Mannheim. Herr Ceylan, am Freitag erscheint „Ich liebe Menschen“, der Titelsong Ihres ersten kompletten Rockalbums. Sie finden im Text viele Gründe, warum wir Menschen alles andere als liebenswert sind. Warum lieben Sie uns trotzdem?
Bülent Ceylan: Ich freue mich riesig, dass es endlich so weit ist und meine erste Single „Ich liebe Menschen“ am Freitag veröffentlicht wird. Das ist für mich etwas ganz Besonderes. Wie bei allen Songs, die auf meinem Album zu finden sein werden, hat auch „Ich liebe Menschen“ eine Botschaft. In dem Lied singe ich davon, was falsch läuft, und mir ist einfach wichtig, dass man sich gegenseitig wieder mehr beachtet und respektiert. Egal wie jemand aussieht, welche Hautfarbe oder Herkunft jemand hat. Rassismus und Fremdenhass haben in unserem Land einfach keinen Platz. Und es ist wichtig, dass man sich verzeihen kann.
Die Strophen sind hart, Sie singen fast wie ein Death-Metal-Growler – und nur über die negativen Seiten der Menschheit. Der Refrain ist dagegen fast lieblich – ist das ein stilistischer Fingerzeig, wie das komplette Album klingt?
Ceylan: Das liegt wohl daran, dass ich in meinem Blut Metal fließt. Die Songs sind eine Mischung aus Metal, Hardrock und Pop. Auf dem Album werden aber auch Balladen zu hören sein, die wirklich ans Herz gehen. Darüber möchte ich jetzt aber noch nicht zu viel verraten. Ich hoffe natürlich, dass den Leuten meine Musik gefällt. Einige Titel sind natürlich auch mit Augenzwinkern zu verstehen, aber enthalten trotzdem klare Botschaften.
Wir haben uns bei der Produktion zufällig in Mannheim im Studio getroffen, als Sie mit Unheilig-Produzent Henning Verlage gearbeitet haben. Welche Rolle spielt er bei Ihrem Debütalbum?
Ceylan: Henning Verlage spielt hier eine sehr große Rolle. Aber den Anstoß für mein erstes Album hat eigentlich Michael Herberger gegeben. Ich habe ihm erzählt, dass es ein Traum von mir wäre, ein Album zu machen. Er fand die Idee gut und hat direkt mit Universal Music Kontakt aufgenommen, die gleich mit im Boot waren. Dann haben Michael Herberger und ich das Team aufgestellt. Das waren dann Henning Verlage, der für die Musik zuständig ist, Martin Fliegenschmidt, der das Textliche beisteuert, und Selig-Gitarrist Christian Neander, der ebenfalls musikalischen Input gibt – sowie Max Ackermann, der als Produkt- und A&R Manager mit an der Umsetzung arbeitet. Das ist ein mega Team für das erste Album. Ich bin total happy.
Es ist einfach Bülent. Ich singe nichts, bei dem ich nicht das Gefühl habe, dass ich nicht dahinterstehen kann
Wie war die Arbeitsteilung beim Komponieren und beim Texten?
Ceylan: Beim Texten habe ich bei jedem Song mitgewirkt, und Martin Fliegenschmidt hat dann alles in eine gut singbare Form gebracht. Ich habe meinem Team komplett mein Herz ausgeschüttet, und erzählt, was mich berührt, belastet oder was mir wichtig ist. Wie zum Beispiel das Thema Mobbing, meine Familie, die Liebe. Aus dem Erzählten sind dann durch gute Teamarbeit die Texte entstanden. Und es ist wirklich ein geiles Album dabei rausgekommen. Es ist einfach Bülent. Ich singe nichts, bei dem ich das Gefühl hätte, dass ich nicht dahinterstehen kann, oder: Das bin ich nicht.
Sie singen schon lange auf der Bühne, waren mehrfach in Wacken. Im Studio abzuliefern, ist etwas ganz Anderes. Fällt Ihnen das leicht? Sind Sie ein One-Take-Man, der am Mikro schnell auf den Punkt kommt? Oder wird perfektionistisch an jeder Phrasierung gefeilt?
Ceylan: Ich mache ja schon seit vielen Jahren Musik, auch in meinem Comedy-Programm. Aber jetzt ein komplettes Album zu machen, war schon eine kleine Herausforderung. Es hat schon ein paar Anläufe gebraucht, weil ich nicht auf Anhieb alle Wörter verständlich gesungen habe. Das war schon Arbeit. Aber es hat unheimlich viel Spaß gemacht.
