MM. Fast fühlt man sich wie in ein Treffen der anonymen Generationalisten versetzt: „Guten Abend. Mein Name ist Dr. Christian ‚Chako‘ Habekost und ich bin ein alter weißer Mann“, eröffnet der 1962 geborene Kabarettist und passionierte Kurpfälzer dieses Namens den Anwesenden im Ludwigshafener BASF-Feierabendhaus. Womit er – ins Pfälzische übersetzt, in jene schöne Sprache also, die so vieles in ausdrucksstarker Kürze zusammenzufassen vermag – „en alde Sack“ sei.
Als solcher trägt er eine schwere Bürde, denn: „Alte weiße Männer sind an allem schuld.“ Ob „Sklaverei, Kolonialismus, Rassismus, Abbelmus – ich bin schuld.“ In dieser klagenden, gedrückten, politisch aufgeladenen Stimmung soll sie starten, die Premiere von Chakos neuer Show „Es kummt wie's kummt“?
„Chako“ Habekost und das neue Programm
Der Kurpfälzer Kabarettist, Sprachkünstler, Musiker und Autor Christian „Chako“ Habekost wurde 1962 in Mannheim geboren .
Die nächsten Shows seines neuen Soloprogramms „Es kummt, wie‘s kummt“ spielt Habekost in Brühl am 6. November (ausverkauft) und am 12. November in der Festhalle, am 28. November in Frankenthal im Congressforum, am 29. November in Eppelheim in der Rudolf-Wild-Halle, am 6. Dezember in Karlsruhe im Tollhaus, am 18. Dezember in Weinheim in der Stadthalle, am 19. Dezember in Zweibrücken in der Festhalle, am 26. und 27. Dezember in im Capitol und am 28. Dezember in Speyer in der Stadthalle.
Weitere Termine folgen ab Januar.
Komplette Übersicht: www.chako.de.
Mitnichten, also spult der Humorist alles noch einmal auf Anfang zurück. „Weesch wie’sch män?“, ruft er, und das Publikum kontert mit verständiger Zustimmung: „Ajo“. Der 63-Jährige verschwindet hinter dem Vorhang und tänzelt, von groovigen Rhythm-‘n‘-Blues-Klängen begleitet, ins Scheinwerferlicht zurück. Zum „Alde Sack“-Sein bekennt er sich weiterhin, allerdings fügt er die launige Schlussfolgerung hinzu: „Und isch lieb’s!“
Sein folgendes funky Mea Culpa umfasst das Bekenntnis zu handgemachter, Melodie-getragener Musik, zu Led Zeppelin, Udo Lindenberg oder James Brown. Chako entsinnt sich einer Zeit, in der man Musik gesammelt, in der man „fremde Kulturen, Schwarze Musik, Black Music“ aufgesogen, herumgewirbelt und daraus Neues habe entstehen lassen.
Und heute? „Die kriegen schon einen Schwächeanfall, wenn eine deutsche Hausfrau sich n Sombrero uffhockt und Flamingo danzt“, stichelt er in Mannheimer Buga-23-Richtung.
„Generation Rotzlöffel“ bekommt bei Chako Habekost ihr Fett weg
Mit hohem Tempo rauscht der Comedian gleichsam auf dem Bonanzarad kollektiver Erinnerungen durch die Gegenwart der „Generation R“ („Generation Rotzlöffel“) und lässt darüber die Erkenntnis reifen: Wenn man sich einmal schuldig bekannt habe, „dann ist das Leben leichter.“
Dies verinnerlicht, wachse die Entspanntheit und man werde allmählich „von einem alten weißen Mann zu einem alten weisen Mann“, welcher zu einer fundamentalen Einsicht findet, in der wir das philosophische Ideal der sogenannten Ataraxia verwirklich sehen dürfen: „Es kummt wie‘s kummt – un wann‘s net kummt, kummt‘s halt annerschder“, lässt Mundart-Sprachkünstler Chako - der einst über karibische Performance- und Musikdichtung promovierte - seine Worte rhythmisch tanzen.
Chako Habekost hat gleich zwei Auftritte im BASF-Feierabendhaus
Mehrere Vorpremieren hat Habekost schon gespielt. Der Auftritt im fast ausverkauften BASF-Feierabendhaus – wo der Kabarettist am Folgeabend gleich noch einmal auftritt– markiert die offizielle Premiere. Und diese kommt beim Publikum ganz offenkundig blendend an. Hier spricht er sich zudem gegen humoristische Einschränkungen und Lachgegenstandskontrollen durch „Zwerchfellrassisten (lateinisch: „Rideristen“) aus und will seinem Publikum „die Lizenz erteilen“, so laut zu lachen, „dass de Bodde vibriert und des Dach fortfliegt“. Viel fehlt dazu nicht.
Und wie immer verlässt man eine Chako-Show kultur- und sprachkundiger als man sie betreten hat. Wobei der studierte Germanist auch auf die Wechselwirkung von Mimik und Sprache eingeht. Das Bairische sei mithin „eine Art Doppelkinnsprache“, das pharyngal artikulierte Schwäbische „praktisch eine Halswehsprache“ und das Sächsische infolge seiner „Ümlaute“ mit dem Türkischen verwandt.
Aber „was ist Pälzisch?“ Zwar sei das Hauptorgan der Pfälzer „die Gosch“, aber „während die babbeln, babbeln die mit allem, was die hawwe“ - mit allen Extremitäten. Dagegen sei ein Italiener „ein Steifftier im Zeitlupenmodus“, befindet der Humorist. Zur Pfalzkunde gehört freilich auch, dass dem Wein und seiner Geschichte ein eigenes Kapitel samt gemeinsam gesungenem Lied „Ja so en gude Palzwoi“ gewidmet wird.
Spätestens zur zweiten Show-Hälfte ist das Publikum Chako so sehr „ans Herz gewachsen“ (was dem Applaus nach auf Gegenseitigkeit beruht), dass der Comedian auch Privates erzählen mag. „Ich bin Mischling“, enthüllt er, sprich: Ein gebürtiger Mannheimer, der aber mehr als die Hälfte seiner Lebensjahre linksrheinisch verbracht hat.
Kein Wunder, dass eine - vermeintlich - derart zerrissene Seele die vereinende Kraft des Dialekts beschwört: Pälzisch, Kurpälzisch, wie man es auch nennen wolle, gehöre zur Rheinfränkischen Dialektfamilie. Politische Karten spielen da keine Rolle. „Vunn do“ zu sein, habe zwar auch etwas mit Geografie zu tun. „Aber in erster Linie ist es ein Lebensgefühl.“ Und dieses vermittelt wohl niemand sonst auf so humor- und (wort)kunstvolle Weise wie „Chako“ Habekost.
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