – mit Robbie und Farrell als wunderbar harmonierendem Paar.
Schön anzusehen – wie die beiden (Anti-)Helden – ist das Werk, vor allem dank des lebendigen Produktionsdesigns von Katie Byron und des farbkräftigen Kostümbilds von Arjun Bhasin. Luftig, schwebend ist der Plot, irreal und doch real, manchmal wähnt man sich in einem Musical ohne Tanz- und Gesangseinlagen. Dafür trifft Joe Hisaishis Score – mal traurig, mal optimistisch – stets den korrekten Ton, ebenso wie die Songs, etwa Pete Townshends „Let My Love Open the Door“. Bleibt als Highlight der Auftritt der süperben Phoebe Waller-Bridge („Fleabag“), die einer Wes-Anderson-Arbeit entsprungen scheint und im Duo mit Mechaniker Kevin Kline („Dave“) als Kassiererin einer Autovermietung im Original einen deutschen Akzent pflegt.
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