Seit 25 Jahren auf der Comedy-Bühne, 2024 kommt die erste Metal-Platte
- Bülent Ceylan wurde am 4. Januar 1976 in Mannheim geboren. Nach dem Abitur 1995 absolvierte er Praktika beim Musiksender Viva und beim Privatradiosender RPR. Dort lernte er Comedy-Autor Roland Junghans kennen, der seine Karriere lange begleitet hat.
- In diesem Jahr feiert Ceylan 25. Bühnenjubiläum: Der erste Auftritt war Ende 1998 in der „Spaghetti-Oper“ in der Neckarstadt. Seit dem Debüt mit dem Programm „Produzier’ mich net!“ parodiert der Sohn einer deutschen Mutter und eines türkischen Vaters das Verhältnis beider Nationalitäten in verschiedenen Rollen.
- Unter anderem erhielt Bülent Ceylan 2011 und 2012 den Deutschen Comedypreis und 2016 den Bambi. Ihm wurden 2012 die Mannheimer Bloomaul-Würde und der Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg verliehen.
- Mit seiner „Bülent Ceylan für Kinder Stiftung“ unterstützt der Familienvater Institutionen, die sich für die Förderung und Bildung von Kindern stark machen. Seit 2013 ist er Botschafter der Stiftung Lesen.
- Live und als Star mehrerer Fernsehshows hat er ein Millionenpublikum erreicht. Sein nächstes Programm „Yallah hopp!“ hat am 19. und 20. Februar 2024 Vorpremiere im Mannheimer Capitol. In der SAP Arena ist es am 9. März zu sehen.
- Am 6. Oktober erscheint Bülent Ceylans Single „Ich liebe Menschen“. Es ist ein Vorgeschmack auf das gleichnamige Debütalbum des Comedy-Stars, das am 1. März 2024 erscheinen soll. Die Metal-Platte wird auf Michael Herbergers Mannheimer Label OneFourAll Music in Kooperation mit Universal veröffentlicht. Mehr unter https://umg.lnk.to
Nehmen Größen wie Verlage und Neander einen singenden Comedy-Star eigentlich auf Anhieb ernst oder mussten Sie „vorsingen“?
Ceylan: Nein, vorsingen musste ich nicht. Sie haben mich schon das eine oder andere Mal singen hören. Und sie fanden das, was sie gehört haben, gut. Und es hat ihnen gefallen, dass ich das auch wirklich ernst meine und keinen Klamauk mit der Musik mache. Deshalb haben sie mich von Anfang an ernst genommen.
Ihre Musik erscheint auf dem Label OneFourAll Music. Viele werden es nicht kennen …
Ceylan: Das Label OneFourAll Music ist ein Joint Venture Label von Michael Herberger und Electrola/Universal Music, welches noch relativ jung ist. Genauso wie ich in der Musikbranche. Von daher passt das ja. Aber sozusagen die große „Mama“ ist Universal Music. Aber ich glaube, dem Fan, dem die Musik gefällt, ist völlig egal, bei welchem Label er das Album kaufen kann.
Ist es heutzutage mit einem großen Namen wie Bülent Ceylan immer noch leicht, mit einem Major-Label wie Universal Music ins Geschäft zu kommen? Gab es womöglich ein Wettbieten von anderen Plattenfirmen oder Vertrieben?
Ceylan: Ich würde eher sagen, dass ich – was meine Karriere als Sänger angeht – ja irgendwie ein Newcomer bin. Aber die Gespräche mit Universal Music waren sofort so kreativ, und die hatten auch richtig Lust auf das Projekt, dass ich ehrlich gesagt gar nicht weiter nach Alternativen gesucht habe. Es hat einfach gepasst, und darüber freue ich mich sehr.
Sie haben ja schon einige Songs veröffentlicht. Da haben Metal-Cracks von der Popakademie wie The Intersphere oder UMC beziehungsweise Beyond The Black die Musik eingespielt. Gibt es jetzt auch eine Art Band? Wer hat im Studio gespielt?
Ceylan: Jetzt hat alles eine Struktur und ja, es gibt eine Band mit ganz tollen Musikern. Der Schlagzeuger zum Beispiel war schon als Kind Fan von mir und ist jetzt total happy und stolz, dass er in meiner Band dabei ist. Dann habe ich noch einen megaguten Bassisten und zwei krasse Gitarristinnen. Die machen das nicht nur nach dem Motto: „Komm, wir machen das jetzt halt mal.“ Ne, die haben richtig Bock auf das Thema. Alle haben was mit Rockmusik zu tun, ein super Gefühl für meine Musik und spielen das mit großer Leidenschaft. Das ist das A und O.
