Mannheim. Ihr Kopf, ein Betonkunstwerk von Gabriele Köbler, steht nun dauerhaft im Foyer. Aber für diesen einen Tag hat künstliche Intelligenz sie wieder zum Leben erweckt: Alice Bensheimer. Die von 1864 bis 1935 lebende Frauenrechtlerin begrüßt selbst zur Einweihung des nach ihr benannten neuen Saals im Rosengarten. Er solle für „Bildung, Gleichberechtigung, Mut, Kreativität und Austausch“ stehen, sagt sie mit auf dem historischen Foto täuschend echt nachgemachten Mundbewegungen.
Aber kann man überhaupt feiern, wenige Tage nach der Amokfahrt in den Planken? „Wir sind auch alle zutiefst erschüttert“, gesteht Bastian Fiedler, Geschäftsführer der m:con - mannheim congress gmbh, dass es daran Zweifel gab. Schließlich sei der Rosengarten betroffen gewesen, habe den Feuerio-Kindermaskenball abgesagt, aber den Kindern und ihren Eltern Schutz geboten, bis die Situation geklärt war.
Neubau auf dem Dach war nicht ganz einfach
Aber dann habe er mit der Politik entschieden, „doch zusammenzukommen“, so Fiedler. Schließlich stehe der neue Saal „auch für unsere Werte, für friedliches, offenes Miteinander unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung“, so Bastian Fiedler. Und der Saal stehe für Bildung - ganz im Geiste von Alice Bensheimer. Die sei damals ihrer Zeit voraus gewesen. „Wir wollen heute ihre Vision von Bildung, Gleichberechtigung und Fortschritt mit Leben füllen“, so der Geschäftsführer. Über den Namen hatten die Mannheimer Bürger bei einer Internetabstimmung selbst entschieden. In einem Kopf-an-Kopf-Rennen setzte sie sich gegen andere bedeutende Mannheimer Frauen wie Bertha Benz und Julia Lanz durch.
Der Neubau ist nach den Plänen vom Architekteurbüro Andreas Schmucker im Luftraum zwischen Altbau und Neubau über dem Mittelfoyer auf Höhe des zweiten Stockwerks entstanden. Der Saal mit 600 Quadratmetern Grundfläche, der sich in bis zu sechs kleinere Workshop- und Tagungseinheiten unterteilen lässt, bietet bei voller Nutzung bis zu 510 Personen Platz.
„Ein Saal auf dem Dach - das war nicht ganz einfach“, sagt Oberbürgermeister Christian Specht und erinnert daran, wie der 20 Tonnen schwere stählerne Fachwerkträger, der den neuen Saal trägt, von zwei Autokränen über den Altbau an seinen zukünftigen Bestimmungsort gehoben worden war. „Aber es hat alles wunderbar geklappt“, so der Oberbürgermeister. Er bescheinigt dem Architekturbüro wie auch der Baufirma Diringer & Scheidel „eine hervorragende Leistung“. Schließlich haben sie nicht nur das Budget von knapp 20 Millionen Euro eingehalten, sondern sie sind sogar sechs Monate schneller fertig geworden.
Mit dem Neubau sei „die Wettbewerbsfähigkeit des Rosengartens gesichert“, so Specht. Das Kongresszentrum stelle einen wichtigen Bestandteil der Wirtschaftsförderung und des Standortmarketing dar „und es stärkt den Forschungsstandort Mannheim“ durch die wissenschaftlichen Kongresse, unterstreicht er. „Wir wissen, dass jeder Kongressbesucher viel Geld in der Stadt lässt, dass Gastronomie und Handel profitieren“, so das Stadtoberhaupt.
„Frauen mehr Raum in der Gesellschaft geben“
Specht erinnert daran, dass die Idee zu dem neuen Saal auf den früheren, Ende 2012 nach 23 Jahren an der Spitze des Rosengartens in Ruhestand verabschiedeten Michel Mauge zurückgeht. Er hatte das schon vorgeschlagen, als die dann 2007 realisierte große Erweiterung diskutiert worden war. „Aber wir waren damals in einer schwierigen finanziellen Situation, es sprengte den Rahmen“, so Specht, der 2005 gerade Finanzbürgermeister geworden war. „Aber wenn wir heute sehen, welche Entwicklung der Rosengarten genommen hat, dann war es die richtige Entscheidung“, so der Oberbürgermeister zu der damaligen Erweiterung. Nachdem sich der Rosengarten weiter als „Magnet für Mannheim, der Menschen anzieht“ erwiesen habe, sei die jetzige Erweiterung der richtige Schritt. Schließlich könne man in Mannheim nicht nur „mit großer Qualität tagen“, sondern auch nachhaltig durch die Lage des Kongresszentrums direkt in der Innenstadt und nah am Hauptbahnhof.
Durch die Benennung nach Alice Bensheimer sei Saal „ein Symbol dafür, dass wir Frauen mehr Raum in der Gesellschaft geben“, so Specht. Der neue Saal und sein Name stünden gleichzeitig „für Tradition und Fortschritt, für Offenheit und Toleranz - wie die m:con“, so Specht. Und daher ist die Einweihung auch bewusst auf den Internationalen Frauentag terminiert. Specht nutzt das zu einem Bekenntnis zur Gleichberechtigung und zu mehr Frauen in Führungspositionen, wobei die Mehrzahl (5000) der 8800 städtischen Beschäftigten bereits weiblich sei. Livia Cotta, Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie, macht dagegen deutlich, dass es in der Medizin zwar 60 Prozent Studienanfängerinnen gibt, „aber auf dem Weg gehen viele verloren“, bedauert sie einen großen Mangel an Chefärztinnen. Das „komplette Gegenteil“ sei die weiblich dominierte Verlagsbranche, so Krimiautorin Britta Habekost, allerdings gebe es da auch viele junge Frauen, die „hochmotiviert lange zum Nulltarif arbeiten“.
Sie hat zur Einweihung mit der m:con einen Krimi „Alte Schatten“ herausgebracht, Stadträtin Heidrun Kämper hat das Leben der engagierten Frauenrechtlerin Alice Bensheimer nachgezeichnet, die sie wegen ihres Kampfes gegen die Armut als „Mutter der Stadt“ charakterisiert. Musikalisch darf die Einweihung neben dem Trio „Hello Miss“ und Kontrabassistin Shana Moehrke aber doch auch ein Mann mitgestalten: Jazztrompeter Thomas Siffling.
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