Bereits im Sommer ist der sehr eingängige Song „Lieder gegen Nazis“ erschienen. Was sind Ihre Lieblingslieder gegen Rechts?
Ceylan: „Schrei nach Liebe“ von den Ärzten hat mich sehr inspiriert.
Sie positionieren sich ja inzwischen noch klarer und häufiger gegen den Rechtsruck. Steigt die Zahl der Drohungen damit auch? Wie massiv ist es im Vergleich zu vor zehn Jahren?
Ceylan: Ich hatte schon vor zehn Jahren Ali als meine Security, und er ist es noch heute. An Ali kommt keiner vorbei.
Wir können ja nicht immer nur mit Hass leben, sondern sollten vor allem unseren Kindern die Zukunft so positiv wie möglich gestalten.
Soll „Ich liebe Menschen“ generell der Versuch eines Brückenschlags sein über die verhärteten Grenzen zwischen den Filterblasen in unserer Gesellschaft?
Ceylan: „Ich liebe Menschen“ soll Menschen überhaupt wieder zusammenführen. Ich hoffe einfach ganz allgemein, dass viele mal wieder Gedanken darüber machen, was Nächstenliebe überhaupt ist und das dann auch leben. Wir können ja nicht immer nur mit Hass leben, sondern sollten vor allem unseren Kindern die Zukunft so positiv wie möglich gestalten. Und wenn man nur negativ ist, dann wird das nix. Die Liebe sollte wieder mehr im Vordergrund stehen.
Die Texte der beiden Songs sind in perfektem Hochdeutsch. Gibt es auch Lieder auf Kurpfälzisch? Oder ist das musikalische Feld von Gringo Mayer zu gut besetzt?
Ceylan: Noch nicht (lacht), aber man soll ja niemals nie sagen. Wer weiß, vielleicht mache ich mal was auf „Monnemerisch“. Bei meinem Album war mir von Anfang an klar, dass ich die Titel auf Hochdeutsch singen möchte. Das ist meine Muttersprache und wie kann man Botschaften besser transportieren, als über dieses Medium?
Ist eine Kollaboration denkbar mit dem „neuen Joy Fleming“. Oder fragen alle nur nach einem Duett mit Apache 207?
Ceylan: Bisher kam er noch nicht auf mich zu. Aber ich bin sehr, sehr stolz darauf, dass ich gemeinsam mit Peter Maffay ein Duett gegen Rassismus singen darf.
Haben Sie Angst, dass Ihnen der Rapper aus Ludwigshafen den Rekord für die meisten Auftritte in der SAP Arena abnimmt?
Ceylan: Nein, überhaupt nicht. Das ist eine ganz andere Generation und auch die Musikrichtung ist eine komplett andere. Aber ich finde es gut, wie er das alles als Künstler angeht. So wahnsinnig professionell. Und ich gönne generell jedem seinen Erfolg, weil ich weiß, wie hart es ist, als Künstler den Durchbruch zu schaffen. Das ist ein harter und sehr steiniger Weg.
Ist Wacken 2024 schon gebucht – und der Hubschrauber, um dem Schlamm auszuweichen?
Ceylan: Das möchte ich noch nicht verraten, aber ich werde im nächsten Sommer auf einigen Festivals auftreten. Gemeinsam mit meiner Band. Wir freuen uns schon richtig drauf. Und ein bisschen Schlamm kann uns ja nichts anhaben.
Gibt es generell Tourpläne?
Ceylan: Ja, die gibt es. Im April wird es die ersten Konzerte mit meiner Band geben. Der Ticketverkauf startet ebenfalls am Freitag. Und dann mal schauen. Vielleicht gehe ich ja dann 2025 auf Tournee.
Ihr 25. Bühnenjubiläum steht an – was ist geplant?
Ceylan: Mein 25. Bühnenjubiläum läuft ja schon das ganze Jahr. Und ich feiere das jeden Tag, in jeder Show. Ich feiere also fast in jeder Stadt mein Jubiläum. Ich genieße das nicht nur an einem bestimmten Tag, sondern einfach das ganze Jahr und bin dankbar dafür, dass ich auftreten darf. Die guten Momente muss man genießen. Die schlechten kommen nämlich sowieso von ganz allein.
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